Hut ab vor Meister Dortmund
Sonntag, 1. Mai 2011
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Es ist vollbracht - die siebte deutsche Meisterschaft von Borussia Dortmund steht fest. Überraschen dürfte das jetzt keinen mehr, zu dominant war die Elf von Jürgen Kloppin dieser Spielzeit.
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Was kaum noch einer bezweifelt hat, ist nun tatsächlich eingetreten – Borussia Dortmund ist deutscher Meister der Saison 2010/11. Im Sommer hätten das selbst die kühnsten Optimisten in Schwarz-Gelb wohl nicht vermutet. Meisterkandidaten waren natürlich vor allem Doublesieger FC Bayern München, vielleicht noch Bayer 04 Leverkusen (nach der Verpflichtung von Michael Ballack, die am Ende keine große Rolle spielen sollte), während der FC Schalke 04 (!) und der Hamburger SV oder der SV Werder Bremen (!) als aussichtsreiche Außenseiter galten. Klopps junge Borussia hatte so richtig niemand auf dem Zettel – und doch passt gerade diese Truppe als Meister in eine Saison, in der Hannover 96 den Bayern die UEFA Champions League streitig gemacht hat und der 1. FSV Mainz 05 bis zum Ende im Konzert der Großen überraschte.
Klopps Dortmunder Rasselbande hatte sich im Vorjahr gerade so einmal wieder für die UEFA Europa League qualifizieren können; eine Bestätigung dieser Leistung der nach finanziell wie sportlich mageren Jahren wurde nun für die aktuelle Spielzeit angestrebt. Die ganz großen Transfers waren ohnehin nicht drin, teuerster Neuzugang war der Pole Robert Lewandowski und auch die anderen Neulinge ließen vor der Saison nicht gerade aufhorchen. Als dann der erste Spieltag gelaufen war, man zu Hause mit 0:2 gegen Bayer 04 Leverkusen verloren hatte, konnte man davon ausgehen, dass es eben noch nicht reichen würde, um mit solchen Teams wie den Rheinländern mitzuhalten. Zu jung und unerfahren schien die Elf auf Westdeutschland da.
Welch ein Irrtum! Was dann folgte, war eine im deutschen Profifußball fast einmalige Serie an Punktgewinnen: Zwischen dem 2. und dem 17. Spieltag verlor der BVB kein einziges Spiel, siegte 3:1 beim Erzrivalen Schalke, 2:0 zu Hause gegen die Bayern und holte aus jenen 15 Partien sage und schreibe 14 Siege und ein Unentschieden. Das Ganze wurde dann noch garniert mit atemberaubendem Power- und Offensivfußball, der 39:7 Tore und einen Zehn-Punkte-Vorsprung sowie die Herbstmeisterschaft einbrachte. Wie eine hungrige Meute junger Hunde jagten die Dortmunder den Ball tief in des Gegners Hälfte, setzten jene mit einem stark eingespielten Forechecking unter Druck, um die dann eroberten Bälle blitzschnell zum eigenen Torerfolg zu nutzen. In der UEFA Europa League spielte man ähnlich schön, musste aber etwas unglücklich nach der Gruppenphase die Segel streichen.
Möglich gemacht wurde diese Spielweise durch zwei wesentliche Elemente: Zunächst ist da die Unbekümmertheit und Energie der jungen Talente, die den Anweisungen und Ideen ihres Übungsleiters Jürgen Klopp fast schon manisch folgten. Außerdem – und das ist noch viel höher anzurechnen – gelang es dem Ex-Trainer des 1. FSV Mainz 05, bei vielen seiner Spieler für einen gewaltigen Entwicklungssprung zu sorgen. Viel ist bereits geschrieben und gesagt worden über das Schnäppchen Shinji Kagawa, der als Offensivspieler in der Hinrunde mit acht Treffer für Furore sorgte, ehe ihn ein Mittelfußbruch ausbremste. Linksverteidiger Marcel Schmelzer, Innenverteidiger Mats Hummels, der nimmermüde Kevin Großkreutz, der taktisch überragende Sven Bender und der in seiner Spielart – man mag es kaum laut aussprechen – ein wenig an Lionel Messi erinnernde Mario Götze, sie alle wurden unter Klopp zu deutschen A-Nationalspielern und entwickelten sich ebenso stark weiter wie etwa Abwehrrecke Neven Subotić, Sturmführer Lucas Barrios oder Mittelfeldstratege Nuri Şahin.
Es entwickelte sich ein Teamgeist, der selbst die Ersatzspieler dazu brachte, sich klaglos in ihre Rollen zu fügen und – so sie denn gerufen wurden – ihr Scherflein zum Erfolg beizutragen. Vor allem im Mittelfeld glänzte die Borussia durch Torgefahr und war so stets schwer auszurechnen – es reichte halt nicht, einfach nur ein oder zwei Mann auszuschalten, um den BVB in Zaum zu halten. Und auch als sich die Verletztenliste ab November dann deutlich füllte, tat dies der Leistung des Teams kaum einen Abbruch. "Es ist eine unglaubliche Leistung", sagte Klopp noch Ende April, "dass die Mannschaft Ausfälle bisher so weggesteckt hat, dass sie nicht als Ausfälle wahrgenommen wurden."
Die Rückrunde verlief nicht ganz so sensationell wie die ersten 17 Spiele, doch immer noch leistete die Borussia Überdurchschnittliches, auch wenn es nun öfter einmal Punkteteilungen gab. Die Big Points aber, die konnte man landen: Zum Rückrundenstart besiegte man Leverkusen und auch die Bayern mussten sich dem BVB ein zweites Mal geschlagen geben. Zwar kam Bayer 04 noch einmal bis auf fünf Punkte heran, doch wirklich eng wurde es mit dem Gewinn der siebten Meisterschaft für den BVB nicht mehr. Unter dem Sturmlauf der Borussia ging fast unter, dass die Leistung der Werkself unter anderen Umständen ebenfalls zum Titelgewinn gereicht hätte. Doch wie hatte es schon Jupp Heynckes erkannt: "Wir haben zwar einen exquisiten Punktestand, mit dem man normalerweise Meister wird. Aber es gibt eine Mannschaft, die besser ist." Treffender hätte man diese Saison nicht zusammenfassen können.