Müller: "Man fiebert mit wie ein Fan"
Dienstag, 5. Juli 2016
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"Es wird wieder ein Spiel auf Messers Schneide", sagt Thomas Müller im Hinblick auf #GERFRA. Außerdem spricht er über die Achterbahnfahrt gegen Italien und seine Torflaute.
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Ein episches Viertelfinale liegt hinter uns. Was war denn eigentlich schwieriger: Die körperliche oder die mentale Regeneration?
Nach so einem Spiel über 120 Minuten gehört auch die körperliche Regeneration dazu, aber da sind wir top versorgt. Vom zeitlichen Ablauf gab es auch genug Möglichkeiten, den Kopf frei zu kriegen. Wir freuen uns jetzt darauf, dass es weiter geht. In der heißen Phase des Turniers kann es jetzt gar nicht schnell genug zum nächsten Spiel kommen.
Es gab genug Menschen, die beim Elfmeterschießen nicht mehr hinschauen konnten. Wie war denn Ihre Gefühlswelt am späten Abend in Bordeaux?
Grundsätzlich will man nie ins Elfmeterschießen. Du willst das Ding vorher entscheiden. Ich habe uns schon auch in der stärkeren Position gesehen. Körperlich und auch spielerisch. Ich dachte: Wenn noch jemand ein Tor erzielen kann, dann sind wir das.
Deswegen hätte man auch gerne dieses Glücksspiel Elfmeterschießen vermieden. Obwohl wir ja Manuel Neuer im Tor haben und deshalb gegen jede Mannschaft der Welt immer im Vorteil sind.
Bei Elfmeterschießen weiß man nie, wie es ausgeht. Wir wollten deshalb in der Verlängerung treffen, aber das ist nicht passiert. Dann kam es zum Elfmeterschießen und die Schützen waren schnell gefunden. Man fiebert mit wie ein Fan, aber man hat etwas mehr Erfahrung und zittert nicht ganz so. Als Zuschauer, wenn man es nicht beeinflussen kann, ist man noch aufgeregter als die Spieler. Aber es war schon eine Achterbahnfahrt.
Was ist Ihnen auf dem Weg zurück vom verschossenen Elfmeter durch den Kopf gegangen?
Man muss sich davon freimachen. Es kann selbst den Größten im Sport passieren. Aber es ist Sport und dementsprechend ist man enttäuscht, wenn man den Elfmeter nicht verwandelt. Aber ich hatte trotzdem noch große Hoffnung, dass meine Teamkollegen meinen Allerwertesten retten werden. So ist es Gott sei Dank auch passiert.
Weil Sie gerade über einen "klaren Plan" geredet haben... Wie denken Sie über Ihre erneute Technikumstellung, oder hat Gianluigi Buffon als alter Hase einfach einen guten Riecher gehabt?
Ich habe lange gewartet, aber Buffon hat auch sehr lange gewartet und eine gute Reaktion gezeigt. Er hat das richtige Eck erwischt. Wenn er so lange stehen bleibt, muss ich mich auch irgendwann entscheiden. Aber das Thema ist jetzt abgehakt und wir blicken nach vorne.
Einverstanden. Jogi Löw hat gestern gesagt: "Wenn es darauf ankommt, dann trifft der Müller." Die offensichtliche Frage muss dann ja lauten: Wann kommt es darauf an?
Für mich ist es natürlich schön, wenn der Trainer hinter mir steht. Aber dieses Gefühl habe ich schon immer gehabt und das gilt auch für meine Mitspieler, die alle an mich glauben.
Was diese Aussage im Detail betrifft: Sie war eher dazu da, um mich vor diesen ganzen Fragen zu schützen. Ich verstehe natürlich, dass die Erwartungshaltung hinsichtlich Toren von mir hoch war. Aber das ist nicht das Entscheidende im Sport und im Fußball. Es kommt auf die Gesamtleistung an, die man für die Mannschaft einbringt.
Natürlich bleibt ein Tor weiterhin mein Ziel. In den nächsten Spielen kommt es drauf an und ich bin sehr bestrebt, dass ich die Worte des Bundestrainers mit Leben füllen kann.
Gegen Frankreich müssen Umstellungen vorgenommen werden. Kommt es dadurch zu Problemen für die Statik und die Laufwege?
Eigentlich nicht. Wir sind sehr breit aufgestellt und haben viele Spieler, die annähernd einen 1:1-Ersatz für die gesperrten und verletzten Spieler darstellen. Da haben wir eine Luxussituation.
Als Mannschaft müssen wir jetzt für die Spieler da sein, die nun hereinkommen. Die müssen ja auch erst einmal integriert werden. Ich gehe aber davon aus, dass dies reibungslos funktioniert.
Wie gut ist Frankreich momentan drauf?
Es ist eine Mannschaft mit sehr viel individueller Qualität. Sie haben ihre Offensivkraft gegen Island demonstrativ zur Schau gestellt. Wir wissen, was auf uns zukommt. Wir wollen sie nicht unbedingt kontern sehen und wollen einfache Fehler vermeiden. Dementsprechend haben wir einen klaren Plan. Es wird aber wieder ein Spiel auf Messers Schneide, wie immer auf diesem Niveau.
Das Szenario, ein Halbfinale gegen den Gastgeber zu spielen, ist ja bekannt. Wie nimmt man das ganze Drumherum wahr?
Ich kann mir vorstellen, dass Frankreich auch einen gewissen Druck verspürt, vor eigenem Publikum zu spielen. Wir haben damit gute Erfahrungen gemacht. Aber ich gehe nicht davon aus, dass es wie vor zwei Jahren zur Halbzeit 5:0 für uns stehen wird. Zuversichtlich bin ich trotzdem.