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Das etwas andere Torwartproblem

Mitglieder

Sie waren Nationaltorhüter, U21-Nationaltorhüter, Nachfolger von Oliver Kahn, haben Bundesliga-Rekorde aufgestellt und galten als Zukunft zwischen den deutschen Pfosten. Nun sind sie ohne Verein.

Timo Hildebrand war einst die Nummer eins im deutschen Tor
Timo Hildebrand war einst die Nummer eins im deutschen Tor ©Getty Images

Die Liste ihrer Erfolge und Meriten liest sich eindrucksvoll. Deutscher Meister. DFB-Pokal-Sieger. Nationaltorwart bei Deutschlands U21, U20, U19, U18 und U17. Teilnehmer der UEFA Champions League. Nachfolger von Legende Oliver Kahn im Tor der deutschen Nationalelf. Nachfolger von Kahn beim FC Bayern München.

Sie haben Bundesliga-Rekorde für Spiele ohne Gegentor oder ohne Niederlage aufgestellt. Sie haben bei Vereinen wie dem FC Bayern, Everton FC, dem 1. FC Köln, VfB Stuttgart, Valencia CF, Hertha BSC Berlin oder dem FC Salzburg zwischen den Pfosten gestanden. Sie galten als die kommenden Torhüter Deutschlands. Nun findet sich kein Verein für dieses illustre Quintett, bestehend aus Timo Hildebrand, Markus Pröll, Michael Rensing, Timo Ochs und Stefan Wessels.

Eine Karriere besteht aus Aufs und in der Regel auch einmal Abs. Das ist in der normalen Berufswelt so und oft auch im Profifußball. Aber dass sich kein Verein für diese fünf Schlussmänner finden lässt, überrascht doch ein wenig. Die Gründe dafür sind vielschichtig. Zunächst einmal scheinen die meisten Vereine nicht unbedingt auf den Zweikampf zwischen den Pfosten zu setzen. Die Tendenz geht dazu, eine klare Nummer eins zu haben, die durch einen alten, ruhigen und loyalen Stellvertreter sowie ein junges, aufstrebendes Talent komplettiert wird. Nur beim Hamburger SV gab es zwei annähernd gleichwertige Torhüter; dort entschied sich Trainer Armin Veh gegen Herausforderer Jaroslav Drobný und für Platzhirsch Frank Rost.

"Der Torwartmarkt ist zu. Leute wie Timo Hildebrand und Michael Rensing tun sich schwer, einen neuen Verein zu finden. Das sagt doch alles", sagt etwa Markus Miller, ein Vertreter aus der zweiten Reihe der deutschen Torhüter, der kürzlich einen Vertrag bei Hannover 96 unterschrieb. Der 28-Jährige soll bei den Niedersachsen den loyalen Stellvertreter für Florian Fromlowitz geben. Eine Rolle, mit der das eingangs erwähnte Quintett sich auf keinen Fall zufrieden geben würde.

Bei 16 Bundesligisten besteht auf der Torwartposition nicht wirklich Handlungsbedarf, die Ausnahmen sind - wenn überhaupt - vielleicht beim 1. FC Köln und dem VfB Stuttgart zu finden. Bei den Rheinländern will der alte Fahrensmann Faryd Mondragon seine letzte Saison spielen, während die Schwaben auf den jungen Sven Ulreich (22 Jahre, 15 Ligaspiele) setzen.
Hildebrand, der einst mit dem VfB deutscher Meister wurde, wird nachgesagt, dass er vielleicht auf einen schwachen Start seines Ex-Klubs spekuliert, um dann doch noch dort unterzukommen. "Es gibt Kontakte, aber nichts Konkretes. Ich bin ja das erste Mal in so einer Situation, aber ich bin optimistisch - irgendwas wird sich ergeben", ließ der 31-Jährige wissen, dessen Karriere bei den beiden letzten Stationen Valencia und TSG 1899 Hoffenheim einen veritablen Knick erlitt.

Karriereknick – darüber weiß auch Michael Rensing zu berichten. Bei den Bayern wurde er als Riesentalent hochgejubelt, konnte aber weder Jürgen Klinsmann noch dessen Nachfolger Louis van Gaal von seinen Qualitäten überzeugen. Beide Trainer entschieden sich lieber für Routinier Jörg Butt. Rensing, 26, gilt in Deutschland zurzeit als "verbrannt". Daher wird er zunehmend mit Klubs im Ausland in Verbindung gebracht.

Ähnlich geht es auch Markus Pröll, der zuletzt bei Eintracht Frankfurt verletzungsbedingt nicht den erhofften großen Durchbruch auf der Bundesliga-Bühne schaffte, oder Stefan Wessels, der einst der Vorgänger Rensings beim FC Bayern in der Rolle hinter Kahn war. Wessels werden nun Kontakte zu West Ham United FC nachgesagt. Auch Timo Ochs hofft auf ein Engagement außerhalb Deutschlands Grenzen.

Ganz kurz dürfte bei den fünfen ein wenig Hoffnung aufgekeimt sein, als sich Heinz Müller, Nummer eins beim 1. FSV Mainz 05, einen Kreuzbandriss zuzog. "Die Tendenz ist, dass wir keine neue Nummer eins holen", hatte Trainer Thomas Tuchel jedoch schnell erklärt, um dann in der Tat den 38-jährigen Martin Pieckenhagen zu verpflichten. Ein Mann, der genug Erfahrung hat, um Müller zu vertreten, aber keine großen Ambitionen mehr. Pieckenhagen würde, sollte Müller gut zurückkommen, problemlos ins zweite Glied rücken.

Was bleibt aber damit für die Torhüter im Wartestand, die gerade ihr ganz privates Torwartproblem durchmachen? Es ist das Prinzip Hoffnung, wie Prölls Berater Klaus Gerster verdeutlicht: "Die Ligen in Spanien, Italien und England und anderen Ländern fangen ja viel später an. Da kann sich immer noch spontan etwas tun."

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