Referees als Schützer des Fußballs
Dienstag, 5. September 2023
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Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter tragen zum Image des Fußballs bei – diese wichtige Botschaft wurde den europäischen Unparteiischen, die sich aktuell auf die neue Saison vorbereiten, mit auf den Weg gegeben.
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Bei einer Medienkonferenz am Mittwoch betonte Roberto Rosetti, der oberste UEFA-Schiedsrichterverantwortliche, dass es an der Zeit sei, Fehlverhalten auf dem Spielfeld gegenüber Unparteiischen ein Ende zu setzen, da sich dieses negativ auf die öffentliche Meinung und insbesondere auf jüngere Fußballfans auswirke.
„Es reicht! Wir müssen handeln“, so Rosetti, der Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter dazu aufforderte, entschieden und couragiert zu handeln. Vehemente Einsprüche, Rudelbildung, protestierendes Zulaufen zum Spielleiter oder jegliche weitere Art von unsportlichem Verhalten müssten mit einer Verwarnung geahndet werden.
„Gelbe Karten müssen auch gegeben werden, wenn der Referee in die Irre geführt werden soll oder eine Verletzung vorgetäuscht wird. Gleiches gilt für jegliches Simulieren, Übertreiben oder bei Spielverzögerung“, ergänzte Rosetti. „Und wenn jemand ausfällig wird, sei es durch Beleidigungen oder Beschimpfungen, so ist ein Platzverweis angesagt. Natürlich kochen beim Fußball Emotionen hoch – aber wenn ein Spieler oder Coach einen Schiedsrichter oder eine Schiedsrichterin beleidigt oder beschimpft, kann wohl kaum von Emotionen die Rede sein.“
„Es ist unsere Pflicht, das Image des Fußballs zu schützen, und wir müssen diese Chance für Veränderungen nutzen“, so der Vorsitzende der UEFA-Schiedsrichterkommission. „Bestimmtes Verhalten kann einfach nicht mehr toleriert werden. Wir müssen ein Vorbild für den fußballbegeisterten Nachwuchs sein. Deshalb möchten wir, dass unsere Referees robust auftreten und bei Bedarf eingreifen.“ Anlässlich des UEFA-Sommerkurses für europäische Spitzenschiedsrichter/-innen vom 3. bis 6. September in Genf soll diese Erwartungshaltung bekräftigt werden.
Positiver Effekt des VAR
Rosetti betonte den positiven Effekt des Video-Schiedsrichterassistenten (VAR) auf den Fußball und versicherte, dass alles unternommen werde, um dieses System weiterzuentwickeln, das mittlerweile ein zentraler Bestandteil des Entscheidungsfindungsprozesses auf dem Spielfeld sei.
„Der VAR gehört inzwischen zum Fußball“, so Rosetti. „Wir können uns den Fußball auf höchstem Niveau nicht mehr ohne VAR vorstellen. Als das System in der Saison 2018/19 eingeführt wurde, hat man es zunächst in 55 Spielen erprobt. In der letzten Saison wurde der VAR bei mehr als 1 800 UEFA-Wettbewerbsspielen eingesetzt. Hinter dem VAR steckt enorm viel Arbeit.“
Das System sei unter anderem dazu da, klare und offensichtliche Schiedsrichterfehler zu korrigieren, und den Unparteiischen eine Entscheidungshilfe an die Hand zu geben. Gleichzeitig besteht Robert Rosetti jedoch darauf, dass der VAR nicht der Dreh- und Angelpunkt des Spiels werden dürfe. Insbesondere eine übermäßige Nutzung sei zu vermeiden. „Natürlich sind Eingriffe in bestimmten Situationen nötig, doch grundsätzlich wünschen wir uns weniger VAR-Eingriffe – wir sind davon überzeugt, dass unsere Unparteiischen weiterhin im Mittelpunkt stehen und die maßgeblichen Entscheidungen in einem Spiel treffen müssen.“
Der oberste Schiedsrichterverantwortliche begrüßte zudem die positiven Auswirkungen der halbautomatisierten Abseitstechnologie auf das VAR-System und den Fußball im Allgemeinen. Diese ermögliche es den VAR-Teams, Abseitssituationen schneller und genauer zu erkennen. „Das System funktioniert sehr gut, was die Genauigkeit und schnellere Entscheidungsfindung angeht“, führte Rosetti aus. „Abseits ist für uns kein Thema mehr.“
Handspielsituationen verstehen
Gegenüber Journalistinnen und Journalisten erklärte Rosetti, dass Handspiel weiterhin ein Diskussionsthema sei, aber dass man insbesondere an den kontroversen Punkten arbeiten würde: „Wir müssen versuchen, die Bewegungen der Spielerinnen und Spieler zu berücksichtigen, wenn wir die Handspielregel auslegen. Nicht jede Ballberührung mit der Hand oder dem Arm ist ein Vergehen.“
Situationen, in denen Spielerinnen und Spieler den Ball absichtlich mit der Hand bzw. dem Arm berühren oder den Ball mit der Hand bzw. dem Arm berühren und dabei die eigene Körperfläche aufgrund der Hand-/Armhaltung unnatürlich vergrößern, würden aber weiterhin als Vergehen gewertet. Auch vorsätzliches Handspiel würde natürlich weiterhin geahndet werden.
Rosetti gab jedoch zu Bedenken, dass es sich bei den meisten Handspielvergehen nicht um absichtliches Handspiel handle, sondern lediglich um die Folge einer unnatürlichen Position des Arms. Eine Spielerin oder ein Spieler sollte zudem nicht bestraft werden, wenn der Ball in eine unerwartete Richtung abgefälscht wurde.
„Disziplinarstrafen bei unbeabsichtigtem Handspiel sind nur schwer nachvollziehbar und die Konsequenzen zu hart, wenn die Spielerin oder der Spieler zuvor bereits verwarnt worden ist – die Folge wäre eine rote oder eine gelb-rote Karte, ein etwaiger Strafstoß sowie eine Sperre. Uns muss klar sein, dass der Fußball ein Sport ist, der Athletik und Bewegung voraussetzt, und wir bitten unsere Referees und Video-Schiedsrichterassistenten, dass sie dafür Verständnis aufbringen.“
„Mit einer Sprache sprechen“
Zum Schluss wies Roberto Rosetti darauf hin, dass sich die Diskussionen zum Schiedsrichterwesen mit den Interessenträgern als fruchtbar und bereichernd erweisen, insbesondere mit dem neu geschaffenen UEFA-Fußballbeirat, dem ehemalige Spitzenspieler und Coaches angehören.
„Wir arbeiten alle erfolgreich zusammen, auch mit den UEFA-Mitgliedsverbänden. Wir wollen in sich schlüssige und möglichst einheitliche Entscheidungen treffen – unser klares Ziel ist es, dass alle dabei dieselbe Sprache sprechen.“
Ende August hatte die UEFA ihre neue Kampagne „Werde Schiri!“ auf den Weg gebracht, um mehr Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter in ganz Europa zu gewinnen. Nähere Informationen finden Sie hier.