UEFA Europa League Performance Insights: Wie Ajax mit 10 Mann dicht machte
Dienstag, 25. Februar 2025
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Rui Faria, Technischer Beobachter der UEFA, analysiert die Abwehrleistung von Ajax, als man mit nur 10 Mann gegen Union SG mit dem Rücken zur Wand stand.
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Union SG hatte in Amsterdam die 0:2-Heimniederlage aus dem Hinspiel schon nach 28 Minuten ausgeglichen und gute Chancen, nach einem Platzverweis für Ajax das Achtelfinale der UEFA Europa League zu erreichen, doch dann kam alles ganz anders...
Wir analysieren, wie die Niederländer mit nur 10 Mann äußerst effektiv verteidigten und am Ende jubeln durften.
Im ersten Video sehen wir Ajax in einer 5-3-1-Formation verteidigen. Die Niederländer versuchen, organisiert zu bleiben und die Räume im Mittelfeld zu schützen, wobei die beiden zentralen Mittelfeldspieler in der Nähe der drei Innenverteidiger stehen. Ajax bewegt sich als Einheit und wenn der Ball auf der linken Seite ist, schließt das zentrale Mittelfeld die Lücken, nachdem die Außenspieler ins Pressing gegangen sind.
Wenn man die Außenbahnen gut verteidigt, gibt es nur wenig Möglichkeiten für präzise Flanken. Immer wieder wurde Union gezwungen, die Angriffsrichtung zu ändern, doch Ajax verschob seine Defensive schnell, um rechtzeitig mit Überzahl zur Stelle zu sein. Die Niederländer hatten eine hervorragende kollektive Organisation, in der man sich gegenseitig unterstützte, Läufe antizipierte und Halbräume abdeckte; individuelle Qualitäten waren natürlich ebenfalls von größter Bedeutung.
"Die individuellen Qualitäten, die man braucht, um in der Defensive erfolgreich zu sein, beginnen mit Konzentration und Engagement", betont Faria. "Es sollte das taktische Bewusstsein vorhanden sein, die strategischen Ziele der Mannschaft zu erkennen und auch die Fähigkeit, sich der Unberechenbarkeit des Spiels anzupassen. Außerdem sollte man verstärkte Kommunikation und vorhandene Führungsqualitäten einsetzen. Für den Einzelnen ist es von Vorteil, wenn er schnell denken und agil entscheiden kann, um gegnerische Bewegungen zu antizipieren. Und bei der Rückeroberung des Balls braucht ein Spieler schnelle und präzise Entscheidungen, um bei Ballbesitz erfolgreich zu sein.
Im zweiten Video sehen wir, dass sich Ajax nach der erfolgreichen Verteidigung der Außenbahnen und dem damit erzwungenen Umschalten von Union sehr schnell neu aufstellt, wobei sich der Mittelstürmer und der Mittelfeldspieler quer bewegen und versuchen, Steckpässe zu verhindern. Bei Eins-gegen-Eins-Situationen auf den Außen bietet Ajax zusätzliche Absicherung durch Mittelfeldspieler, um Flanken zu verhindern.
"Es ist wichtig, dass man im Training ausreichend Zeit darauf verwendet, Flanken zu verteidigen", sagt Faria. "Individuelles Training ist wichtig, aber man trainiert als Team und spielt als Team. Und in der Vorbereitung legt man eine Strategie fest - und zwar sowohl eine defensive als auch eine offensive. Man sollte auch Informationen über den Gegner haben, und wenn man ihn und seine Qualitäten kennt, versucht man zunächst, Flanken zu vermeiden. Dann arbeitet man daran, die besten Räume im Strafraum zu besetzen, wenn doch mal eine Flanke durchkommen sollte.
Im dritten Video gelang es Union, in den Strafraum einzudringen, aber Ajax verteidigte die Flanke gut - wie die ganze Zeit über. Die Ajax-Spieler hatten Körperkontakt mit den Stürmern, die dem Tor am nächsten waren, und konnten so den Ball kontrollieren.
Um den Strafraum zu verteidigen, muss man als Block kompakt stehen, die Abstände zu den Mitspielern genau einhalten und Raum und Zeit gemeinsam verwalten", so Faria.
Die Grafik zeigt die Anzahl der Flanken, die Ajax aus dem Spiel heraus zu bewältigen hatte. Es war eine Belagerung des eigenen Tores, aber von 35 Flanken schaffte es Ajax 24 Mal, den ersten Ballkontakt zu bekommen. Torhüter Remko Pasveer zeigte dabei eine gute Leistung, und zusammen mit den Innenverteidigern Josip Šutalo und Daniele Rugani war er bei 13 dieser Flanken der erste Ansprechpartner. Šutalo fing außerdem vier Flanken ab und hatte die meisten Klärungsaktionen (9). Ahmetcan Kaplan, der zur Halbzeit für Rugani eingewechselt wurde, klärte sechs Mal.
In den ersten 30 Minuten hatte Ajax einen xG-Wert von 1,5. Mit zehn Spielern in den folgenden 90 Minuten kamen sie in dieser Statistik auf einen Wert von 1,9 und bewiesen damit gute Einstellung und viel Ausdauer der Spieler, die schließlich triumphierten.
Ein letzter Kommentar von Rui Faria, eine Botschaft an die Jugendtrainer zur individuellen Spielerentwicklung: "Die Idee des Angriffsfußballs hat das Training und den Unterricht positiv beeinflusst und die Spieler zu einer proaktiven Spielkultur erzogen. Ein aggressives und mutiges Verhalten gegenüber dem Gegner im Angriff ist dagegen ein nur sehr wenig diskutiertes Thema."
"Schönheit hat ihren Preis, und meiner Meinung nach haben die meisten Mannschaften heute Probleme, wenn sie ohne Ball sind, sowohl individuell als auch kollektiv. Wenn wir uns nur auf die Fähigkeit konzentrieren, hoch zu pressen, vernachlässigen wir alle Konzepte, die notwendig sind, um in der Verteidigung effizient zu sein. Ich hoffe, dass Trainer in dieser neuen Ära nicht als defensiv verurteilt werden, nur weil sie versuchen, die defensiven Fähigkeiten ihrer Mannschaft im Training zu verbessern. Das Spiel hat immer noch diese beiden großen Facetten: Angriff und Verteidigung."