Benaglios Schweizer Thronfolger
Freitag, 12. März 2010
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Letzte Saison hatte VfL Wolfsburgs Keeper Diego Benaglio mit überragenden Leistungen großen Anteil am Titelgewinn. Jetzt, da er verletzt ist, rückt ein weiterer Schweizer in den Blickpunkt.
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Einst wurde Simon Jentzsch beim VfL Wolfsburg vom damals eher unbekannten Schweizer Diego Benaglio aus dem Tor verdrängt. André Lenz erlebte diese Entmachtung in der Saison 2006/07 hautnah als dritter Torwart mit. Seit ein paar Wochen dürfte Lenz eine Art Déjà-vu-Erlebnis haben. Schuld daran ist erneut ein eher unbekannter Schweizer.
Nachdem Benaglio in dieser Saison aufgrund einiger Verletzungen nur 15 von 25 möglichen Spielen bestritten hat, schien Lenz seinen Platz zwischen den Pfosten sicher zu haben. Doch weit gefehlt: In der zweiten Mannschaft der Wölfe in der Reginalliga Nord machte unterdessen erneut ein Schweizer Torwarttalent auf sich aufmerksam: Marwin Hitz. Der 22-Jährige absolvierte dort 18 Spiele, in denen er stolze 14 Mal ohne Gegentreffer blieb.
Als die Negativserie der Profimannschaft auch unter Interimstrainer Lorenz-Günther Köstner nicht enden will, greift der alte Trainerfuchs zu einer überraschenden Maßnahme. Statt Lenz den Rücken zu stärken, wirft er Hitz ins eiskalte Wasser der UEFA Europa League gegen Villarreal CF. Der Youngster erinnert sich noch gut an diesen Tag: "Er hat gesagt, ich soll mein Spiel durchziehen. So wie er es von mir bei den Amateuren kennt."
Das Schicksal von Lenz war vorerst besiegelt. Erneut wurde der erfahrene Oldie von einem Schweizer "Chnopf" (Schweizer-deutsch für "kleiner Junge") aus dem Tor verdrängt. Doch damit nicht genug. Ebenso wie Benaglio zeigte Hitz gute Leistungen und wird von Köstner auch in der Bundesliga eingesetzt. Seit knapp vier Wochen hütet er nun das Tor der Wolfsburger, und siehe da: Der Meister findet zurück in die Spur und hat seitdem keine Partie mehr verloren.
Mit seinen 190 cm ist Hitz ebenso wie Benaglio eine imposante Erscheinung und obwohl er um einiges schwerer ist als sein Landsmann, hat er doch gute Reflexe. Sein Handwerk erlernte er beim FC St. Gallen II, FC Yverdon-Sports und zuletzt beim FC Winterthur in der Challenge League (2. Schweizer Liga). In diesem Refugium wurde Hitz von Felix Magath entdeckt, der noch einen jungen dritten Torhüter hinter Benaglio und Lenz suchte. Aber das Verhältnis zwischen dem gestrengen Übungsleiter und dem Torwart-Benjamin sollte nicht immer das beste sein.
Nach kleinen Differenzen mit Magath wurde Hitz zum Einzeltraining verdonnert. Rückblickend sieht er die Maßnahme aber positiv: "Er hat alles richtig gemacht. Ich habe dadurch viel an mir gearbeitet und nie aufgegeben." Ein positiver Nebeneffekt war, dass sich Stammkeeper Benaglio um den jungen Landsmann kümmerte und so eine richtige Freundschaft entstand. "Er hat mich sehr unterstützt. Ich hoffe, er wird schnell fit", erklärt Hitz sein Verhältnis zum älteren Mannschaftskollegen.
Passenderweise bedeutete sein Bundesliga-Debüt auch gleichzeitig ein Wiedersehen mit seinem ehemaligen Lehrer Magath. Der VfL siegte 2:1 gegen den FC Schalke 04 und seinen Meistertrainer und beendete damit eine Serie von zehn sieglosen Spielen in der Bundesliga.
Zu Anfangs noch mit kleineren Unsicherheiten, stabilisierten sich die Leistungen von Hitz zusehends. Für den Youngster aber kein Grund, abzuheben. Er kennt seinen Platz und weiß, dass es auch sehr schnell wieder zurück in die Reserve-Mannschaft des VfL gehen kann. "Für mich ist es wichtig, Spielpraxis zu bekommen, und wenn Diego zurück ist, bekomme ich die wieder in der zweiten Mannschaft", zeigt er sich realistisch.
Nach nun fünf Spielen ohne Niederlage ging die Reise diese Woche für Hitz und Wolfsburg ins ferne Kasan, zum Hinspiel des Achtelfinals in der UEFA Europa League. Und auch im eisigen Russland wusste der junge Schweizer zu überzeugen. Mit guten Paraden hielt er ein wichtiges 1:1-Unentschieden fest, das eine gute Ausgangslage für das Rückspiel am kommenden Donnerstag bedeutet. Dank Hitz und Benaglio hat die Schweiz neben Käse und Schokolade wohl einen neuen Exportschlager: Torhüter!