Slowenien auf der Überholspur
Montag, 5. Februar 2018
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Als stolzer Gastgeber der UEFA Futsal EURO ist der Slowenische Fußballverband (NZS) bestrebt, den Fußball im Land auf allen Ebenen weiterzuentwickeln und insbesondere junge Menschen für den Sport zu begeistern. Der Verband blickt der Zukunft sehr optimistisch entgegen.
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Der Slowenische Fußballverband (NZS) ist derzeit sehr beschäftigt. Mit der Ende Januar beginnenden Futsal EURO in Ljubljana, den neuen Förderprogrammen, durch die alle Jugendlichen in Slowenien die Möglichkeit zum Fußballspielen erhalten sollen, sowie den Plänen seines neuen Präsidenten zur Aufwertung der slowenischen Meisterschaft hat der NZS alle Hände voll zu tun, blickt jedoch zuversichtlich in die Zukunft.
Auf den verschneiten Straßen Ljubljanas ist ein städtischer Bus mit einem riesigen Konterfei von Jan Oblak unterwegs. Die eisigen Temperaturen Mitte November machen sich bemerkbar, die Dächer und Straßen sind mit Schnee überzuckert. In einem gelben Trikot mit schwarzen Streifen auf den Ärmeln schlängelt sich der slowenische Nationalkeeper fokussierten Blickes durch die Straßen der Hauptstadt. Wer an einer Ampel oder Haltestelle einen genaueren Blick auf den Bus wirft, merkt, dass Oblak nicht etwa für das neuste Produkt einer bekannten Marke, sondern für die Organisation „Europa Donna“ wirbt, die sich für den Kampf gegen Brustkrebs einsetzt.
Der Torwart von Atlético Madrid mag zwar der Superstar seiner Nationalelf sein, ist aber ein bescheidener junger Mann geblieben, der nicht das Scheinwerferlicht sucht, wie man beim NZS betont: „Jan Oblak ist ein Vorbild für Kinder“, stellt Präsident Radenko Mijatović gleich einmal klar. Trotz seines Heldenstatus ist der großgewachsene Keeper in erster Linie für die Ernsthaftigkeit und Zielstrebigkeit, mit der er seine sportliche Karriere verfolgt, bekannt.
„Jan ist mental sehr stark. Er bleibt immer sehr ruhig, selbst wenn er vor einer Million Zuschauern spielt“, ergänzt Matjaž Jaklič, technischer Direktor des NZS. Oblaks Bescheidenheit und Demut sind ein willkommener Kontrast zu vielen seiner Altersgenossen, die nach medialer Aufmerksamkeit streben.
Für Radenko Mijatović, der 2016 nach der Wahl Aleksander Čeferins als UEFA- Präsident dessen Nachfolger an der Spitze des NZS wurde, ist allerdings gerade die Steigerung der Einnahmen aus dem Verkauf von Marketing-, Sponsoring- und TV-Rechten eine der großen Herausforderungen für den Verband.
Die Grundidee ist einfach: „Vor den Spielen der Nationalmannschaft oder auch vor den Derbys zwischen Olimpija Ljubljana und Maribor ist Fußball ein großes Thema“, erklärt Mijatović. „Aber abgesehen davon ist der Fußball in den Medien zu wenig präsent. Wir pflegen ausgezeichnete Beziehungen zu unseren Sponsoren, doch bei der Vermarktung müssen wir noch einen Schritt weitergehen.“
Countdown zur Futsal-EM
Der Verband hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Bis 2020 sollen die Einnahmen aus Sponsoring und Werbung um 10 % pro Saison steigen. Außerdem will man auf den sozialen Netzwerken noch aktiver werden, um möglichst viele Menschen zu erreichen. Der Grundstein wurde bereits gelegt, der NZS hat auf allen Plattformen ein offizielles Konto eröffnet. „Sogar auf Snapchat sind wir präsent“, so Mijatović. Der Präsident legt nicht zuletzt aufgrund seines unternehmerischen Hintergrunds großen Wert auf den Vermarktungsaspekt.
Geboren im heutigen Bosnien-Herzegowina in der Zeit des ehemaligen Jugoslawiens, war Radenko Mijatović erst nach dem Schulabschluss, als er Militärdienst leistete, zum ersten Mal in Slowenien. Er verliebte sich sofort in dieses kleine, zwischen Österreich, den italienischen Alpen und der Adria eingeklemmte Land, und beschloss, sich dort niederzulassen und eine Karriere als Fußballprofi zu starten.
Es gelang ihm jedoch nicht, seinen Lebensunterhalt damit zu verdienen, weshalb er bei einer Kartonfabrik anklopfte, wo er als einfacher Arbeiter einstieg. „Danach bin ich die Karriereleiter hochgestiegen“, erzählt er drei Jahrzehnte später. Eine rechte Untertreibung für jemanden, der mittlerweile mehreren Aufsichtsräten angehört, Vizepräsident des NZS war und diesen nunmehr leitet.
Nachdem er viele Jahre damit verbracht hat, Geschäftspartnern die Hand zu schütteln und Verträge abzuschließen, weiß Mijatović, wie wichtig es ist, auf solide Finanzpartner zählen zu können. Eine erste wichtige Gelegenheit, den NZS potenziellen Investoren gegenüber als verlässlichen Partner zu präsentieren, wird die Futsal EURO vom 30. Januar bis 10. Februar 2018 sein. Das Turnier findet in einer weniger dicht besiedelten Gegend im Norden Ljubljanas statt, wo die traditionellen Gassen des Stadtzentrums breiten, dreispurigen Straßen gewichen sind.
Kurz vor der Umgehungsstraße, die zugleich die Stadtgrenze bildet, befindet sich ein imposantes, einem welligen Schildkrötenpanzer gleichendes Gebäude mit Betonträgern und großen Glasscheiben. Es handelt sich um die Arena Stožice, eine riesige Mehrzweckhalle, in der unter anderem auch Basketball, Volleyball und Eishockey gespielt werden und wo schon Stars wie Elton John, Bob Dylan und David Guetta aufgetreten sind.
Daniel Videtič, Turnierdirektor der Futsal-EM-Endrunde, reibt sich bereits die Hände: „Die Halle bietet über 10 000 Zuschauern Platz und wir hoffen, dass sie voll sein wird. Mithilfe der UEFA haben wir sehr früh mit der Organisation dieses Wettbewerbs begonnen. Wir arbeiten seit fast einem Jahr an diesem Projekt und müssen nichts überstürzen. Wir kommen Schritt für Schritt voran, alles läuft nach Plan.“
Um möglichst viele Zuschauer anzulocken, hat Daniel Videtič in den letzten Monaten in der Innenstadt Ljubljanas verschiedene Kommunikationsoffensiven gestartet. Am 5. April etwa organisierte der NZS ein Event am Ufer des durch die Stadt fließenden Ljubljanica, bei dem eine große Uhr mit einem 300-Tage-Countdown zur Futsal EURO enthüllt wurde.
Zwei Monate später brachen 180 Spieler in einer Art Staffellauf von der Countdown-Uhr zur 6 km entfernten Arena Stožice auf und passten sich während der gesamten Expedition einen Ball hin und her. Mit von der Partie waren hochkarätige Akteure, darunter der spanische Futsal-Künstler Miguelín und die gesamte slowenische Futsal-Nationalmannschaft. Daniel Videtič ist noch heute begeistert von dieser Initiative: „Sie haben sich den Ball eine Stunde lang zugespielt, bis sie bei der Halle ankamen. Das war eine sehr sympathische Aktion.“
Das bis dato letzte Promotion-Event war die Auslosung der Endrundengruppen im vergangenen September in der beeindruckenden Burg von Ljubljana. In der am Ende des 16. Jahrhunderts auf dem Hügel über der Stadtmitte errichteten Festung gehörten Aleksander Čeferin, der eine Rede hielt, und die slowenische Skirennfahrerin und zweifache Olympiasiegerin Tina Maze zu den Gästen. „Sie ist unsere Botschafterin“, erklärt Daniel Videtič. „Es waren auch ehemalige Fußballer dabei wie Milenko Ačimovič.“ Die Auslosung bescherte Slowenien ein Eröffnungsspiel gegen Serbien, denselben Auftaktgegner wie bei der letzten Ausgabe 2016 in Belgrad.
Über all diese Aktivitäten wurde in den sozialen Medien ausgiebig berichtet und es wurde sogar eine Agentur beauftragt, Videos zu drehen und auf YouTube hochzuladen.
Während alles dem Eröffnungsspiel gegen Serbien, dem Halbfinalisten der letzten Endrunde, entgegenfiebert, lobt Präsident Mijatović die organisatorischen Fähigkeiten seines Verbands im Hinblick auf internationale Wettkämpfe. „2012 fand in Slowenien bereits die Endrunde der U17-Europameisterschaft statt. Da wir bei uns gepflegte Einrichtungen und die nötige Organisationserfahrung haben, können wir solche Turniere ausrichten.“
Um sicherzustellen, dass die Futsal EURO ein Erfolg wird, zählt Daniel Videtič auf die bestehende Infrastruktur, vor allem aber auch auf die Popularität des Futsals in Slowenien: „All unsere Grundschulen verfügen über geeignete Sporthallen. Diese werden aber nicht nur von den Schulen genutzt, denn nach dem Unterricht können sie zum Beispiel an Futsal-Vereine vermietet werden. Die Hallen stehen allen offen. Allein in Ljubljana gibt es 45 Schulen und die Hälfte davon ist für Futsal-Klubs geeignet.“
Videtič muss sich nur noch wenige Wochen gedulden, bis sich die größte Arena des Landes in einen Hexenkessel verwandelt und den zwölf Teams, die es nach Ljubljana geschafft haben, einen würdigen Rahmen bereitet.
Mädchenakademie
Um sich das deutlichste Symbol für die prächtige Entwicklung des NZS vor Augen zu führen, muss man von Ljubljana noch etwas weiter gen Norden reisen, rund 30 Kilometer über die Stadtgrenze hinaus. Zwischen den Wäldern und unter dem wachsamen Auge der verschneiten Alpen befindet sich der neue Sitz des Verbands.
Das NZS-Hauptquartier ist ein weiträumiges Gebäude mit schneeweißen Mauern und eindrucksvollen Glaswänden, die einen großzügigen Blick ins Gebäudeinnere ermöglichen. Unmittelbar daneben stehen drei Spielfelder für das nächste Trainingslager der Nationalmannschaft bereit, und in etwas größerer Entfernung erblickt man ein Schloss, das von der Regierung für offizielle Empfänge genutzt wird. Abgesehen vom gut einen Kilometer östlich gelegenen Luxushotel gibt es kaum etwas, das die NZS-Angestellten stört. Sie können sich über einen idyllischen Arbeitsplatz mit traumhafter Sicht freuen.
Mit einem Schmunzeln denkt Radenko Mijatović an die Zeit zurück, als der Verband seine Büros in Ljubljana mit anderen Organisationen teilen musste: „Als wir umziehen wollten, suchten wir nach Standorten in Ljubljana, doch schließlich haben wir beschlossen, unser eigenes Zentrum zu bauen. Es ist perfekt geworden, liegt inmitten der Natur und trotzdem in der Nähe der Stadt und des Flughafens.“
Der neue, durch das UEFA-HatTrick-Programm mitfinanzierte Verbandssitz wurde im Mai 2016 mit großem Pomp eingeweiht. Den 500 geladenen Gästen wurde ein abwechslungsreiches Unterhaltungsprogramm geboten – unter anderem wurde die UEFA-Flagge per Fallschirmsprung eingeflogen. Hört man sich beim NZS um, ist der einzige derzeitige Makel die fehlende Flutlichtanlage zur Beleuchtung der Spielfelder. Auf diese musste zunächst verzichtet werden, da das grelle Licht die Fortpflanzung einer seltenen Schmetterlingsart verhindert. Doch auch dieses Hindernis dürfte bald überwunden sein; der Verband arbeitet momentan an einer Lösung, mit der sowohl die Fußballer als auch die Naturschützer leben können.
Der technische Direktor des NZS, Matjaž Jaklič, dessen Büro sich im Erdgeschoß befindet, hat ein breites Aufgabenspektrum. Er ist für Frauenfußball, Breitenfußball, die Juniorennationalteams und die Trainerausbildung verantwortlich. Er verfolgt die Entwicklung des slowenischen Fußballs aus nächster Nähe und leitet die verschiedenen Förderprogramme.
Zu seinen größten Prioritäten gehört der Frauenfußball, und er ist stolz darauf, dass es gelungen ist, drei Auswahlen aufzubauen: die U17-, die U19- und die A-Nationalelf. „Alle drei werden von Trainern mit einer UEFA-Pro-Lizenz betreut“, merkt Jaklič an.
Um die slowenischen Mädchen für den Fußball zu begeistern, hat der NZS mehrere Programme auf den Weg gebracht, die zuvor den Jungen vorbehalten waren. Matjaž Jaklič erklärt: „Vor vier Jahren haben wir in Ljubljana eine Akademie für die besten Mädchen des Landes eröffnet. Sie zählt heute 32 Spielerinnen, von denen die meisten in den Nationalmannschaften spielen.“ Radenko Mijatović begrüßt insbesondere die Tatsache, dass die Mädchen viel Zeit miteinander verbringen: „Sie spielen zusammen, wohnen zusammen, gehen gemeinsam zur Schule. Das ist für den Zusammenhalt in den Frauennationalteams sehr wichtig.“
Die Schaffung der Akademie entstand aus einer simplen Not heraus: Es gibt nicht in allen slowenischen Städten einen Frauenfußballverein. „Talentierte Spielerinnen gibt es aber überall“, so Matjaž Jaklič. Zuvor mussten Mädchen aus solchen Städten meistens mit den Jungen mittrainieren, was keine vollends zufriedenstellende Situation war. Hinzu kommt, dass die große Mehrheit der slowenischen Jugendlichen, die das Gymnasium abschließen, danach eine Hochschule besuchen. Als kleines Land mit gut zwei Millionen Einwohnern zählt Slowenien nur drei Universitäten: Ljubljana, Maribor und Koper. „Wie kann man dafür sorgen, dass sie weiterspielen, wenn sie ihren Klub verlassen und zur Universität gehen?“, fasst der technische Direktor die Problematik zusammen.
Dank der Akademie in Ljubljana können die besten Spielerinnen nun ihr Studium absolvieren und parallel dazu unter idealen Bedingungen weitertrainieren. „Ohne dieses Angebot hätten viele von ihnen mit dem Fußball aufgehört“, so Jakličs logisches Fazit.
Konkurrenz für den Fußball
Neben den vielversprechenden Talenten, die es eines Tages zur Nationalspielerin bringen können, legt der NZS auch großen Wert auf den Breitensport. So wurden vor fünf Jahren mithilfe von UEFA-Fördermitteln Mädchenfestivals unter dem Motto „I love to play football“ ins Leben gerufen.
2016 organisierte der Verband im ganzen Land fünf Schnuppertage, bei denen sich Mädchen ungeachtet ihrer Fähigkeiten auf verschiedene Arten im Spiel mit dem runden Leder versuchen konnten – laut Matjaž Jaklič ein erster Schritt hin zu einer möglichen Anmeldung in einem Verein: „Viele Mädchen treten bei diesen Schnuppertagen zum ersten Mal gegen den Ball. Wir stellen den Kontakt her, anschließend können die Klubs auf sie zugehen. Schritt für Schritt schließen sich die motivierten Mädchen einer Mannschaft an. Die Arbeit beginnt an der Basis, das ist unser Konzept.“
Durch den Fokus auf die Jugend will der Verband die Frauenabteilungen in den Vereinen nachhaltig fördern. Seine Rechnung ist einfach: je mehr registrierte Spielerinnen, desto mehr Teams. Und je mehr junge Spielerinnen es gibt, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass sie dem Sport lange treu bleiben. Diese Reaktion auf die verfrühte Auflösung von Mädchenteams scheint sich vorerst zu bewähren, ist doch die Zahl der lizenzierten Spielerinnen seit der letzten Erfassung auf gut 2 500 angewachsen.
Matjaž Jaklič hat noch weitergehende Pläne: Keine slowenische Fußballerin ist Profi, und nur fünf oder sechs sind im Ausland engagiert. Mit Blick auf das Ziel, den Frauenfußball weiter voranzubringen und möglichst konkurrenzfähige Mannschaften zu haben, misst er dem zwischenmenschlichen Bereich eine mindestens so große Bedeutung zu wie der technischen Ausbildung der Spielerinnen. Es soll nicht nur um Fußballerinnen gehen, sondern auch um Frauen auf der Trainerbank und im Vereinsleben generell.
„Für Mädchen ist es wichtig, andere Mädchen um sich zu haben. Die Kommunikation ist besser. Wenn der gesamte Betreuerstab eines Frauenteams aus Männern besteht, stimmt etwas nicht. Wir brauchen Frauen in der Kabine, im Teambus, überall, die den Spielerinnen als Ansprechpartner dienen. Das ist ein psychologischer Aspekt, der über die sportlichen Ergebnisse hinausgeht.“ Indem er immer mehr Mädchen und Jungen für den Fußball begeistert, möchte der NZS dessen Status als Sportart Nr. 1 in Slowenien festigen.
Hier gilt es zu berücksichtigen, dass der Fußball seit langem gegen die Konkurrenz von Hallensportarten wie Volleyball, Handball (Slowenien wurde 2017 WM-Dritter) und vor allem Basketball kämpft.
Am 17. September 2017 avancierten die slowenischen Basketballer durch den errungenen Europameistertitel zu neuen Nationalhelden. Angeführt von Goran Dragić, dem Aufbauspieler des NBA-Teams Miami Heat, gelang den Slowenen das Kunststück, von der Gruppenphase bis zum Finale, in dem Erzrivale Serbien bezwungen wurde, jedes Spiel zu gewinnen. Von der Aussicht, dass sich künftig mehr Jugendliche ein ärmelloses Trikot überziehen und sich dem orangen Ball zuwenden könnten, lässt sich NZS-Präsident Radenko Mijatović indes nicht aus der Ruhe bringen: „So groß ist die Konkurrenz aus dem Basketball nun auch nicht; die Jugendlichen spielen lieber Fußball. Von zehn Kindern gehen acht zum Fußball, zwei zum Basketball.“
Mit Blick auf die Popularität des Fußballs kann Mijatović auf lokale Zugpferde zählen: NK Maribor stand diese Saison zum zweiten Mal in drei Jahren in der UEFA Champions League, und in der Europa League schaffte es NK Domžale bis in die Playoffs. Darüber hinaus werden jede Woche die fünf Partien der zehn Vereine umfassenden slowenischen Meisterschaft im Fernsehen übertragen, ebenso wie einige Zweitligaspiele – ein Vorteil gegenüber anderen Sportarten.
Dem Fußball die Treue halten
In seinem großen Büro mit Sicht auf den Wald zeichnet Matjaž Jaklič die Entwicklung seit der Unabhängigkeit Sloweniens nach. „Wir sind 1991 ein eigener Staat geworden. Zu Zeiten Jugoslawiens galten wir eher als Wintersportland. Mittlerweile ist aber der Fußball die Sportart Nr. 1.“
Neben den Stars der Nationalmannschaft wie Jan Oblak und den Klubs auf europäischer Bühne muss Jaklič allerdings auch sicherstellen, dass sich der Breitensport positiv entwickelt. Der erste Ort, wo Kinder mit Fußball in Berührung kommen, ist die Schule, weshalb der NZS die dort vorhandene Infrastruktur nutzen will. Während des Schuljahrs, das von September bis Juni dauert, trainieren 6 000 Jungen und Mädchen regelmäßig nach dem Unterricht im Rahmen eines NZS-Programms, an dem sich landesweit 70 % aller Schulen beteiligen.
„Das Hauptziel besteht darin, Fußball den Kindern näherzubringen und ihre Lust daran zu wecken. Nach dem Unterricht bleiben sie in der Schule und trainieren gemeinsam mit ihren Freunden“, erklärt Jaklič.
Neben diesen Trainings finden auch Wettbewerbe zwischen Schulen statt, deren Spiele hart umkämpft sind, obwohl die Tore nicht gezählt werden und beliebig viele Wechsel erlaubt sind. Der Spaß wird in den Vordergrund gerückt und die Kinder sollen lernen, sich selbstständig für ein Spiel bereit zu machen, ihr Material ordentlich in der Kabine zu verstauen, sich diszipliniert zu verhalten und pünktlich zu sein.
Damit die Klubs von diesem Programm profitieren können, organisiert der Verband oft Besuche, bei denen die Kinder die Einrichtungen, Spielfelder, Umkleidekabinen usw. entdecken können. Dadurch kommen sie ein erstes Mal auf den Geschmack, um einem Verein Möglicherweise beizutreten. Den Kindern die Gelegenheit geben, aus Spaß Fußball zu spielen, damit die motiviertesten von ihnen einem Verein beitreten – das ist der erste Schritt. In einem zweiten Schritt muss dafür gesorgt werden, dass sie dem Fußball möglichst lange die Treue halten und Fortschritte erzielen.
Radenko Mijatović ärgert sich über die zahlreichen 16- und 17-Jährigen, die ihr Glück im Ausland versuchen und dort oft in der Reserve oder bei einem weniger renommierten Klub landen. „Mein Ziel ist, dass sie möglichst lange hier bleiben und dann zu einem europäischen Verein wechseln, bei dem sie auch spielen“, so der NZS-Präsident. „Wir haben einige Spieler, die bei europäischen Großklubs sind, und 99 % unserer Nationalspieler spielen im Ausland, doch die slowenische Meisterschaft gewinnt jedes Jahr an Qualität hinzu. Gute Klubs auf nationaler Ebene zu haben, ist wichtig für die Fans, aber auch für das Marketing und den Nachwuchs. Je besser die Meisterschaft ist, desto eher wollen die Jungen Fußball spielen.“
Genau gleich argumentiert Matjaž Jaklič, der das Beispiel von Jan Mlakar nennt: ein Sturmtalent, Jahrgang 1998, ausgebildet bei NK Domžale, der mit 16 Jahren zum AC Florenz gewechselt ist. Nachdem er in der Toskana drei Jahre lang den Durchbruch nicht schaffte, wurde er schließlich an einen italienischen Serie-B-Verein ausgeliehen, wo er praktisch nie spielt. „Wir lassen ihn in unserer U21 zum Einsatz kommen, weil wir wissen, dass er der beste junge Stürmer Sloweniens ist. Wäre er aber hier geblieben, hätte er noch besser werden können“, beklagt Jaklič.
Eine weitere Herausforderung sind Jugendliche, die aufgrund ihrer Ausbildung oder ihres fehlenden Potenzials ganz mit dem Fußball aufhören. Der NZS hat festgestellt, dass viele Spieler in der Übergangsphase zwischen U15 und U17 diese Entscheidung treffen, also zu einem Zeitpunkt, in dem eine gnadenlose Auslese stattfindet. Entsprechend verbittert ist der technische Direktor über diesen Zustand: „Für einen 16-Jährigen ist es sehr hart, wenn er hören muss, dass es in seinem Stammklub keinen Platz mehr für ihn gibt. Er hat 6-7 Jahre in einer Mannschaft gespielt, doch plötzlich heißt es, er sei nicht gut genug und dürfe nicht mehr spielen. Er will im Verein bleiben, 2-3 Mal die Woche trainieren und auf niedrigerer Stufe Spiele bestreiten, doch auch das geht nicht, weil der Verein nicht mehrere Mannschaften hat. Er muss sich also einen neuen Verein suchen, obwohl er in seinem Stammklub hätte bleiben wollen, wo auch seine Freunde sind.“
Seiner Ansicht nach liegt die Lösung des Problems im Bau neuer Spielfelder für die Vereine. Mit mehr Spielfeldern können diese mehr Teams bilden und so mehr Jugendlichen Spielmöglichkeiten geben. Es wurden bereits erste Anstrengungen in diesem Sinne unternommen und ein großer Teil der Gelder aus dem UEFA-HatTrick-Programm wird in den Bau von Fußballplätzen investiert.
Laut Matjaž Jaklič sind schon mehrere Dutzend fertiggestellt worden. So schließt sich der Kreis: „Mit mehr Spielern müssen die Klubs neue Mannschaften bilden, damit alle spielen können. Und wenn die Jungen noch ein bisschen länger in Slowenien bleiben und in unserer Meisterschaft spielen, bevor sie ins Ausland wechseln, können die Vereine ihre Einnahmen steigern und neue Spieler ausbilden. Es ist eine Positivspirale.“
Jan Oblak – der das Tor von Olimpija Ljubljana hütete, bevor er entdeckt wurde und mittlerweile öffentliche Verkehrsmittel ziert – wird dem sicher nicht widersprechen
Dieser Artikel stammt ursprünglich aus UEFA Direct Nr. 174