Mainz auf dem Weg nach Europa
Montag, 24. März 2014
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Mit kleinem Budget die Großen ärgern - das ist die Maxime des 1. FSV Mainz 05 unter Thomas Tuchel und diese Saison könnte die Reise mal wieder im Europapokal enden.
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Der 1. FSV Mainz 05 nennt sich gerne selbst den "Karnevalsverein" – wenn den Rheinhessen wieder die Qualifikation für den Europapokal gelingen sollte, dürften die Mainzer aus dem Feiern kaum herauskommen.
Der Etat ist nicht der größte, doch aktuell ist die Truppe von Thomas Tuchel Siebter in der Bundesliga. Am vergangenen Wochenende unterlag man dem FC Bayern München mit 0:2, doch man lieferte dem überlegenen Spitzenreiter der Liga einen langen und erbitterten Kampf, ja sogar eines der schwersten Spiele der Saison, bis man zwei späte Tore kassierte. Andere Mannschaften entschieden sich in der Vergangenheit sogar dazu, gegen die Bayern Schlüsselspieler zu schonen, doch Tuchel sprach im Vorfeld der Partie von der Freude darauf und dass man einen Versuch unternehmen wolle, mit Pressing und Zustellen von Räumen zu punkten – was ja fast auch gelungen wäre.
Angefangen hat alles mit Jürgen Klopp, dem heutigen Coach von Borussia Dortmund. Damals, als Klopp 2001 vom Verteidiger zum Trainer umfunktioniert wurde, war Mainz ein ewiger Zweitligist, doch schon 2004 klappte der Aufstieg in die Bundesliga, die man 2007 jedoch wieder verlassen musste. Als der direkte Wiederaufstieg misslang, verabschiedete sich Klopp 2008 zum BVB, wo er unter anderem zwei Deutsche Meisterschaften feiern durfte.
Klopps Schatten in Mainz war groß, doch mit Manager Christian Heidel war und ist eine der entscheidenden Figuren dort geblieben. Der Besitzer eines Autohauses arbeitete zunächst jahrelang umsonst als Mainzer Manager und scheut vor kritischen Aussagen und schwierigen Entscheidungen nie zurück. Eine solche war auch 2009 fällig: Mainz war gerade unter Klopp-Nachfolger Jørn Andersen wieder in die Bundesliga aufgestiegen, doch eine Woche vor Saisonstart, nach dem Aus im DFB-Pokal, entließ man Andersen und setzte auf den bis dahin unbekannten A-Jugendcoach Tuchel.
Heidel spricht gerne vom "Mainzer Weg" und erinnert sich: "Jörn Andersen, wollte nach dem Aufstieg den Weg von Mainz 05 verlassen. Das hat dann auch geklappt, allerdings musste er Mainz 05 verlassen". Was macht Mainz anders? Warum gelingt es mit relativ geringen Mitteln immer wieder, überdurchschnittliche Ergebnisse zu produzieren? Für Heidel steht die Philosophie im Mittelpunkt: "Andersen und Mainz, das hat von der Philosophie her nicht zusammengepasst. Das Konzept muss der Verein vorgeben und sich dementsprechend sein Personal suchen. Damals hat man uns als Chaos-Club angesehen. Keiner hat es verstanden. Heute werden wir dafür gelobt."
Tuchel, mittlerweile 40 Jahre alt, hat sich in Mainz schnell einen Namen gemacht. Als akribischer Taktiker wurden seine "Matchpläne" bekannt, mit denen er vor allem in den ersten Jahren versuchte, die Stärken des jeweiligen Gegners gezielt zu bekämpfen. 2011 feierte er mit dem FSV die beste Saison der Vereinsgeschichte; Lohn war Rang fünf und die Teilnahme an der UEFA Europa League.
Heidel spricht gern von der "Tuchel-Tabelle", auch wenn sie nicht seine Erfindung ist: "Seit dem Amtsantritt von Thomas Tuchel haben in diesen viereinhalb Jahren nur vier Vereine [Bayern, Dortmund, Bayer 04 Leverkusen und der FC Schalke 04] mehr Gesamtpunkte als wir geholt. Das ist eine Auszeichnung für die Trainer, die Mannschaft und auch den ganzen Verein."Basis dafür ist das Setzen auf junge, entwicklungsfähige Spieler und einen laufintensiven Stil.
Auch Klopp ist beeindruckt von Tuchel: "Es ist nicht leicht, immer wieder mit den Mainzer Möglichkeiten diese Qualität zusammenzustellen. Da hat Thomas Tuchel immer wieder gute Ideen, und die setzt er brutal mutig um." Heidel weiß bereits, dass er den Erfolgscoach wohl nicht auf ewig wird halten können, denn Tuchel sagte selbst schon einmal: "Ich traue es mir absolut zu, auch Bayern München oder andere große Vereine zu trainieren. Aber das Wann ist entscheidend. " Zunächst aber möchte Tuchel den Mainzer Weg weitergehen. Wenn möglich bis in den Europapokal.