UEFA Women's EURO 2025: Junge Spielerinnen wirbeln die Schweiz auf
Mittwoch, 16. Juli 2025
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"Wir spielen einfach ohne großes Überlegen" sagte die Sydney Schertenleib, eine von vier Spielerinnen unter 20 im Schweizer Kader bei der UEFA Women's EURO 2025.
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Es war nur passend, dass Katy Perrys "Teenage Dream" eines der Lieder war, die nach dem Spiel gegen Finnland, das den erstmaligen Viertelfinaleinzug der Schweiz bedeutete, aus der Kabine tönten. Passend war es, weil mit Iman Beney und Sydney Schertenleib zwei 18-jährige Spielerinnen in der Startelf der Schweiz gestanden hatten und die 19-jährige Leila Wandeler zu Beginn der zweiten Halbzeit eingewechselt wurde.
Die vierte U20-Spielerin im Kader der Gastgeberinnen der UEFA Women’s EURO 2025, Noemi Ivelj, stand im Auftaktspiel gegen Norwegen von Beginn an auf dem Platz, blieb in den anderen beiden Partien aber auf der Bank – wobei sie diejenige war, die direkt zum Aufwärmen geschickt wurde, als es zwischenzeitlich kurz so aussah, als ob die Schweizer Spielführerin Lia Wälti vielleicht vom Platz müsste.
Beney, die kurz vor dem Turnier einen Vertrag bei Manchester City unterschrieben hatte, spielte bislang fast jede Minute dieser EM. Erst gegen Finnland wurde sie ausgewechselt – in der 82. Minute, als mit Alisha Lehmann noch mehr Offensivpower auf den Platz kommen sollte. Beney ist gelernte Flügelspielerin, tritt in der Elf von Pia Sundhage aber als offensive Außenverteidigerin auf, wobei sie im Angriff gefährlich ist ihren Job am anderen Ende des Platzes auch nicht vernachlässigt.
Meist ist es aber Schertenleib, die die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Ihr größter Moment kam gegen Island, als sie das Tor zur Führung von Géraldine Reuteler sensationell vorbereitete. "Sie ist eine der talentiertesten Spielerinnen Europas", sagte die Co-Trainerin der Nati, Lilie Persson, über Schertenleib. "Sie hat eine großartige Zukunft." Die jüngste Spielerin im Schweizer Kader wechselte letzten Sommer nach Barcelona, wo sie zumeist für das B-Team auflief, aber auch auf ein paar Minuten in der UEFA Women’s Champions League kam, wo sie im Viertelfinale gegen Wolfsburg traf.
"Sie hat einfach so viel Qualität", sagt der ehemalige Schweizer Nationalspieler Johan Djourou, der jetzt als sportlicher Koordinator mit dem Team arbeitet. "Wie sie arbeitet, mit dem Ball, gegen den Ball, sie ist immer gefährlich. Sie weiß, sie ist noch jung, sie kann alles noch besser machen, aber mit 18 Jahren so zu spielen und so einen Einfluss zu haben, ist schon unglaublich."
Wandeler ist die Spielerin mit der wenigsten Erfahrung und war die größte Überraschung im EM-Kader der Nati – ihr erstes Länderspiel absolvierte sie erst in der Woche vor dem Turnierstart. Mit ihren Einwechslungen gegen Island und Finnland brachte Wandeler viel Schwung in die Offensive und machte es den Gegnerinnen so schwer. "Als sie [gegen Island] eingewechselt wurde, fühlte es sich so an, als ob sie seit zehn Jahren für uns spielt. Es ist eine Einfachheit in ihrem Spiel, eine Verbindung. Sie kann den Unterschied machen", erklärte Djourou.
Alle vier spielten für die Schweiz, als diese vor zwei Jahren das Halbfinale der U17-EM erreichte. In der Gruppenphase gewann man gegen Estland und Deutschland; Beney und Ivelj verwandelten die entscheidenden Tore gegen Deutschland, die den Halbfinaleinzug möglich machten.
"Das war ein bisschen wie ein Déjà-vu", sagte Schertenleib. Sowohl gegen Island als auch gegen Finnland gab es Momente, als Schertenleib, Wandeler und Beney zusammen vorne spielten und die gegnerische Abwehr herausforderten. "Ich habe so schon für die U17 mit ihnen gespielt. Das war auch eine EURO, unsere erste EM, und das war eigentlich ähnlich. Leila war Zehnerin, ich auf der Acht, Iman außen auf dem Flügel. Es ist sehr schön, dass wir jetzt sehen, wir haben es alle geschafft."
"Wir haben ein paar Fotos von der letzten EM angeschaut", erzählte Beney. "Wir waren da auch zusammen, und jetzt nehmen wir alles mit, genießen es einfach. Wir haben nicht so viel Druck – erfahreneren Spielerinnen sagen uns immer, dass wir es einfach genießen sollen und zeigen, was wir können."
"Ich glaube, eine gewisse Kreativität ist sicher dabei", sagte Schertenleib darüber, was sie und ihre jüngeren Kolleginnen mitbringen. "Ich merke einfach das Unbekümmerte, das wir alle haben. Wir spielen einfach ohne großes Überlegen und ich glaube, das hilft der Mannschaft sicher weiter."
Die Youngster spielen nicht nur auf dem Platz eine wichtige Rolle, sondern auch für die Stimmung im Basecamp – und dabei ist es egal, ob es Alayah Pilgrim ist, die mit Schlagerstar Beatrice Egli, die beim Eröffnungsspiel gegen Norwegen die Schweizer Hymne gesungen hatte, tanzt, oder es Wandeler ist, die Klavier spielt, während Egli singt.
"Ich bewundere ihre Persönlichkeit", sagte Djourou über Wandeler. "Sie ist eine positive Frau, die eine sehr beeindruckende Energie hat – mit der Musik, mit dem Tanz. Sie ist immer positiv, unbeschwert, und wir sind alle froh, dass sie hier ist."
"Die jungen Spielerinnen bringen eine gewisse Lockerheit mit", sagte Viola Calligaris, die zu den erfahrensten Spielerinnen im Kader gehört. "Als ich noch jünger war, war ich vielleicht nicht ganz so locker! Das hat vielleicht auch mit dem Generationenwechsel zu tun, aber sie bringen wirklich viel Lockerheit mit, was allen guttut."
Auch die Schweizer Rekordspielerin und -torschützin Ana-Maria Crnogorčević hat ihre Meinung zur Mischung im Team. "Du kannst nicht immer nur mit den alten Hasen spielen, du kannst nicht nur mit den Jungen spielen du brauchst eine Mischung. Manchmal, wenn es wieder ein bisschen ausartet und laut wird, muss man ein bisschen die Mutterrolle spielen, sagen, 'okay, jetzt muss es mal ein bisschen ruhiger sein,' aber das funktioniert wunderbar.
"Sie sind hier, sie wollen lernen, sie hören zu. Sie nehmen vieles auf und versuchen auch, es umzusetzen, und das passt wunderbar."
"Wir haben diese neue Generation von Spielerinnen, die sehr mutig aufspielen, die auch jetzt ganz viele Mädchen inspirieren und damit auch schon neue Vorbilder geschaffen haben", sagte die Frauenfußballdirektorin des SFV, Marion Daube. "Ich glaube, dieser Generationenwechsel hat sich schon länger angekündigt und jetzt haben sie die Chance bekommen, sich zu zeigen, und haben das auch genutzt."
Dazu kommt auch, dass die dreifache Spielerin des Spiels Géraldine Reuteler zwar die viertmeisten Länderspiele auf dem Konto hat, aber auch erst 26 Jahre alt ist. Riola Xhemaili, die den entscheidenden Ausgleich gegen Finnland erzielte, ist erst 22 – ebenso wie Pilgrim, die gegen Island die Führung ausbaute, wodurch die Schweiz nur ein Remis im letzten Gruppenspiel brauchte.
"Ich glaube, das zeichnet unser Team aus, dass wir bis zum Schluss gehen, bis zum Schluss kämpfen und bis zum Schluss daran glauben", sagte Calligaris. "Alle jungen Spielerinnen, die [gegen Finnland] reingekommen sind, haben sich gesagt, wir werden das Tor noch machen. So sind sie auf den Platz gestanden, so haben sie auch gespielt." Und recht hatten sie auch.
Egal, was am Freitagabend im Viertelfinale gegen Spanien passiert, die Schweizer Fans können sich auf eines verlassen: Die Zukunft der Nati sieht rosig aus – und ist vielleicht auch schon angekommen.