Der robuste Problemfall
Donnerstag, 7. Februar 2008
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Daniel van Buyten überragt alle Verteidiger des FC Bayern München - und steckt doch tief in der Krise. Welche Zukunft hat der Belgier beim Rekordmeister?
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Die Beobachter staunten nicht schlecht, als der Fels plötzlich in den Sturm rückte: Daniel van Buyten, Innenverteidiger des FC Bayern München mit dem vielsagenden Spitznamen "The Rock", trat beim letzten Testspiel vor dem Rückrundenstart gegen den TSV 1860 München als Angreifer in Erscheinung. Trainer Ottmar Hitzfeld wechselte den Belgier in der 83. Minute ein und schickte ihn nach vorne. Für den Boulevard in der bayerischen Hauptstadt bestand keine Frage: Das war die ultimative Demütigung und die endgültige Klarstellung, dass für van Buyten in München kein Platz mehr sei.
Schwierige Situation
Aus dem belgischen Führungsspieler ist im zurückliegenden Halbjahr ein Problemkandidat geworden. Daniel van Buyten, 30, stieg von der Stammkraft zum Reservisten ab. Unter Trainer Hitzfeld absolvierte der 1,96 Meter lange Verteidiger nur fünf Bundesliga-Spiele von Beginn an. In der vorherigen Saison hatte er gerade mal drei Spiele ausgesetzt. "Das ist eine schwierige Situation für mich", analysiert van Buyten die Lage, "ich bin kein Spieler für die Bank." Doch auch zum Rückrunden-Auftakt beim FC Hansa Rostock erhielten Lucio und Martin Demichelis den Vorzug.
Kapitän in Hamburg
Die aktuelle Lage ist ungewohnt für den belgischen Nationalspieler (42 A-Länderspiele): Seit seinem Karriere-Start mit 19 Jahren für den RSC Charleroi gehört er zu den Leistungsträgern, punktet nicht nur durch die körperliche Robustheit seiner 96 Kilogramm, sondern auch durch charakterliche Reife. Nach seinem Wechsel von Manchester City zum Hamburger SV im Sommer 2004 avancierte van Buyten zum Kapitän – und prägte den sportlichen Aufschwung der Norddeutschen entscheidend mit. Gute Argumente für den FC Bayern, im Sommer 2006 satte 10 Millionen Euro für ihn locker zu machen.
Starker Charakter
Was van Buyten auszeichnet, ist sein kompromissloser Einsatz. Kopfballduelle beherrscht er meist. Seine Einstellung gilt als makellos, er selber sagt: "Ich gebe immer Vollgas." In der Bundesliga profitierte er von seiner sprachlichen Stärke, der Sohn einer Hannoveranerin spricht fließend Deutsch. So hatte er kein Problem, im Team und in der Öffentlichkeit seine eigenen Ansprüche zu benennen. "Ich will irgendwann einmal in der Champions League spielen", hatte er vor etwa drei Jahren gesagt.
Abstieg unter Hitzfeld
In München bekam er vergangene Saison die Chance – und bot einen unvergessenen Auftritt beim 2:2, das sich die Bayern beim AC Milan erkämpften: Van Buyten traf damals doppelt. Allerdings warf man ihm bereits im Laufe der damaligen Saison vor, dass seine Kommunikation mit dem Innenverteidiger-Kollegen Lucio nicht so recht funktioniere. Nach dem Trainerwechsel zu Ottmar Hitzfeld sanken die Chancen für den Belgier schnell. Im UEFA-Cup bestritt er zuletzt nur einen Einsatz, in der Bundesliga durfte er gegen die starken Teams gar nicht mehr von Beginn an auflaufen. Und trotzdem: "Ich würde gerne noch zehn Jahre bei den Bayern spielen", sagt der Spieler, der als kleines Kind in Bettwäsche des Vereins schlief.
Harte Konkurrenz
Die Lage im Münchner Team ist für den Längsten der Innenverteidigung brisant. Da gibt es mit Lucio und Demichelis ein Paar südamerikanischer Defensivkräfte, das dem Europäer als technisch und taktisch überlegen gilt. Und nun kommt auch noch der 18 Jahre junge Brasilianer Breno dazu – ein 12 Millionen teurer Jung-Star, der zwar als Perspektiv-Spieler kam, sich aber bereits mit starken Trainings-Auftritten hervorgetan hat.
Freude auf Klinsmann
Dennoch sagt van Buyten: "Mein Ziel ist es, 2008 öfter zu spielen – ich will dem Verein beim Titelsammeln helfen." Beobachter des Münchner Spitzenklubs sehen ein gewichtiges Argument für den Belgier: Er gilt als der Disziplinierteste im Kampf um die Abwehrpositionen. Ein Charakterzug, der in der entscheidenden Phase von Meisterschaft, Pokal und UEFA-Cup sehr wichtig sein dürfte. Und der Spieler selbst scheint fest an seine Perspektive zu glauben, lehnte zuletzt Angebote von Celtic FC und Everton FC ab. Und auch dem neuen Bayern-Coach Jürgen Klinsmann, der im Sommer die Leitung übernimmt und eigentlich eher leichtfüßige Verteidiger bevorzugt, sieht er optimistisch entgegen: "Ich freue mich auf ihn", sagt van Buyten.