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Ein Gespräch mit Carine N’koué, der neuen Generalsekretärin der UEFA-Stiftung für Kinder

Die UEFA

Carine N’koué, die neue Generalsekretärin der UEFA-Stiftung für Kinder, berichtet über ihre Erfahrungen im humanitären Bereich, ihren Arbeitsalltag und ihre Vision für die Stiftung.

Carine N’koué und am Mpira-Fursa-Projekt teilnehmende Mädchen in Tansania.
Carine N’koué und am Mpira-Fursa-Projekt teilnehmende Mädchen in Tansania. UEFA-Stiftung für Kinder

Seit mehr als zehn Jahren setzt sich Carine N’koué für verschiedenste humanitäre Projekte ein und erhält dabei wertvolle Einblicke, was die verschiedenen Herausforderungen anbelangt, mit denen benachteiligte Kinder und Menschen weltweit konfrontiert sind. Aufgrund ihrer langjährigen Zusammenarbeit mit der UEFA-Stiftung für Kinder und ihres unermüdlichen Engagements im humanitären Bereich wurde sie im Juni 2024 zur Generalsekretärin der Stiftung ernannt. Im folgenden Gespräch berichtet Carine N’koué über ihren Werdegang und die Wirkung, welche die Initiativen der UEFA-Stiftung erzielen. Außerdem erläutert sie, wie sie den Fußball nutzen möchte, um für positiven Wandel zu sorgen.

Weitere Informationen über die UEFA-Stiftung für Kinder

Carine, herzlichen Glückwunsch zur Ernennung als Generalsekretärin! Wie sind Sie zur UEFA-Stiftung für Kinder gestoßen und wie haben Sie bislang mit dieser zusammengearbeitet?

Ich bin seit der Gründung der Stiftung involviert. Ich kenne das Umfeld seit 2013, als ich in Jordanien tätig war. Während der Flüchtlingskrise in Syrien habe ich mit der UEFA und dem Asiatischen Fußballentwicklungsprogramm zusammengearbeitet. Als 2015 die UEFA-Stiftung für Kinder gegründet wurde, habe ich meine Arbeit unter ihrem Dach fortgesetzt. Ich habe mehr als vier Jahre lang Projekte in jordanischen Flüchtlingslagern wie Za’atari und Azraq umgesetzt. Es ging uns vor allem um die Integration von Flüchtlingskindern und die Förderung von sozialem Zusammenhalt. Dabei haben wir Fußball, aber auch Sport im Allgemeinen genutzt, um Gutes zu tun.

Wie haben Ihre Erfahrungen aus erster Hand, insbesondere in den Flüchtlingslagern, Ihre Sichtweise und Ihre Vision für die Stiftung geprägt?

Der tägliche Umgang mit den Kindern und ihren Familien in den Lagern hat mich als Person, aber auch meine Sichtweise der Dinge extrem beeinflusst. Das Engagement vor Ort hat mir wertvolle Einblicke in die unterschiedlichen Realitäten und Herausforderungen gegeben, mit denen Menschen konfrontiert sind. Das ist für meine Arbeit bei der UEFA-Stiftung besonders wertvoll.

„Das Engagement vor Ort hat mir wertvolle Einblicke in die unterschiedlichen Realitäten und Herausforderungen gegeben, mit denen Menschen konfrontiert sind.“

Carine N’koué, Generalsekretärin der UEFA-Stiftung für Kinder.

Diese Erfahrungen haben mir vor Augen geführt, dass die Begünstigten unserer Arbeit nicht nur Zahlen sind; sie sind eben Menschen mit ganz eigenen Träumen und Problemen. Ich bin der festen Überzeugung, dass es wichtig ist, unsere Projektpartner regelmäßig zu besuchen und mit den Menschen vor Ort zu sprechen, damit wir die Bedürfnisse der Kinder besser verstehen und besser auf sie eingehen können, und damit wir ihrer Realität gerecht werden und unsere Unterstützung bestmöglich auf diese zuschneiden können.

Carine N’koué beim Besuch eines Projektpartners.
Carine N’koué beim Besuch eines Projektpartners.UEFA-Stiftung für Kinder

Wie fühlt es sich an, die UEFA-Stiftung zu leiten, die bald ihr zehnjähriges Bestehen feiert?

Das ist eine spannende Aufgabe und eine große Verantwortung, vor allem nach zehn Jahren so wichtiger Arbeit. Wir wollen unsere Aktivitäten weiterentwickeln und gleichzeitig die Stellung der Stiftung stärken. Wir möchten unsere Mitglieder, Verbände, Vereine, Spielerinnen und Spieler sowie Sponsoren noch stärker in Projekte im Bereich der sozialen Verantwortung einbinden, um einen größeren Einfluss auf das Leben der Menschen vor Ort und von Kindern auf der ganzen Welt zu haben. Es gibt noch viel zu tun, aber mit Blick auf die Zukunft bin ich bin zuversichtlich. Ich kann nur nochmal betonen, dass Fußball dabei eine wichtige Rolle spielt, denn er bringt Menschen überall auf der Welt zusammen. Er hat einen äußerst positiven Einfluss auf das Leben vieler Menschen, insbesondere auf Kinder.

Welche Herausforderungen sehen Sie für die Stiftung in den kommenden Jahren und wie werden sich deren Aufgaben verändern?

Die Stiftung wird weiterhin für Impulse sorgen. Sie bringt Partner mit dem gemeinsamen Ziel zusammen, benachteiligten Kindern weltweit durch die Kraft des Fußballs und des Sports zu helfen.

„Unsere Rolle besteht darin, besonders benachteiligten Kindern eine Stimme zu geben und unsere strategische Position zu nutzen, um verschiedene Partner zusammenzubringen, damit wir gemeinsam mehr Einfluss nehmen können.“

Carine N’koué, Generalsekretärin der UEFA-Stiftung für Kinder.

Wir müssen uns auf die Bedürfnisse der im Rahmen unserer Projekte betreuten Kinder konzentrieren und sie in den Mittelpunkt unseres Handelns stellen. Unsere Rolle besteht darin, besonders benachteiligten Kindern eine Stimme zu geben und unsere strategische Position zu nutzen, um verschiedene Partner zusammenzubringen, damit wir gemeinsam mehr Einfluss nehmen können.

Wie können Fußball und andere Sportarten zur Förderung und zum Wohlergehen benachteiligter Kinder in aller Welt beitragen?

Sport und insbesondere der Fußball haben die Kraft, Menschen zusammenzubringen; er fördert die Gesundheit und vermittelt gleichzeitig wertvolle Kompetenzen für das Leben. Die Projekte der UEFA nutzen den Fußball zur Förderung der Persönlichkeitsentwicklung und eines gesunden Lebensstils, aber auch zur Gleichstellung, zur Inklusion von Kindern mit Behinderung und zur gesellschaftlichen Integration.

In diesem Jahr werden 72 Projekte in 80 Ländern mit insgesamt EUR 5 Mio. unterstützt. Außerdem nutzen wir UEFA-Wettbewerbe, um Kindern die Gelegenheit zu geben, Spiele zu besuchen, Spieler zu treffen oder um auf die gemeinnützige Arbeit unserer Partner aufmerksam zu machen.

So wurden im vergangenen Sommer bei der EURO 2024 im Rahmen des Projekts „10 000 Smiles“ 10 000 Tickets an benachteiligte Kinder und Jugendliche in allen zehn Austragungsstädten verschenkt.

Arbeit der UEFA-Stiftung für Kinder bei der EURO 2024
Carine N’Koué spricht am UEFA-Kongress 2024.
Carine N’Koué spricht am UEFA-Kongress 2024.UEFA

Was sind die größten Erfolge der Stiftung in den letzten zehn Jahren?

Es ist schwer, sich zu festzulegen, doch die Arbeit mit Kindern in jordanischen Flüchtlingslagern wie Za’atari ist sicher eine Erfolgsgeschichte. Organisierte Sportaktivitäten haben den Kindern ein sicheres Umfeld geboten und sie dabei unterstützt, traumatische Erlebnisse zu verarbeiten. Zu Beginn des Projekts haben ein paar Kinder, und aus kulturellen Gründen nur drei Mädchen, in der Wüste gekickt. Heute kommt dieses Projekt rund 2 800 Jungen und 1 800 Mädchen zugute. Das Projekt war enorm erfolgreich. Wir haben damit genau das erreicht, was wir uns erhoffen, wenn wir Wohltätigkeitsorganisationen unterstützen.

Auch nach zehn Jahren nehmen wir mit diesem Projekt Einfluss. Angesichts der Situation in Syrien unterstützen wir weiterhin Flüchtlinge, die sich für eine Rückkehr in ihre Heimat entscheiden.

Wie der Fußball Kindern im Flüchtlingslager Za’atari konkret hilft

  • Eigenverantwortung: Das gesamte Projekt wird von den Flüchtlingen selbst organisiert. Syrische Geflüchtete wurden zu Coaches, Ausbildungskräften sowie für die Programmkoordination und die Übernahme von administrativen Aufgaben ausgebildet; sie übernehmen die volle Verantwortung für das Projekt..
  • Gleichstellung: Sowohl Mädchen als auch Jungen haben Zugang zu dem Projekt. Die UEFA-Stiftung für Kinder hat sichergestellt, dass der kulturelle Kontext in der Region berücksichtigt wird, und einen sicheren Ort geschaffen, um die teilnehmenden Mädchen und ihre Eltern einzubinden.
  • Sportliche Entwicklungsmöglichkeiten: Die Teams aus dem Flüchtlingslager wurden in die jordanischen Ligen integriert. Dies ist nicht nur ein echter Erfolg mit Blick auf die weitere sportliche Entwicklung, sondern auch eine beeindruckende Leistung im Hinblick auf den sozialen Zusammenhalt. Wenn die Kinder das Lager verlassen, um mit anderen Kindern zu spielen, entstehen für sie neue Perspektiven.

Ein weiteres gutes Beispiel ist das Projekt Mpira Fursa in Tansania, in dessen Rahmen der Zugang zu Bildung für Mädchen gestärkt werden soll. In vielen Regionen des Landes hat der Schulbesuch von Mädchen keine Priorität.

Die Partnerorganisation bietet Mädchen sportliche und schulische Möglichkeiten und arbeitet dabei mit den Verantwortlichen von Ort und den Eltern zusammen, um ihnen den Stellenwert einer Schulbildung aufzuzeigen. Zunächst war der Anteil der Mädchen, die eine Schule besuchten, sehr gering und die Abbrecherquoten waren hoch. Mit dem Projekt wurde erreicht, dass sich diese Zahlen für Mädchen und Jungen nach drei Jahren anglichen; die Abbrecherquote bei Mädchen war sogar niedriger als bei Jungen. Dies zeigt, wie wichtig es ist, schulische mit sportlichen Aktivitäten wie Fußball zu verbinden.

Ein wichtiger Erfolg ist schließlich die Anerkennung unserer Arbeit durch Organisationen wie das UNHCR, die IOM und das ITC sowie durch Nichtregierungsorganisationen und andere Institutionen wie die Europäische Kommission. So wurde die UEFA-Stiftung beispielsweise bei den „Peace and Sport Awards“ als Stiftung des Jahres ausgezeichnet. Der Preis geht an Organisationen, die sich mit den Mitteln des Sports für dauerhaften Frieden einsetzen. Wir sind stolz darauf, Sponsoren erfolgreich in unsere Initiativen eingebunden zu haben, um Kindern einzigartige Möglichkeiten zu bieten, sei es durch den Einsatz als Spielerbegleitkinder oder durch unsere Unterstützung von Projekten, die sich positiv auf ihren Alltag und ihre Zukunftsperspektiven auswirken.

Gibt es bei Ihrer Arbeit mit der Stiftung Aspekte, die Ihnen besonders am Herzen liegen?

Bei unserer Arbeit geht es um Begegnungen mit Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen. Mit ihnen teilen wir schöne Momente, gehen aber auch Herausforderungen an. Zum Beispiel habe ich eines unserer Projekte auf der griechischen Insel Lesbos besucht. In einem überfüllten Aufnahmezentrum hat das UNHCR hart daran gearbeitet, die grundlegenden Bedürfnisse vieler Flüchtlinge zu decken. Ein kleiner Junge bot mir dort die Hälfte seiner Mahlzeit, als er sah, dass ich noch keine bekommen hatte. Es war ein ganz rührender Moment der Großzügigkeit von einem jungen Menschen, der doch selbst so wenig hatte.

Ich erinnere mich an eine sehr emotionale Begegnung, die wir mit Spielern organisiert haben. Beim UEFA-Superpokal letztes Jahr in Warschau war ein 15-jähriger Junge mit Behinderung zu Tränen gerührt, als er sein Idol Kylian Mbappé treffen konnte.

Auch denke ich gerne an ein Gespräch mit einem UEFA-Sponsor über die Zuteilung von Fördermitteln zurück. Es kann durchaus schwierig sein, zu erklären, dass es partizipative Lösungen braucht, anstatt den Menschen vor Ort Lösungen aufzuzwingen. Dass sich der Sponsor aber so offen und der lokalen Gemeinschaft gegenüber hilfsbereit gezeigt hat, war wirklich inspirierend.

Menschen zu treffen, die sich für die Verbesserung von Lebensbedingungen einsetzen und für ihre Rechte kämpfen, ist enorm motivierend. Diese Menschen sind die wahren Führungspersönlichkeiten und wird möchten diese auf jede erdenkliche Art und Weise unterstützen.

Carine N’koué im Gespräch mit Menschen im jordanischen Flüchtlingslager Za’atari.
Carine N’koué im Gespräch mit Menschen im jordanischen Flüchtlingslager Za’atari.UEFA-Stiftung für Kinder

Wie wichtig ist die Unterstützung, die Sie von den Interessenträgern erfahren?

Die Unterstützung durch die UEFA, die Fußballverbände, Partner sowie Botschafterinnen und Botschafter ist für die Arbeit der Stiftung von entscheidender Bedeutung. Die Interessenträger treiben unser Handeln an. Das Ganze ist eine gemeinsame Anstrengung. Ihr Engagement für die Erreichung unserer Ziele ist letztlich von großer Bedeutung. Der UEFA-Präsident, Verbände, Vereine sowie Spielerinnen und Spieler wie Eugénie Le Sommer und Ivan Rakitić, die eine Botschafterrolle übernehmen, spielen eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, unsere Projekte zu bewerben und zu unterstützen. Durch ihren Bekanntheitsgrad erreichen wir noch mehr Menschen und erzielen eine noch größere Wirkung.

„Die Unterstützung durch die UEFA, die Fußballverbände, Partner sowie Botschafterinnen und Botschafter ist für die Arbeit der Stiftung von entscheidender Bedeutung.“

Carine N’koué, Generalsekretärin der UEFA-Stiftung für Kinder

Ob durch Galaspiele, Begegnungen mit Spielern oder die Teilnahme an Zeremonien vor Spielbeginn – wir setzen uns dafür ein, dass Kinderträume wahr werden, wollen als Vorbild agieren und lenken bei den verschiedenen Anlässen die Aufmerksamkeit auf unsere Arbeit.

Die UEFA-Stiftung in Zahlen

Seit 2015 hat die Stiftung EUR 52 Mio. in 577 Projekte in 138 Ländern weltweit investiert. Dadurch konnten über 3,2 Millionen Kinder von der Arbeit der Stiftung profitieren.