Vidal: Ein Krieger für alle Fälle
Donnerstag, 23. Juli 2015
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"Wenn ich in den Krieg ziehen müsste, würde ich ihn immer mitnehmen", hat Gianluigi Buffon einst über Arturo Vidal gesagt. Ein Aggressivleader als fehlendes Element im Überkader?
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Krachertransfer für den FC Bayern: Mit vierjähriger Verspätung hat Arturo Vidal doch seinen Weg an die Säbener Straße gefunden. Nachdem alle Parteien Einigkeit erzielt haben und der Medizincheck erfolgreich war, hat der 28-jährige Chilene nun einen Vierjahres-Vertrag unterschrieben. Der enorme Konkurrenzkampf im Mittelfeld muss damit neu definiert werden, unter dem Strich ist es aber eine richtige Kampfansage des Rekordmeisters.
"Am liebsten hätte ich tausend Mittelfeldspieler", hat Josep Guardiola vor einigen Wochen scherzhaft gesagt. In jedem Witz steckt aber auch ein Funken Wahrheit, denn wie ist es anders zu erklären, dass der FCB jetzt vor allem im zentralen Mittelfeld Qualität in Hülle und Fülle vorweisen kann. Philipp Lahm, Xabi Alonso, Thiago Alcántara, Javi Martínez, David Alaba, Sebastian Rode, Pierre-Emile Höjbjerg, Joshua Kimmich, Gianluca Gaudino und Jan Kirchhoff können dort eingesetzt werden - eine beeindruckende Liste, die mit Vidal noch an Attraktivität gewinnt.
Guardiola ist ein großer Freund von vielseitigen und technisch gut ausgebildeten Spielern, deshalb wird ein kompletter Fußballer wie Vidal auch schnell seinen Platz im System der Bayern finden. Fließendes Verschieben, aus der Tiefe in gefährliche Zonen einlaufen, schnelles Passspiel - alles Aufgaben, die der Chilene intuitiv beherrscht.
Und nach dem Abgang von Bastian Schweinsteiger hat man sich auch wieder einen Krieger in die Mannschaft geholt, der in Sachen Aggressivität und Zweikampfhärte vielleicht noch einen Deut höher einzustufen ist als der "Fußballgott". Einen Aggressivleader wie Vidal hatte man in München schon immer gern, wie unter anderem Stefan Effenberg oder zuletzt Mark van Bommel.
Sollte es in der Bundesliga Vereine geben, die sich realistische Hoffnungen machen, die Bayern nach drei Meistertiteln in Folge vom Thron zu stoßen - sie werden einmal mächtig geschluckt haben.
Es ist nicht nur so, dass Vidal die Liga aus seiner Zeit bei Bayer Leverkusen schon bestens kennt und ihr auch seinen Stempel aufdrücken kann (in seinem letzten Jahr für die Werkself war er an 21 Treffern direkt beteiligt), der Transfer zementiert zudem das Münchner Bestreben, selbst bei Rotation niemals auch nur eine bessere B-Elf auflaufen lassen zu wollen. Ein spannendes Titelrennen bis zum Schluss? Daran mag man momentan nicht so recht glauben.
Mit Vidal rüstet Bayern aber auch sein Waffenarsenal für die UEFA Champions League auf. Nach zwei Halbfinalpleiten in Folge darf im dritten Guardiola-Jahr gerne wieder das Endspiel her, schon mit der Verpflichtung von Douglas Costa wurde an einer lockeren Stellschraube gedreht.
Die technischen und taktischen Möglichkeiten sind immens vielfältig, was alleine keine Garantie für einen erfolgreichen Lauf in der Königsklasse ist. Breiter aufgestellt - und damit auch für eventuelle Verletzungen gerüstet - ist in Europa aber sonst niemand.
Was bedeutet der Abgang für Juventus? Die Italiener, die den Chilenen 2011 dem FCB vor der Nase weggeschnappt hatten, dürfen sich erstens über eine stattliche Ablösesumme freuen. Zweitens bleibt festzuhalten, dass die letzte Saison des Chilenen wohl die schlechteste für die Bianconeri war - trotz Einzug in das Finale der UEFA Champions League.
Als offensiver Mittelfeldspieler in einem 4-3-1-2-System markierte er wettbewerbsübergreifend nur acht Tore. In den beiden Spielzeiten zuvor hatte er insgesamt noch 33 Treffer erzielt.
Wegen Knieproblemen musste sich Vidal vor der FIFA-WM 2014 einer Operation unterziehen und erntete Kritik dafür, dass er bei der Endrunde dennoch auf dem Platz stand. In der Hinrunde 2014/15 wurden ihm daraufhin Fitnessprobleme nachgesagt, doch im weiteren Verlauf der Saison wusste er sich zu steigern. "Vidal läuft jetzt nicht mehr den Gegnern hinterher", sagte Trainer Massimiliano Allegri. "Er läuft sie jetzt endlich an."
Im Finale der Königsklasse handelte sich Vidal früh eine Gelbe Karte ein und hätte mehrfach vom Platz fliegen können, in der kritischen Phase der zweiten Halbzeit konnte er deshalb seine wirklichen Qualitäten kaum noch einbringen. Ein Sieg gegen Barcelona in Berlin hätte alles überstrahlt, so geriet Vidal wegen Problemen abseits des Rasens in die Schlagzeilen. War es für Juve am Ende ein Skandal zu viel?
Den Bayern-Fans wird es egal sein, sobald der Mann mit den ausgefallenen Frisuren für die Roten in die Schlacht zieht.