Thiago über Bayern und Barcelona

Nach einem Jahr Pause wegen einer Knieverletzung hat sich Thiago Alcántara bärenstark zurückgemeldet und mit dem FC Bayern München erneut die Meisterschaft geholt. Zudem war er einer der Schlüsselspieler beim Viertelfinal-Erfolg in der UEFA Champions League gegen den FC Porto. UEFA.com hat sich vor dem Duell mit seinem früheren Klub FC Barcelona mit dem Mittelfeldspieler unterhalten.

UEFA.com: 2005 sind Sie von Brasilien nach Barcelona gewechselt. Wie haben Sie sich in Spanien entwickelt?

Thiago Alcántara: Das ist der perfekte Klub für jeden Fußballer, um sich zu entwickeln und zu wachsen, denn, wie jeder weiß, verleiht einem La Masia Stabilität; sie passen auf dich auf, wenn du deine Heimat verlässt. Sie geben dir die Zuneigung, die du brauchst, wenn du die Heimat verlässt. Du hast die Chance, dort zu lernen, und man wächst als Spieler sowie als Persönlichkeit.

UEFA.com: Sie haben auch in Barcelona mit Josep Guardiola zusammengearbeitet – welchen Einfluss hatte er bei ihrer Entwicklung?

Thiago: Als Peps Trainerkarriere startete, kam ich gerade zur ersten Mannschaft. So konnte ich als Zuschauer sowie als Spieler den fantastischen Lauf von Barcelona verfolgen und war in der Lage, die Kabine mit ihnen zu teilen und das Training mit ihnen zu genießen. Es war einfach nur eine großartige Ausbildung für mich bei La Masia, mit all den Spielern und dann mit Guardiola, der uns trainiert und versucht hat, diese neue Methodik anzuwenden, die jetzt auch vielen anderen Teams dient.

UEFA.com: Welche Gefühle haben Sie jetzt vor Ihrer Rückkehr ins Camp Nou?

Thiago: Die stärksten Gefühle, die man wahrscheinlich haben kann. Aber man muss nach vorne schauen, denn wenn das Match bevorsteht, muss man zu 100 Prozent fokussiert sein, deshalb müssen diese Gefühle erst mal hinten anstehen. Wir wollen Barça schlagen und nach Berlin fahren. Da sind Emotionen nicht angebracht, da wir im Camp Nou stark aufspielen und gewinnen wollen.

UEFA.com: Sie werden von Josep Guardiola hoch geschätzt; er holte sie nach München, als er nach Deutschland ging. Wie ist Ihre Beziehung zu ihm?

Thiago: Pep hat als Trainer viele Trophäen gewonnen, was kein Zufall ist. Ich habe als Nachwuchsprofi und als Mensch viel von ihm gelernt. Man muss den Leuten, die einem vertrauen und die ihre Erfahrungen sowie Qualitäten mit einem teilen wollen, immer danken. Man lernt immer dazu, mit Erfahrung reift man – und es ist leicht, von Pep zu lernen.

UEFA.com: In dieser Saison waren Sie lange verletzt. Können Sie uns von Ihrer Knieverletzung, der Reha und dieser schwierigen Zeit erzählen?

Thiago Alcántara beim Bayern-Training©AFP/Getty Images

Thiago: Es war eine harte Zeit, denn für den Fußball geht man in ein anderes Land, kommt in ein neues Team und ändert sein Leben von Grund auf – und plötzlich ist man außen vor. Das beeinflusst deine Pläne und dein tägliches Leben. Aber durch so etwas wächst man als Mensch, und man muss mental sehr stark sein.

UEFA.com: Sie haben sich in der UEFA Champions League mit einem Knalleffekt zurückgemeldet und im Viertelfinale gegen Porto in Hin- und Rückspiel wichtige Tore erzielt. Wie hat sich das angefühlt?

Thiago Alcántara erzielte nach seiner langen Pause wichtige Treffer©Getty Images

Thiago: Natürlich war ich nach einem Jahr ohne Spitzenfußball nicht in Topform, aber das Herz und der Wunsch, auf den Platz zurückzukehren, haben meine Füße zum Laufen gebracht. Das waren entscheidende Faktoren. Das Tor in Porto war wichtig, das hat uns in diesem Duell am Leben erhalten. Zu Hause ging es dann darum, ein schnelles Tor zu erzielen, um ins Laufen zu kommen. Deshalb war mein Tor im Rückspiel wegen seiner Bedeutung umso wertvoller.

UEFA.com: Was wissen wir jetzt von den Bayern nach diesem unglaublichen Erfolg im Viertelfinal-Rückspiel und wie hat diese Leistung die Stimmung in der Kabine beeinflusst?

Thiago: Niederlagen schmerzen, und man lernt, dass man diese Momente kein weiteres Mal erleben will, aber man lernt auch, die Siege zu genießen. Siege sind immer schön; es ist ein gutes Gefühl, dann ist auch die Atmosphäre in der Kabine positiv. So etwas will man immer wieder erleben – wie gegen Porto mit so vielen Toren und dem Fußball, den wir zelebriert haben.

UEFA.com: Als Barcelona 2011 den Titel gewann, saßen Sie nur auf der Bank. Was würde es Ihnen bedeuten, wenn Sie den Titel mit den Bayern in der Startelf holen würden?

Thiago: Natürlich wäre es bedeutender, weil man mehr dazu beigetragen hat und wichtiger war. Letztendlich steht es aber in den Sternen, ob wir die Champions League gewinnen werden oder nicht, aber es ist immer ein Bonus, wenn man das Gefühl hat, dass man integriert und ein Schlüsselspieler ist.