Fußball in Luxemburg: nach oben keine Grenzen
Mittwoch, 6. Dezember 2023
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Im Zuge der Auslosung der UEFA EURO 2024 werfen wir einen Blick auf die Erfolgsgeschichte einer aufstrebenden Fußballnation in Europa.
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Die luxemburgische Nationalmannschaft hat gerade die erfolgreichste Saison ihrer Geschichte hinter sich. Unter der geschickten Hand von Nationaltrainer Luc Holtz landeten die roten Löwen in Gruppe J hinter Portugal und der Slowakei auf dem dritten Platz und verpassten die direkte Qualifikation für die Endrunde nach einer 0:1-Niederlage gegen die Slowaken am 16. Oktober im heimischen Stade de Luxembourg nur knapp. Nach dieser Begegnung stellte das Beobachterteam unisono fest, dass die Luxemburger ihre beste Leistung der letzten Jahre abgeliefert und den Gegner über weite Strecken dominiert hatten, auch wenn sie schlussendlich nicht als Sieger vom Platz gingen.
Die Enttäuschung konnte die Tatsache nicht trüben, dass Luxemburg zwei Siege gegen Bosnien-Herzegowina und ein Unentschieden gegen Island verbuchte und in zehn Spielen sage und schreibe 17 Punkte erzielte.
Und eine Qualifikation Luxemburgs für die Endrunde im benachbarten Deutschland ist aufgrund des guten Abschneidens in der UEFA Nations League weiterhin denkbar, denn das Nationalteam nimmt im März an den EM-Playoffs teil. Mit Blick auf eine etwaige Endrundenteilnahme müssten die Luxemburger zunächst Georgien auswärts schlagen, bevor im Playoff-Endspiel dann eine Partie gegen Griechenland oder Kasachstan vor heimischer Kulisse anstünde.
Doch bereits jetzt haben die Luxemburger ein Kapitel nationaler Fußballgeschichte geschrieben. Den bislang erfolgreichsten Qualifikationswettbewerb absolvierten die Luxemburger in der Saison 1994/95 im Hinblick auf die EURO 1996, als sie nach zwei Siegen gegen Malta, einem Unentschieden gegen Belarus und einem Sieg gegen den späteren Vizeeuropameister Tschechien insgesamt zehn Punkte verbuchen konnten. Bei der Qualifikation zur EM-Endrunde 1996 hieß der Nationaltrainer noch Paul Philipp, heute Präsident des Luxemburgischen Fußballverbands (FLF). Mit dem 2021 eröffneten und 9 000 Personen fassenden Stade de Luxembourg verfügt die aktuelle Auswahl nunmehr auch über ein imposantes Nationalstadion.
Eine klare Vision und eine Siegermentalität
Was wie ein ganz überraschender Erfolg aussieht, bedurfte einer langfristigen Planung und der Einflussnahme verschiedener Persönlichkeiten.
Luc Holtz betreute die luxemburgische U21-Auswahl, als der damalige A-Nationaltrainer Guy Hellers zurücktrat. Am 11. August 2010 gab er bei einem Freundschaftsspiel der Luxemburger gegen Wales sein Debüt als Nationalcoach, wobei die Drachen sich mit 5:1 in Llanelli durchsetzten; einen Monat später folgte eine weitere Niederlage, dieses Mal in der EM-Qualifikation gegen Bosnien-Herzegowina. In den Reihen der roten Löwen standen damals nur zwei Profifußballer: Lars Gerson, der noch immer im Kader steht, sowie Mario Mutsch, der mittlerweile als Trainerassistent fungiert. Im Laufe der Zeit vermochte es Holtz, eine andere Mentalität zu vermitteln, auf eine offensivere Spielweise zu setzen und den Trainer- und Betreuerstab auszubauen.
Diese sich herausbildende Siegermentalität wird von einem ambitionierten Programm zur Talentsuche und Nachwuchsförderung flankiert. Die Fußballakademie des Verbands unter Leitung des ehemaligen Nationalspielers Manou Cardoni ist ein wesentlicher Baustein dieser Strategie. Talentierte Junioren trainieren ab dem Alter von neun Jahren zweimal wöchentlich in einem der regionalen Zentren. Die 400 vielversprechendsten Jungen über zwölf Jahren trainieren ebenso wie 150 Juniorinnen viermal in der Woche im technischen Zentrum in Monnerich. Von Montag bis Donnerstag kann der Nachwuchs zudem medizinische und schulische Unterstützung in Anspruch nehmen.
Die Anlage in Monnerich wurde mit Mitteln aus dem UEFA-HatTrick-Programm, in dessen Rahmen Einnahmen aus der EM-Endrunde an die 55 Mitgliedsverbände für Investitionen in die Fußballentwicklung zurückfließen, erweitert und beherbergt zudem den Verbandssitz.
„Nur so können wir vorankommen und sicherstellen, dass wir im Vergleich zu anderen Ländern den Anschluss nicht verlieren“, erklärt FLF-Präsident Paul Philipp. „Unsere Akademie ist der Grundstein für zukünftige Erfolge.“
Die Ergebnisse lassen nicht auf sich warten. Mit 40 000 registrierten Spieler/-innen bei einer Gesamtbevölkerung von 600 000 Menschen hat das Großherzogtum Außerordentliches geleistet. Immer mehr junge Luxemburgerinnen und Luxemburger werden nach ihrem Abschluss an der Fußballakademie von ausländischen Vereinen rekrutiert. Mittlerweile – und beim letzten Qualifikationsspiel gegen Liechtenstein war dies offensichtlich – sind Luxemburger „Eigengewächse“ in den Ligen Aserbaidschans, Belgiens, Bulgariens, Deutschlands, Frankreichs, Schwedens, Österreichs und der Türkei vertreten.
Mit taktischer Weitsicht ist es Luc Holtz gelungen, die sehr verschiedenen Talente seines Kaders optimal und Erfolg bringend einzusetzen. Seine Kompetenz an der Seitenlinie sowie der talentierte Nachwuchs in den Startlöchern lassen viel Gutes für die Zukunft der roten Löwen verheißen.