Fußball-Ärzte bilden sich in Wien weiter
Donnerstag, 23. Februar 2012
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In Wien wurde der erste Workshop beim UEFA Football Doctor Education Programme abgehalten - eine Gelegenheit für Ärzte, zusätzliche Notfallmaßnahmen aufzuschnappen und Erfahrungen auszutauschen.
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In einem Wiener Flughafenhotel wurde der erste Workshop beim UEFA Football Doctor Education Programme abgehalten (20. bis 24. Februar). Es ist allerdings weit mehr als ein bloßes Weiterbildungs-Seminar für Fußball-Ärzte, denn mit dem Abschluss des Meetings ist für die Ärzte aller 53 Nationalverbände die Aufgabe noch lange nicht beendet.
"Sehr schnell sind wir von der klassischen Medizin - also sich nur um Patienten kümmern - zu einer viel spezialisierteren Sportmedizin gekommen. Nun kümmern sich die Ärzte nicht nur um die Gesundheit, sondern auch um den physischen Zustand und die Fitness. Wir sind eng mit der Traumatologie, Orthopädie, Physiotherapie, Psychologie und auch dem pharmazeutischen Sektor verbunden. Wir vereinen Ernährungswissenschaft und die Lehre der Hygiene, auch das kann den Unterschied ausmachen. Nun stoßen wir auch in Sektoren wie Jetlag-Vermeidung, Zurechtkommen mit Höhenunterschieden und extreme Wetterbedingungen vor", meinte Michel d'Hooghe, der Vorsitzende der medizinischen Kommission der UEFA, gleich bei seiner Eröffnungsrede zur veränderten Lage des Fachs.
Man setzt auf den Multiplikationsfaktor, denn die 53 anwesenden Ärzte alleine können noch keinen Unterschied herbeiführen. "Normalerweise ist es so, dass wenn solch ein Workshop beendet ist, die Leute auch sofort mental damit abschließen", erklärte Education Advisor André Boder. "Die Idee ist, dass wir den medizinischen Repräsentanten der Nationalverbände helfen, eine wahre Kettenreaktion in ihrer Fußball-Familie auszulösen. Diese kann aus Klubs, Trainern, Schiedsrichtern oder allen anderen involvierten Personen bestehen."
Die 53 Ärzte sollen das neu gewonnene Wissen also innerhalb der nächsten drei Jahre möglichst gut in ihrem Land verbreiten. "Wir bringen ihnen bei, anderen Leuten die Sachen beizubringen", meinte Boder. Damit das Wissen schnell genug verbreitet wird, stellt die UEFA drei Dinge zur Verfügung: Den Inhalt in Form von technischen Handbüchern beziehungsweise Theorie, 40 bis 50 Experten, die den Verbänden jederzeit mit Rat und Tat zur Seite stehen und eine ausführliche Online-Plattform mit zahlreichen Beiträgen zum interaktiven eLearning.
Neben diesem "Cascading" mussten die Teilnehmer auch noch zwei weitere große Blöcke absolvieren. "Rolle und Verantwortung des Teamdoktors" und "Notfallmaßnahmen". Bei Letzterem mussten die Ärzte den praktischen Teil bei einigen Stationen absolvieren. Dabei ging es um die Vermeidung von absoluten Tragödien am Spielfeld: Maßnahmen gegen lebensgefährliche Situationen wie Verletzungen der Halswirbelsäule, Herzstillstand oder Blockierung der Atemwege wurden durchgenommen.
"Wir machen hier nur simple Dinge. Wir bringen den Leuten nicht in etwa fortgeschrittene Operationstechniken bei. Hier geht es nur um die ersten kritischen Momente", beschrieb Jonathan Gordon von SportPromote die Aufgabenstellung. "Wenn das Herz eines Spielers aufhört zu schlagen, dann kann es schon vorkommen, dass der Arzt in Panik ausbricht. So etwas wollen wir hier vermeiden, deswegen machen wir die Übungen."
Beim anderen großen Punkt, der "Rolle und Verantwortung des Teamdoktors", stellte Ian Beasley von der medizinischen Kommission der UEFA fest, dass Fußball-Ärzte sich aufgrund der geänderten Voraussetzungen mehr und mehr in die Richtung eines "Medizin-Managers" entwickeln. "Ich habe im Jahr 1987 im Fußball angefangen. Seitdem hat sich so viel verändert. Verletzungsvermeidung und laufende Überwachung ist mittlerweile so wichtig. Trotz allem ist der Spieler das Projekt. Doktoren sollten ein Kommunikationsfilter zwischen Spielern und Trainern und dem medizinischen Personal sowie den Analysen, Auswertungen und Daten sein", hieß es in Beasleys Präsentation.
Alle besprochenen, diskutierten und erprobten Maßnahmen, Theorien und Vorschläge wurden von den Teilnehmern begeistert aufgenommen. Jetzt liegt es an den Ärzten, dass das neu gewonnene Wissen nicht für sie exklusiv bleibt. "Ich möchte, dass sie alle Lehrer werden. Darum würde ich sie persönlich bitten. Ich hoffe, dass sie dabei großen Erfolg haben", meinte d'Hooghe beim Ende seiner Rede.