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Überblick
Das Schiedsrichterwesen auf höchstem Niveau muss sich ständig weiterentwickeln, um den Ansprüchen des modernen Fußballs gerecht werden zu können.
Durch den heutigen Hochgeschwindigkeitsfußball, kombiniert mit immensem Medieninteresse, müssen Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter besser denn je vorbereitet an ihre Aufgaben herangehen. Auch müssen sie inzwischen im athletischen und taktischen Bereich ebenso an ihr Limit gehen wie im mentalen. Zu ihren Aufgaben gehört es, auf dem Platz enormem Druck standzuhalten und selbstbewusst innerhalb von Sekundenbruchteilen spielentscheidende Entscheidungen zu treffen.
Aufgabe der UEFA ist es, ihre Referees auf diese enormen Ansprüche vorzubereiten. In Zusammenarbeit mit den 55 Mitgliedsverbänden kümmert sich die UEFA um etablierte als auch um junge aufstrebende Unparteiische und sorgt dafür, dass der Nachwuchs gut auf seine anstehenden Aufgaben vorbereitet wird.
Die Schiedsrichterkommission der UEFA, die von der UEFA-Abteilung Schiedsrichterwesen im Hauptquartier im schweizerischen Nyon unterstützt wird, befasst sich mit allen Fragen, die mit dem Schiedsrichterwesen in Verbindung stehen. Die Kommissionsmitglieder sind selbst ehemalige Unparteiische, die ihren reichhaltigen Erfahrungsschatz gerne an die junge Generation weiterreichen. Der ehemalige italienische Schiedsrichter Roberto Rosetti fungiert als oberster Schiedsrichterverantwortlicher der UEFA.
Jedes Jahr hält die UEFA zwei große Treffen für ihre Referees ab – den UEFA-Winterkurs für Neulinge auf der internationalen FIFA-Liste und für Eliteschiedsrichter Ende Januar sowie den Sommerkurs im August zum Saisonauftakt. Die Kurse beinhalten unter anderem Fitnesstests und die Analyse von kniffligen Spielsituationen, die den Unparteiischen bei der künftigen Entscheidungsfindung behilflich sein soll. 2013 wurden erstmals auch Schiedsrichterinnen von der UEFA zum Kurs eingeladen. Außerdem hält die UEFA auch Kurse und Workshops für Schiedsrichterassistentinnen und -assistenten und Futsal-Referees ab.
Ein gutes Fitnesstraining und eine speziell abgestimmte Vorbereitung sind heute wichtiger denn je. Um den Kursteilnehmenden dabei zu helfen, steht ein Expertenteam um den Belgier Werner Helsen bereit, das die Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter auch in Fitness- und Ernährungsfragen berät und die Trainingseinheiten bei UEFA-Kursen überwacht.
Schiedsrichterbeobachterinnen und -beobachter, alles selbst erfahrene ehemalige Unparteiische, reisen quer durch ganz Europa, um die Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter zu bewerten. Sie besuchen UEFA-Spiele auf allen Ebenen, um die Leistungen der Referees unter die Lupe zu nehmen und mit ihnen nach den Spielen Schlüsselszenen zu besprechen.
Die UEFA-Konvention zur Ausbildung und Organisation von Schiedsrichtern, der mittlerweile 55 Verbände als Vollmitglied angehören, hat das Ziel, die Ausbildung zu verbessern, die Rolle der Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter zu stärken sowie die Strukturen und Entwicklung des Schiedsrichterwesens in Europa zu verbessern.
Die Initiative der UEFA, junge Talente zu fördern, hat schon bemerkenswerte Früchte getragen. Viele der heutigen Topreferees entstammen dem Talent- und Mentoringprogramm der UEFA, in dessen Rahmen jeweils eine Gruppe junger Unparteiischer von erfahrenen Mentorinnen und Mentoren betreut wird, die selbst alle auf eine reichhaltige Erfahrung in der Leitung von Fußballspielen zurückblicken können.
Seit Sommer 2010 gibt es für junge europäische Referees eine weitere exzellente Unterstützung durch das UEFA-Schiedsrichter-Exzellenzzentrum (CORE). Das zentrale Ziel ist es, die technischen Fähigkeiten und die Fitness vielversprechender junger Schiedsrichter und Assistenten zu fördern, die das Potenzial haben, in Zukunft internationale Spiele zu leiten. Inzwischen gibt es diese CORE-Kurse auch für talentierte Schiedsrichterinnen.
Dokumente
Pflichtenheft für Schiedsrichter/-innen (Ausgabe 2022)
UEFA-Konvention zur Ausbildung und Organisation von Schiedsrichtern (Ausgabe 2020)
Video-Schiedsrichterassistenten
Das System der Video-Schiedsrichterassistenten (VAR) wurde 2019 nach einer umfassenden Test- und Schulungsphase in den UEFA-Wettbewerben eingeführt.
Hintergrund und Zeitrahmen
Am 3. März 2018 beschloss das International Football Association Board (IFAB), den VAR nach einer zweijährigen Testphase mit Live-Experimenten, bei denen spielentscheidende Situationen mittels Videounterstützung auf klare Schiedsrichterfehler hin überprüft wurden, einzuführen. Das IFAB nahm zudem zahlreiche Änderungen an den Spielregeln 2018/19 vor, um den Einsatz des VAR reglementarisch zu verankern, und verfasste zu diesem Zweck auch das VAR-Protokoll zur Ergänzung der Spielregeln.
Das UEFA-Exekutivkomitee beschloss bei seiner Sitzung vom 27. September 2019, das VAR-System zum Beginn der Spielzeit 2019/20 in den UEFA-Wettbewerben einzuführen. Nach einer erfolgreichen Test- und Schulungsphase im Herbst 2018 wurde bei der Exekutivkomiteesitzung im darauffolgenden Dezember entschieden, das System bereits ab den Achtelfinalpartien der UEFA Champions League im Februar/März 2019 einzusetzen.
Seither wurde das VAR-System ab folgenden Phasen in den UEFA-Wettbewerben eingeführt:
- Dritte Qualifikationsrunde: UEFA Champions League
- Gruppenphase: UEFA Europa League
- Viertelfinale: UEFA Europa Conference League, UEFA Women’s Champions League
- Alle Spiele: UEFA Nations League sowie Europameisterschaften der Männer und Frauen
Operative Organisation
Bei allen UEFA-Spielen mit VAR stehen in der Regel ein Videoassistent, ein Assistent desselben sowie zwei Replay-Operateure vor Ort in einem Videoraum im Einsatz. Bei einigen Spielen (insbesondere Gruppenphasen der UEFA Champions League und der UEFA Europa League) befindet sich der Videoraum am UEFA-Sitz in Nyon und das VAR-System wird von dort aus betrieben.
Vorgehensweise
Das VAR-Team im Stadion überwacht das Spiel kontinuierlich auf klare und offensichtliche Schiedsrichterfehler im Zusammenhang mit den folgenden vier spielentscheidenden Situationen:
1) Tore
2) Strafstoßentscheidungen
3) direkte rote Karten
4) Spielerverwechslungen
- Das VAR-Team prüft all diese Spielsituationen, greift aber nur bei klaren und offensichtlichen Fehlern ein. Während eine Entscheidung überprüft wird, kann der/die Unparteiische das Spiel unterbrechen.
- Erbringt die VAR-Überprüfung den klaren Beweis, dass in einer der erwähnten spielentscheidenden Situationen ein grober Fehler begangen wurde, kann der VAR den Referee auffordern, die betreffende Szene am Spielfeldrand zu überprüfen. Die endgültige Entscheidung kann nur vom Referee getroffen werden.
- Der VAR kann auch etwaige Regelverstöße berücksichtigen, die sich bei der unmittelbaren Entstehung der betreffenden Spielsituation (d.h. während der Angriffsaktion) ereignet haben.
- Bei „Tatsachenentscheidungen“ (z.B. Abseitsstellungen, Foulspiel innerhalb oder außerhalb des Strafraums) kann der VAR die Unparteiischen über den betreffenden Sachverhalt informieren, ohne dass diese den Bildschirm am Spielfeldraum konsultieren, doch die endgültige Entscheidung liegt immer bei den Unparteiischen. Überprüfungen am Spielfeldrand werden stets im Stadion über die Großbildschirme oder per Lautsprecherdurchsage kommuniziert.