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Scouting im Zeitalter von KI: Warum menschliche Intuition immer noch wichtig ist

Entwicklung

Im Rahmen des UEFA-Programms zum Elite-Scouting kamen 32 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus aller Welt zusammen, um sich mit den aktuellen Herausforderungen dieser Rolle auseinanderzusetzen und zu lernen, wie die Talentsichtung im digitalen Zeitalter optimiert werden kann.

Teilnehmende des UEFA-Programms zum Elite-Scouting 2025.
Teilnehmende des UEFA-Programms zum Elite-Scouting 2025. UEFA via Getty Images

Künstliche Intelligenz ist im Fußball längst kein Konzept einer fernen Zukunft mehr, sondern tägliche Realität. Sie prägt die Art und Weise, wie Vereine Leistung analysieren, Verträge verwalten und Talente erkennen. Aber kann KI wirklich Neues bewirken? Oder werden diejenigen, die sie sich zunutze machen, die treibende Kraft hinter dem Wandel sein?

Diese Frage stand im Zentrum des Kurses im Rahmen des UEFA-Programms zum Elite-Scouting vergangene Woche in der olympischen Hauptstadt. Der von der UEFA Academy durchgeführte dreimonatige Kurs richtet sich an erfahrene Scouts, Coaches sowie ehemalige Spielerinnen und Spieler. Das Programm umfasst Online- sowie Präsenzkurse in London, Lissabon und der Schweiz (Nyon und Lausanne) und verbindet Theorie mit Praxis, um die Teilnehmenden auf künftige Herausforderungen im Scouting vorzubereiten.

Auch die ehemaligen Nationalspieler Bafétimbi Gomis, Bernard Mendy und Maxime Chanot waren dabei und wurden von Sportdirektor Stéphane Henchoz, einem ehemaligem Schweizer Nationalspieler und Liverpool-Profi, am Sitz des Schweizer Erstligisten Lausanne Sport begrüßt. Der Verein, der derzeit an der UEFA Conference League teilnimmt, bot einen passenden Rahmen für Diskussionen über Herausforderungen im Bereich Talentrekrutierung und darüber, wie technologische Hilfsmittel – insbesondere künstliche Intelligenz (KI) – die Art und Weise verändern, wie Scouts Talente erkennen und bewerten.

Die menschliche Herausforderung beim Scouting

Luis Campos bei der Ausgabe 2025.
Luis Campos bei der Ausgabe 2025.UEFA via Getty Images

Kursleiter Luís Campos, ehemaliger Scout und taktischer Analyst bei Real Madrid, ist aktuell Fußballberater bei Paris Saint-Germain und fasste die größten Herausforderungen für Scouts zusammen: Es gehe nicht nur darum, technische Fähigkeiten zu erkennen, sondern auch vorherzusagen, wie ein Spieler oder eine Spielerin zur Identität und Kultur eines Teams passt. Diese Fähigkeit lässt sich nicht ohne Weiteres durch Technik ersetzen.

„Das Schwierigste am Scoutings ist es, das Potenzial eines Spielers in unserem Umfeld einzuschätzen“, so Campos. „Es geht nicht nur darum, was sie heute auf dem Platz leisten, sondern auch darum, ob ihre Qualitäten mit der Philosophie und den Bedürfnissen meines Klubs übereinstimmen.“

Campos ist neben Les Reed und Paul Mitchell, die für die ersten beiden Kursteile verantwortlich waren, einer der drei Kursleiter.

KI: Ein leistungsstarkes Tool

Bafétimbi Gomis bei der Ausgabe 2025.
Bafétimbi Gomis bei der Ausgabe 2025.UEFA via Getty Images

„KI gehört zu unserem Tagesgeschäft. Das steht außer Frage“, sagt Marco Otero, technischer Berater der FIFA. „Alles, was messbar ist, geht mit KI schneller als von Hand. Große und kleinere Vereine können so schneller agieren.“

Von der automatisierten Videoanalyse bis hin zu Prognosemodellen kann KI Prozesse beschleunigen, die früher Stunden oder Tage gedauert haben. Auch bei der Spielervermittlung ist es von Vorteil. Yago Roma, Spielervermittler und Absolvent des UEFA-Programms für Spielervermittler/-innen, erklärt: „Ich nutze KI inzwischen vielseitig – etwa zum Auffinden relevanter Rechtsprechung, zum Vergleich von Verträgen oder zum Sammeln von Informationen aus verschiedenen Märkten. Das macht meine Arbeit effizienter.“

Die Grenzen der Technologie

Doch trotz ihrer Geschwindigkeit und Präzision hat KI ihre Grenzen.

„Ein guter Scout oder Coach zu sein, ist eine Kunst. Selbst wenn die Daten sagen, dass dieser oder jener Spieler perfekt ist – machmal ist die Intuition doch stärker“, erklärt Otero. „KI kann heute nur in Einsen und Nullen messen – aber der Fußball steckt voller Nuancen. Potenzial ist keine Zahl; es geht darum, was die Zukunft bereithält. Und das lebt im Kopf eines Spielers. Die KI kann nicht fragen: Was war dein Plan? Hier bleibt der menschliche Einblick unersetzlich. KI hilft nur dabei, effizienter zu sein.“

Yago Roma stimmt zu: „KI wird den Fußball nicht verändern. Es sind die Menschen, die wissen, wie man sie einsetzt, die dies tun werden. Für Scouts besteht die Herausforderung darin, beide Welten zu beherrschen: Es geht darum, ihr Auge und ihre Intuition zu schärfen und sich gleichzeitig KI zunutze zu machen, um die Arbeit intelligenter zu gestalten.

„Wenn man ein Spiel mit KI analysiert und einen Rechtsverteidiger sucht, sagen einem die Daten vielleicht, wer für diese Position geeignet ist. Aber die Aufgabe der Scouts ist es, über die Zahlen hinaus den Spieler zu finden, der nicht nur aufgrund taktischer Vorgaben glänzt, sondern vor allem die benötigten Qualitäten hat, um sich auszuzeichnen. Das bezeichnet man als Potenzial und das kann nur das menschliche Auge entdecken.“

Trainerperspektive: Effizienz und das Wesen des Fußballs

Teilnehmende bei einem Kurs im Rahmen des UEFA-Programms zum Elite-Scouting 2025.
Teilnehmende bei einem Kurs im Rahmen des UEFA-Programms zum Elite-Scouting 2025.UEFA via Getty Images

Ein ähnlicher Ansatz gilt für Trainerinnen und Trainer: KI spart Zeit, bringt aber keinen grundlegenden Wandel. Damien Della Santa, ehemaliger Trainerassistent der ersten Mannschaft von Olympique Lyon und OGC Nizza hat, bringt es auf den Punkt:

„Computer haben den Fußball nicht verändert, und KI wird das auch nicht tun. Das Geschäft mit dem Sport entwickelt sich weiter, doch sein Wesen bleibt unverändert.“

Für Della Santa geht es beim Einsatz von Technologie darum, Zeit für das Wesentliche zu gewinnen:

„Ich nutze KI, um Zeit zu sparen und mich darauf zu konzentrieren, den menschlichen Umgang zu pflegen. Wenn ich weniger Zeit mit der Zusammenfassung von Daten verbringe, habe ich mehr Zeit mit den Spielern auf dem Platz.“

Er warnt jedoch vor blindem Vertrauen:

„Die große Gefahr sind Äußerungen wie: ,Die KI hat gesagt’. KI kann nicht kreativ sein. Sie kann nur reproduzieren, was bereits existiert. Kreativität ist der Funke, der ein Spiel verändert, und die muss vom menschlichen Verstand ausgehen.“

Vorbereitung auf künftige Entwicklungen

Das UEFA-Programm zum Elite-Scouting erkennt die Notwendigkeit an, ein Gleichgewicht zwischen Technologie und menschlichen Qualitäten zu finden. Scouts wird vermittelt, wie sie KI einsetzen können, ohne die Kunst der Talentsichtung zu verlieren. Denn im Fußball wie im Leben kann Technologie das Leben erleichtern, die menschliche Komponente aber niemals ersetzen.

Mit dem Abschluss des Kurses erlernen die Teilnehmenden:

  • ein tieferes Verständnis für das Fußball-Ökosystem und seine Governance;
  • die wichtigsten Grundsätze des Scoutings und der Spielbeobachtung, einschließlich Talentsichtung, Analyse und Rekrutierung;
  • verschiedene Arten der Erstellung von Spielberichten – von Texten über Animationen bis hin zu Videos;
  • Sicherheit im Umgang mit Technologien zur Beobachtung von Fußballdaten und -statistiken und Innovationen in diesem sich schnell verändernden Bereich.

Informationen zur UEFA Academy

Auf Grundlage der professionellen Exzellenz, welche die UEFA in der Vergangenheit begründet hat, und der in den letzten zehn Jahren entwickelten Ausbildungsprogramme wird im Rahmen der UEFA Academy die Aus- und Weiterbildung von Personen sowie die Weiterentwicklung von Organisationen gefördert, damit der Fußball sich kontinuierlich verbessern kann.

Seit ihrer Gründung hat die Akademie mehr als 4 000 Absolvent/-innen aus 145 Nationen weltweit hervorgebracht und bietet jedes Jahr 62 Studienprogramme an.