Die Wiedergeburt Johann Vogels
Donnerstag, 2. Februar 2012
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Fast drei Jahre nach seinem Rücktritt kehrt der Schweizer Mittelfeldspieler Johann Vogel wieder in den Profifußball zurück und meint scherzhaft: "Ich bin nicht mehr so dick wie noch im Herbst."
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Einst umjubelt, später rausgeworfen und beinahe vergessen, nun reaktiviert – Johann Vogel kehrt nach zweieinhalb Jahren in den Profi-Fußball zurück.
Er habe Tennis gespielt, gut gegessen, ein bisschen mehr Wein getrunken als früher und täglich seine Töchter zur Schule gebracht – "viel also nicht", sagt Johann Vogel lachend, als er gefragt wird, wie er die vergangenen zweieinhalb Jahre seines Lebens verbracht habe. Es war die Zeit, nachdem der langjährige Captain der Schweizer Nationalmannschaft seine Laufbahn als Profi eigentlich für beendet erklärt hatte, erst 32-jährig, aber stets mit dem deutlichen Hinweis: "Mit fehlt die Lust, noch mal etwas Neues anzufangen."
Missglückte Engagements bei Blackburn Rovers FC und Real Betis Balompié hatten ihm den Antrieb genommen. "Ich war ausgebrannt, völlig leer und wollte nur noch meine Ruhe", sagt Vogel heute über die letzten Monate seiner Laufbahn, die ihn auf dem Höhepunkt bis zum AC Milan und ins Halbfinale der UEFA Champions League gebracht hatte.
Nun ist die Lust offenbar wieder da. Denn was sich bereits im Herbst angedeutet hatte, wurde im Januar hochoffiziell: Vogel, inzwischen knapp 35 Jahre alt, gibt beim Grasshopper Club sein Comeback als Profi, bei "seinem" Verein also, der ihm einst das Profidebüt als 15-Jähriger ermöglicht und zuletzt einen Job als U15-Trainer verschafft hatte. Es ist daher nicht unverständlich, dass er trotz wiedergewonnener Freude sagt: "Für keinen anderen Verein stünde ich wieder auf dem Rasen."
Schon im Herbst trainierte er mit den Profis, damals noch in der offiziellen Funktion als "Player-Coach". Doch galt es bereits damals als sicher, dass ihn Trainer Ciriaco Sforza für die Rückrunde einplant – ungeachtet aller gegenteiligen Beteuerungen einzelner Klubexponenten, Vogel werde "sicher nicht" mit der 1. Mannschaft in die Rückrunde gehen.
Nun tut er es wie selbstverständlich – und das mit der Absicht, die junge Mannschaft des Rekordmeisters wieder in die Spur zu bringen. "Johann muss ein Leader sein und spielbestimmend wie früher", sagt Trainer Sforza, der als geistiger Vater des Comebacks bezeichnet wird. "Er muss die jungen Spieler führen und kann für die taktische und mentale Entwicklung der Mannschaft mit seiner unbestrittenen Klasse und seiner immensen Routine Gold wert sein." Voraussetzung dafür: "Er muss topfit sein."
Ist er es? Sein letztes Pflichtspiel bestritt er mit Blackburn Anfang Januar 2009 im FA Cup, vor über drei Jahren. Doch im Test beim FC St. Pauli vor einer Woche hielt er 90 Minuten durch. "Ich bin auch schon weniger dick als noch im Herbst", sagt Vogel mit einem Schmunzeln. Mut macht den Grasshoppers zudem, dass Vogel die zunächst noch fehlende Fitness mit seinem Auge, seiner Spielintelligenz und Ballsicherheit kompensieren kann – mit jenen Qualitäten, die ihn Ende der 90er zum angesehenen Mittelfeldspieler gemacht hatten.
Für Vogel ist seine "Wiedergeburt", wie er sein Comeback nennt, aber nicht nur die Rückkehr zu GC, wo einst alles begann. Es ist auch die Chance, eine zwar sehr erfolgreiche, aber dennoch nicht ganz vollendete Laufbahn vernünftig abzuschließen. Denn Vogel misslang nicht nur der Abschluss seiner Klub-Karriere, auch der Abschied aus der Nationalmannschaft geriet ihm zum Desaster.
Im März 2007, mitten in den Vorbereitungen auf die UEFA Euro 2008 in Österreich und der Schweiz, beschied ihm Trainer Jakob Kuhn, dass er fortan auf seine Dienste verzichte. Die Nationalmannschaftszeit des Captains war nach 94 Länderspielen, zwei EM-Endrunden und einer WM abrupt beendet. Und so wichtig er zuvor gewesen war, so wenig interessierte sich die Fußball-Schweiz fortan für den langjährigen Leistungsträger. Er selber will darüber nicht mehr groß sprechen, es sei "lange her"; derzeit sei ohnehin nur die Rückrunde mit GC von Belang.
Wie lange das zweite Engagement Vogels bei seinem Stammverein gehen wird, ist noch unklar. Im Sommer werde man sich zusammensetzen und weiterschauen, ob es weitergehe: "Ich bin aber nicht der Einzige, der das entscheidet." Hat er weiterhin Lust und knüpft er an frühere Zeiten an, dürften sich die Grasshoppers mit einer Entscheidung nicht allzu schwer tun.