Alte Liebe rostet nicht

Ganz Fußball-Deutschland diskutierte in den letzten Tagen über den Mann mit der Nummer 10 von Hannover 96: Neuzugang Szabolcs Huszti. Den Ungarn hatte nach dem späten Siegtor in der Bundesligapartie gegen den SV Werder Bremen die Euphorie übermannt. Das führte dazu, dass der 29-Jährige vor lauter Freude zunächst jubelnd sein Trikot über den Kopf zog und dann auch noch auf einen Zaun kletterte, um den Treffer im Nordderby gemeinsam mit den Fans zu feiern. Beide Aktionen für sich sind mit einer Gelben Karte zu ahnden, und so schickte Schiedsrichter Deniz Aytekin den Helden des Tages mit einem Platzverweis zum Duschen.

Dabei ging völlig unter, das Huszti gegen Bremen neben dem Tor einen weiteren Treffer und eine Vorlage zum Sieg beisteuerte. Doch damit nicht genug. Mit seinen vier Vorlagen gegen den VfL Wolfsburg am Spieltag davor ist der Neuzugang von FC Zenit St. Petersburg der Top-Scorer der Bundesliga, und das noch vor zwei Akteuren des FC Bayern München. "Einer der besten Kreativspieler der Bundesliga", lobte Coach Mirko Slomka. Auch Keeper Ron-Robert Zieler schwärmt vom Flügelflitzer, wenn er sagt: "Fantastisch, was er die letzten beiden Spiele geleistet hat." Kapitän Steven Cherundolo fügt hinzu: "Die letzten beiden Spiele von ihm waren Weltklasse."

Und diese Weltklasse-Leistungen haben die Hannoveraner zu einem Schnäppchenpreis eingekauft. Nicht mal eine Million Euro musste Präsident Martin Kind für den Ungarn im Sommer an St. Petersburg überweisen. Wesentlich mehr hatte Huszti gekostet, als er Hannover 2009 in Richtung Russland verlassen hatte. Zwischen 2006 und 2009 war Huszti der Publikumsliebling in Hannover. Er war es zum Beispiel, der die Niedersachsen 2008 an einem verregneten Mittwoch zum einzigen Auswärtssieg der Vereinsgeschichte beim FC Bayern München schoss. Vielleicht sagte er auch deshalb nach seiner Rückkehr trotz massiver Gehaltskürzungen: "Es fühlt sich ein bisschen an, wie nach Hause zu kommen."

Einer der Gründe für die Rückkehr war sicherlich auch der erneute Einzug seiner "Alten Liebe" in die UEFA Europa League. In der Qualifikation zur Gruppenphase zahlte der Flügelflitzer das in ihn gesetzte Vertrauen dann auch mit Scorer-Punkten zurück. Eine Vorlage gegen Saint Patrick's Athletic FC und gleich zwei Tore im Rückspiel gegen WKS Śląsk Wroclaw machten die erneute Teilnahme an der Gruppenphase perfekt.

Zum Auftakt muss der Vorjahres-Viertelfinalist zum FC Twente, der im Moment in der niederländischen Liga für Furore sorgt. Fünf Spiele, fünf Siege, Tabellenführer. Im letzten Jahr scheiterte Enschede, das vom ehemaligen Bundesligatrainer Steve McClaren betreut wird, im Achtelfinale am FC Schalke 04. Überhaupt sind die Niederländer Spezialisten für deutsche Teams. So trifft Enschede die fünfte Saison in Folge auf einen Bundesligaverein.

Nach Schalke und Werder Bremen dürfen sich jetzt die Hannoveraner mit dem niederländischen Meister von 2010 messen. Huszti freut sich drauf und ist sich sicher: "Wenn wir unsere Leistung abrufen, können wir mit vielen Mannschaften mithalten!" Und sollte der Ungar tatsächlich in Enschede ein Tor erzielen, steht eines fest: Das Trikot bleibt an, und um die Zäune in De Grolsch Veste macht er ebenfalls einen großen Jubelbogen.