Gekommen um zu bleiben
Mittwoch, 12. Januar 2011
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Alle Zeichen deuteten darauf hin, und jetzt ist es offiziell: Thomas Kraft ist der neue Stammtorhüter des FC Bayern München. Für den 22-Jährigen geht ein lang gehegter Traum in Erfüllung.
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Fokussiert, konzentriert und engagiert – diese drei Worte beschreiben den Torhüter Thomas Kraft ziemlich genau. Der 22-Jährige aus dem Westerwald wurde seit dem Trainingslager des FC Bayern München in Katar laufend als die neue Nummer 1 im Tor des Rekordmeisters gehandelt, aber in Stein gemeißelt schien noch nichts. Das hat sich am Mittwoch nach der Pressekonferenz geändert, denn Trainer Louis van Gaal höchstselbst trat vor die Medienvertreter und bestätigte, was schon lange vermutet wurde: "Thomas Kraft steht ab dem Spiel gegen den VfL Wolfsburg definitiv im Tor."
Wer jetzt die Romantik-Brille aufsetzt, der schwärmt vom wahrgewordenen Traum eines jungen Talents, der es in den Kader eines Bundesligisten geschafft hat und nun die Chance bekommt, Großes zu vollbringen und in die Fußstapfen eines Sepp Maier oder Oliver Kahn zu treten. Klingt nett, ist es vielleicht auch, wird der Realität aber nicht ganz gerecht. Denn Kraft ist nicht nur Talent, sondern auch harter und zielstrebiger Arbeiter, das bewies er bereits vor der Saison mit recht deutlichen Aussagen: "Ich spiele nicht Fußball, um nur irgendwo zweiter oder dritter Torwart zu sein - und ich will auch nicht in der Zweiten oder Dritten Liga versanden. Ich will mich noch mehr zeigen", kündigte er an und ließ den Worten Taten folgen.
In der UEFA Champions League schenkte ihm Van Gaal bereits zwei Mal das Vertrauen, und der Youngster enttäuschte den Niederländer nicht. Gegen den FC Basel 1893 hielt Kraft den Kasten beim 3:0 sauber, und bei der AS Roma verlor man zwar 2:3, doch Kraft brillierte über weite Strecken des Spiels. Nachdem die eigenmächtige Entscheidung des Trainers zu Beginn der Rückrundenvorbereitung durchsickerte, war die Empörung in der Führungsriege zunächst groß, was wohl auch mit der geplanten Verpflichtung des Torhüters des FC Schalke 04, Manuel Neuer, zusammenhing.
Doch mittlerweile haben sich die Wogen zwischen Trainer und Chefetage geglättet, und es wird wieder ein versöhnlicherer Ton angeschlagen. "Die Aufstellung ist exklusiv Kompetenzbereich des Trainers. So steht es seit dem Bundesliga-Aufstieg 1965 mit Tschik Cajkovski in jedem Trainer-Vertrag", erklärte Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge. Vielleicht erinnerten sich die Granden des Rekordmeisters auch an die vergangene Saison, als Van Gaal damalige Nobodys wie Holger Badstuber und Thomas Müller in den Profikader berief und sie zu Nationalspielern formte.
Mit eben diesem Müller verbindet Kraft bereits eine Begebenheit, die dem Trainer ziemlich gut gefallen dürfte. Ebenso wie der quirlige junge Mann aus Pähl ist auch Kraft bereits verheiratet und favorisiert das Familienleben gegenüber den Partyversuchungen der bayerischen Metropole. Vor dem anstehenden Bundesliga-Debüt stärkt der Trainer Kraft noch einmal den Rücken: "Kraft hat sich in den letzten Monaten in vielen Bereichen im Torwartspiel weiterentwickelt und ich denke, dass wir mit Kraft im Tor weiterkommen. Ich habe sehr großes Vertrauen darin, dass Kraft mit dem Druck im Tor umgehen kann."
Doch nicht nur in München drücken sie die Daumen, dass Kraft dem Druck standhält. Auch in Nordrhein-Westfalen, genauer gesagt in Gelsenkirchen-Buer reibt Felix Magath fleißig die königsblaue Hasenpfote. Denn mit jeder weiteren Parade des jungen Bayern-Keepers steigt die Wahrscheinlichkeit, dass seinerseits Manuel Neuer im Tor von Schalke verbleibt. "Ich hätte nichts dagegen, wenn Kraft die Nummer eins würde und Manuel Neuer auf Schalke bliebe. Dann freuen wir uns alle", so der Trainer der Knappen. Abschließend noch die Quizfrage, wer damals Kraft im Alter von 18 Jahren zu den Bayern-Profis holte? Natürlich, Felix Magath.