Benchmarking-Bericht zur Klub-Lizenzierung
Mittwoch, 12. Januar 2011
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Der dritte Benchmarking-Bericht der UEFA zum europäischen Vereinsfußball erscheint zu einem wichtigen Zeitpunkt, da die UEFA unlängst die Maßnahmen zum finanziellen Fairplay eingeführt hat.
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Die UEFA hat ihren dritten Benchmarking-Bericht zur Klublizenzierung im europäischen Vereinsfußball herausgegeben, der aus den Finanzberichten von rund 650 Erstligisten der 53 Mitgliedsverbände der UEFA zusammengestellt wurde.
"Die europäische Klubfußballlandschaft" ist ein Dokument von etwas mehr als 100 Seiten, das in vier Sprachen - Englisch, Französisch, Deutsch und Russisch veröffentlicht wurde. Der Bericht erscheint zu einem wichtigen Zeitpunkt für den europäischen Vereinsfußball, da die UEFA gerade die Maßnahmen zum finanziellen Fairplay eingeführt hat, die darauf abzielen, die finanziellen Probleme einzudämmen, die den europäischen Vereinsfußball betreffen.
Der Bericht für 2010 basiert auf Zahlen aus den Finanzberichten von 664 Vereinen - das sind 90 % aller Erstligisten. Der Großteil der Information stammt direkt von den Klubs, die ihre Finanzinformationen zur Erlangung ihrer Lizenz an ihre Nationalverbände abgegeben haben.
Auch viele nicht-finanzielle Angelegenheiten aus ganz Europa werden in dem Bericht abgedeckt - so zum Beispiel die jüngsten Ergebnisse der Klublizenzierung und die Entwicklung der Lizenzierung, Informationen über die Größe und Struktur der nationalen Meisterschaften; Zuschauerzahlen und ihre Trends; Struktur der Stadien und ihre Auslastung; der Zusammenhang zwischen finanziellen Ressourcen und Erfolg auf dem Spielfeld und die unterschiedlichen Transferfenster in verschiedenen Ländern. Der Bericht ist mit vielen Grafiken und Illustrationen stark visuell gehalten, es werden Fragen gestellt und diese direkt beantwortet, so etwa, ob der 12. Mann an Einfluss verliert - hierzu wird die Quote der Auswärtssiege in den europäischen Ligen herangezogen.
Die zweite Hälfte des Berichts nimmt sich detailliert die Vereinsfinanzen vor - auf dem europäischen, nationalen und individuellen Klublevel. Zu Beginn gibt es die positive Nachricht, dass trotz der wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Fußball weiter wachsende Einnahmen vorweisen kann: 2009 steigerten die Erstligisten ihre Einnahmen um 4,8 Prozent auf den neuen Rekord von 11,7 Milliarden Euro. Allerdings gibt es auch Anzeichen finanzieller Probleme, denn dem Wachstum der Einnahmen steht ein noch größeres Wachstum der Ausgaben um 9,3 Prozent gegenüber, das die Wirtschaftlichkeit der Vereine stark beeinflusst und zu dem neuen Rekordverlust von 1 179 000 000 Euro beigetragen hat - das ist fast der doppelte Stand als noch im Jahr 2008.
Mehr als die Hälfte der europäischen Topvereine meldete Verluste an, wobei besorgniserregende 28 Prozent der Klubs deutliche Verluste anmeldeten (hier definiert als 12 Euro Ausgaben für je 10 Euro Einnahmen). Mehr als einer von acht Vereinsrevisoren war sich unsicher darüber, ob der jeweilige Klub den laufenden Betrieb weiterführen kann, was aus diesen Verlusten ebenso resultiert wie daraus, dass viele Vereine entweder stark abhängig von einem einzelnen Eigentümer sind oder eine heikle Bilanz vorweisen.
Die Spielergehälter sind nach wie vor der größte Ausgabenposten der Fußballvereine - der Anteil des Vereinseinkommens, der an die Spieler bezahlt wird, stieg von 61 auf 64 Prozent. Durch den Mangel an Liquidität nahm die Transferaktivität ab, was wiederum finanzielle Schwierigkeiten derjenigen Klubs verstärkt hat, die auf Transfereinkommen zählen, um ihr Betriebsergebnis zu verbessern.
Das betraf besonders viele Vereine, die traditionell als Ausbildungsvereine und Nettoexporteure von Talenten auftreten, wie etwa Klubs aus Frankreich, den Niederlanden oder Portugal. Rund 800 Millionen Euro Transferverbindlichkeiten werden für mehr als zwölf Monate nicht bezahlt werden. Der Bericht sagt außerdem, dass Investitionen in den Jugendfußball auf niedrigem Niveau bleiben, da die Topvereine generell lieber erfahrene Spieler einsetzen, was in höheren Gehältern resultiert oder Spieler rekrutieren, die in anderen Vereinen ausgebildet wurden.
In den meisten nationalen Meisterschaften blieb der Zuschauerschnitt entweder stabil oder ging nach unten - die Ursache besteht ebenfalls in den schwierigen wirtschaftlichen Zeiten und dem Mangel an Neu-Investitionen in einem Gebiet, in dem nur 19 Prozent der Vereine auch Eigentümer ihres eigenen Stadions sind. Diese Situation wirkt sich direkt auf das Einkommen aus, das Fußballvereine generieren können. Die Mehrheit der Klubs hat keine Kontrolle über das, was potenziell ihr größtes Wirtschaftsgut ist und kann dieses, abgesehen von den Spieltagen, auch nicht ausschöpfen.
Die zuvor ausgeführten finanziellen Herausforderungen betreffen die Erstligisten der 53 Mitgliedsverbände gemeinsam, so der Bericht. Er fügt allerdings noch hinzu, dass die Situation noch schlechter wird, je weiter man sich in der Fußballpyramide nach unten bewegt, wo die Risiken der Insolvenz und des Bankrotts noch viel größer sind, als in der ersten Liga.
In diesem Kontext, so die Reflektion des Berichts, zielt die phasenweise Einführung der neuen UEFA-Regularien zur Klublizenzierung und dem finanziellen Fairplay darauf ab, die Vereine zu ermutigen, ihre Finanzen besser zu verwalten und eine nachhaltige Balance zwischen Einnahmen, Ausgaben und Investitionen zu finden. Der Bericht stellt fest, dass viele Vereine momentan noch gegen die neuen Regeln verstoßen würden, wären sie jetzt schon gültig. Das trifft besonders auf die Regel vor, die eine ausgeglichene Bilanz verlangt, was ein Eckstein des Konzepts zum finanziellen Fairplay ist. Die Vereine müssen sich jetzt umstellen, drängt der Bericht, um sich auf Morgen vorzubereiten.
Die Finanzinitiativen der UEFA betreffen zwar nur die europäischen Wettbewerbe, aber der Bericht drückt im Hinblick auf die langfristigen positiven Auswirkungen den Wunsch aus, dass ähnliche Maßnahmen und Bedingungen auch auf nationalem Level eingeführt werden.
Die Umsetzung der neuen Regeln, schließt der Report, werde eine Reihe von Klubs dazu zwingen, ihre Finanzen in Ordnung zu bringen. Der europäische Dachverband glaubt aber, dass das systematische Angehen von aktuellen Problemen der einzige Weg ist, langfristig fairen Wettbewerb ebenso zu garantieren wie finanzielle Disziplin und Stabilität.