The Technician: Mentale Gesundheit und Wohlbefinden von Elitecoaches
Donnerstag, 19. September 2024
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In der regelmäßig erscheinenden UEFA-Trainerpublikation geben Fachleute darüber Auskunft, wie Coaches Stressfaktoren, die sich negativ auf ihre mentale Gesundheit und ihr Wohlbefinden auswirken, bewältigen können.
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Trainerinnen und Trainer im Elitefußball sind regelmäßig intensiven und enorm anspruchsvollen Anforderungen ausgesetzt. Ohne geeignete Bewältigungstechniken, Strukturen zur Unterstützung und einer entsprechenden Selbstwahrnehmung kann der Elitefußball zum Risiko für ihre mentale Gesundheit und ihr Wohlbefinden werden.
Über die letzten zwei Jahre hat der Französische Fußballverband (FFF) die Auswirkungen des Elitefußballs auf die mentale Gesundheit und das Wohlbefinden von 200 Elitefußballcoaches untersucht. Während einer Spielzeit füllten die Coaches monatlich einen Fragebogen zu ihrer „Vitalität“ und anderen Faktoren in ihrem Leben aus.
Laut Chloe Leprince, Leiterin des FFF-Forschungszentrums in Clairefontaine, haben sich die Qualität ihrer Beziehungen und ihrer sozialen Unterstützung als wichtigste Faktoren im Zusammenhang mit mentaler Gesundheit und Wohlbefinden erwiesen.
„Diese Faktoren korrelieren am stärksten mit der Vitalität und können sich positiv und negativ auswirken. Sind die Beziehungen und die soziale Unterstützung in hohem Maße stabil, ist auch ein hohes Maß an Vitalität zu beobachten. Verschlechtert sich einer der beiden Parameter, verschlechtert sich der andere mit. Die Faktoren korrelieren also.“
Die komplexen Herausforderungen von Trainerinnen und Trainern verstehen
„Zur Verbesserung ihrer mentalen Gesundheit und ihres Wohlbefindens ist es wichtig, die komplexen Anforderungen an moderne Chefcoaches zu verstehen“, sagt der Fachberater Dr. Andy Cale, der mit Berufsverbänden, Vereinen und Trainer/-innen aus dem Fußball zusammenarbeitet.
„Der moderne Fußball ist eine sehr dynamische Branche“, so Cale, der zuvor auch als Leiter der Spieler- und Trainerentwicklung des Englischen Fußballverbands (FA) tätig war. „Man muss dafür sorgen, dass Coaches optimale Arbeitsbedingungen haben.
Für eine effektivere Unterstützung müssen wir besser verstehen, wie der ständige Erfolgsdruck, die Herausforderungen im Umgang mit einem großen Kader und Betreuerstab, das gnadenlose Pensum aus Trainingseinheiten, Spielen und Medienterminen sowie die langen Phasen fernab von Familie und Freunden sich auswirken“, so Cale weiter.
„Die sich ständig verändernde Rolle von Chefcoaches kann mit einem hohen Arbeitsaufkommen und Stressfaktor verbunden sein. Coaches haben oft zu viele Aufgaben pro Tag und keine Zeit, sie alle vernünftig zu erledigen.
Hinzu kommt, dass sie vielleicht schon seit einiger Zeit ihre Familie nicht gesehen haben. All diese Faktoren können Stress auslösen. Aufgrund des umfangreichen Anforderungsprofils und des Zeitdrucks gilt ihre Arbeit als sehr anspruchsvoll.“
Den „Superhelden-Komplex“ vermeiden
„Es ist nicht unüblich, dass Coaches als Reaktion auf die vielen Stressfaktoren im Elitefußball einen Superhelden-Komplex entwickeln“, erklärt Dr. Peter Olusoga, Psychologie-Dozent und approbierter Psychologe.
„Einige unserer Studien haben gezeigt, dass die Kultur des Hochleistungssports von Konstrukten wie Stärke, Widerstandsfähigkeit, Mut sowie Durchhaltevermögen geprägt ist und fast hypermaskulin wirkt.
Das hält Coaches davon ab, sich Hilfe zu suchen und über emotional schwierige Situationen zu sprechen. Sie entwickeln dann den sogenannten Superhelden-Komplex. Dabei geht es um das Bedürfnis, immer für alle Menschen und für alles da zu sein und nie Schwäche zu zeigen.“