Tamás Szántó, der Senkrechtstarter bei Rapid
Montag, 17. Oktober 2016
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Noch vor wenigen Monaten war der ungarische Mittelfeldspieler von Rapid Wien ein unbeschriebenes Blatt. Nun ist er die Entdeckung der Saison und gab UEFA.com sein erstes Interview.
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Es war der Start in eine neue Ära. Am 16. Juli eröffnete der SK Rapid das neue Weststadion mit einem Sieg gegen Chelsea. Völlig überraschend stand dabei ein gewisser Tamás Szántó in der Startelf der Grün-Weißen.
Ein Name, den wohl nur Experten ein Begriff war. Er machte seine Sache so gut, dass er seitdem ein fixer Bestandteil in den Überlegungen von Trainer Mike Büskens ist. UEFA.com gab der Senkrechtstarter nun sein erstes Interview überhaupt.
Souverän und keine Spur von Nervosität. Der 20-Jährige spricht genauso, wie er spielt. "Ich versuche, einfach alles auszublenden. Ich lasse mich nicht beeinflussen. Weder von Zuschauern, noch vom Gegner. Das gelingt mir momentan nicht so schlecht", so der Ungar in akzentfreiem Deutsch.
"Ich bin ja auch schon fünf Jahre hier", entgegnet Szántó entrüstet, als er auf sein sprachliches Geschick angesprochen wird. So als ob es eine Selbstverständlichkeit wäre. Die allermeisten Leute können einen gewissen Akzent nie ablegen, wenn sie eine neue Sprache lernen. Bei Szántó fällt es wieder in die Kategorie "Souveränität".
Von Rapid wurde er bei einem U14-Testspiel seines damaligen Klubs FC Sopron entdeckt. "Anscheinend war ich da ganz gut. Die damaligen Trainer haben mich gefragt, ob ich es mir bei Rapid anschauen möchte." Zwei Jahre lang pendelte Szántó jeden Tag aus Westungarn in die österreichische Hauptstadt. "Ich bin ja noch normal in die Schule gegangen. Mein Vater hat mich zum Training geführt und wieder abgeholt. Es war nicht leicht, aber das gehört dazu."
Bis vor wenigen Monaten spielte der offensive Mittelfeldspieler noch bei den Rapid Amateuren in Österreichs dritthöchster Leistungsstufe. Jetzt im Sommer bekam er eben gegen Chelsea seine Chance in der ersten Elf – und das auch nur durch einen glücklichen Zufall. Stefan Schwab, der etatmäßig für die Position vorgesehen war, musste noch bei der Hochzeit seines Bruders als Trauzeuge aushelfen und verpasste so die erste Halbzeit. Szántó überzeugte.
Meistens wird er als Zehner im offensiven Mittelfeld aufgeboten. Auch als Achter kann er einspringen. Vergangene Saison war der 20-Jährige bester Torschütze der Amateure, in dieser Saison traf er zwei Mal. "Ich mag es, wenn das Tor in der Nähe ist. Ich spekuliere oft auf die zweiten Bälle. Bei Abprallern von Flanken oder bei Pässen in den Rückraum erspare ich mir die Wege nicht. Dadurch komme ich eben auch zu Chancen."
Andere Positionen liegen ihm laut Eigendefinition nicht: "Für einen Sechser fehlt mir die Robustheit, für den Flügel fehlt mir ein wenig die Schnelligkeit." Die Physis gilt noch als Schwachstelle, daran arbeitet der Ungar jeden Tag in der Kraftkammer.
Vor wenigen Tagen feierte Szántó jetzt auch sein Debüt in der ungarischen U21-Nationalmannschaft. Das A-Team gilt als mittelfristiges Ziel. Trainer Bernd Storck sollte ihn jedenfalls auf seiner Liste haben. "Vor einem Jahr war ich im ungarischen 35-Mann-Großkader für die U20-Weltmeisterschaft. Bei einem Lehrgang habe ich auch ein paar Worte mit ihm gewechselt, seitdem aber nicht mehr", so Szántó.
László Kleinheisler oder Ákos Elek spielen in der ungarischen Auswahl auf seiner Position. Sind das Leute, gegen die er sich durchsetzen kann? "Ich denke schon. Wenn ich bei Rapid weiter so spiele und mir hin und wieder Tore gelingen, dann werde ich auch irgendwann im Nationalteam meine Chance bekommen. Aber das ist noch Zukunftsmusik." Wer weiß, vielleicht muss ja wieder jemand als Trauzeuge einspringen. Oder Szántó braucht gar keine Hilfe von außen mehr. Auch möglich.