Lucy Bronze: "Meine Neurodiversität hilft mir, auf höchstem Niveau zu spielen"

Lucy Bronze ist die erfolgreichste Spielerin in der Geschichte des englischen Frauenfußballs. Fünfmal hat sie die UEFA Women’s Champions League gewonnen, dazu vier Meistertitel in Englands höchster Spielklasse – und das bei gleich drei verschiedenen Klubs.

Ein weiteres Highlight kam bei der UEFA Women’s EURO 2025, als England im Finale Spanien bezwang und den Europameistertitel erfolgreich verteidigte.

Für Bronze war es bereits das siebte große Turnier im Nationaltrikot, doch von Ermüdungserscheinungen keine Spur: Die Chelsea-Verteidigerin stand in jeder Partie in der Startelf, war der Motor beim spektakulären Viertelfinal-Comeback gegen Schweden und verwandelte unter maximalem Druck im Elfmeterschießen den entscheidenden Treffer in der Verlängerung.

Für England ist ihr unbändiger Ehrgeiz ein unschätzbarer Wert. Bronze selbst bezeichnet diesen Antrieb, immer weiter an sich zu arbeiten und Erfolge zu erzwingen, als ihre "Superpower", die sie mit ihrer Autismus- und ADHS-Diagnose in Verbindung bringt.

Überwindung von Stereotypen

Bronze beschreibt ihre sogenannte "Superpower" als Ergebnis eines Lernprozesses über sich selbst, der 2021 mit ihrer Diagnose begann. Sie ist überzeugt, dass ein historisch zu enges Bild von Neurodiversität lange verhindert hat, dass sie sich früher verstanden hat.

"Als ich aufgewachsen bin war ein Grund, warum ich nie diagnostiziert wurde, die ganzen Stereotypen, die daran geklebt haben", sagt sie. "Es war immer ein bestimmter Typ Mensch, ein bestimmtes Verhalten – oder eben einfach schlechtes Benehmen."

"Leicht ablenkbar" und "Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren" sind typische Symptome von ADHS. Gleichzeitig haben Menschen mit ADHS die ausgeprägte Fähigkeit, in eine Art Hyperfokus zu gehen – sobald es um etwas geht, das sie wirklich interessiert. Für Bronze war das ein Vorteil, aber mangelndes Bewusstsein für Neurodiversität führte auch dazu, dass ihr Verhalten oft falsch gedeutet wurde.

"Als ich jünger war, habe ich oft gehört: 'Du bist nicht fokussiert'", erzählt sie. "Und ich glaube, manche Leute dachten das auch später noch von mir – gerade jetzt, wo ständig Kameras auf uns gerichtet sind, auch beim Aufwärmen. Manchmal sieht es dann vielleicht so aus, als wäre ich nicht bei der Sache.

Aber ich bin fokussiert – ich brauche nur manchmal eine andere Art, meine überschüssige Energie rauszulassen."

Lucy Bronze feiert ihren Elfmeter gegen Schweden bei der Frauen-EM 2025Getty Images

Stärke durch Unterschiede

Nun als Botschafterin der britischen National Autistic Society ist Bronze ein stolzes Beispiel dafür, wie neurodiverse Menschen an die absolute Spitze gelangen können. Indem sie ihre eigene Geschichte teilt, betont sie, wie wichtig es ist, offen zu bleiben und die Stärken zu erkennen, die aus Unterschiedlichkeit entstehen können.

"Jeder Mensch geht seinen eigenen Weg", sagt sie. "Ich glaube, das ist etwas, das bei Autismus, ADHS und allen Formen von Neurodiversität oft missverstanden wird – dass es nur einen Weg gibt, alle zu behandeln, oder eine Diagnose, die für alle passt, so als würden sich alle gleich verhalten oder die gleichen Eigenschaften haben.

In Wirklichkeit ist es von Person zu Person sehr unterschiedlich. Mit den Menschen um dich herum zu sprechen, damit sie dich verstehen und du sie, erfordert von beiden Seiten viel Geduld."