Kießlings endgültiger Durchbruch
Sonntag, 3. Januar 2010
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Lange Zeit galt er als großes Sturmtalent. Doch erst in dieser ersten Halbserie der Saison 2009/10 hat Stefan Kießling von Bayer 04 Leverkusen endgültigen den Durchbruch geschafft.
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Lange Zeit galt er als großes Sturmtalent. Doch erst in dieser ersten Halbserie der Saison 2009/10 hat Stefan Kießling von Bayer 04 Leverkusen endgültigen den Durchbruch geschafft.
Erstmals etabliert
Der gebürtige Oberfranke etablierte sich in der Saison 2005/06 beim 1. FC Nürnberg in Deutschlands Eliteklasse und erzielte in 31 Ligaspielen zehn Tore, was ihm einen Wechsel zu Bayer 04 Leverkusen einbrachte. Schnell galt er als eines der größten deutschen Sturmtalente, und in seiner ersten Saison bei Bayer kam er auch zur vorausgesagten Länderspielpremiere: Bei der 0:1-Freundschaftsspielniederlage gegen Dänemark am 28. März 2007, bei der Joachim Löw eine B-Elf testete, kam er in der zweiten Halbzeit zu seinem Debüt für Deutschland. Auf sein zweites Länderspiel musste Kießling dagegen fast zwei Jahre warten.
Ein Jahr Fußballpause
Der heute 25-Jährige stagnierte in seiner Entwicklung. Ohnehin war er nie technisch der stärkste Spieler – in seiner Jugendzeit musste der 1,91 Meter große Angreifer wegen eines rapiden Wachstumsschubes gar einmal für etwa ein Jahr gänzlich mit dem Fußballspielen aussetzen. Sogar Hohn und Spott war er ausgesetzt: In einem UEFA-Pokalspiel für Bayer vergab er einmal aus aussichtsreicher Position, was in einer der größten deutschen Tageszeitungen anschließend als "schlechtester Schuss des Jahres" tituliert wurde. Es sah danach aus, als ob Kießling ein solider Bundesligaspieler bleiben würde, dem höhere Weihen jedoch aufgrund technischer Mängel verwehrt bleiben sollten.
Lob von Kirsten
Mehrere Komponenten sorgten jedoch dafür, dass der Bayer-Angreifer mit zwölf Toren die erste Saisonhälfte nun als bester Torschütze der Liga abschloss. Zunächst einmal ist er schon immer für nimmermüden Einsatz und starke Laufarbeit auf dem Feld bekannt – womit er teilweise seine technischen Mängel kompensierte. Mit dem gleichen Engagement arbeitete er jedoch offensichtlich auch an seinen Schwächen, was ihm Komplimente von Leverkusens Sturmlegende und Zweitmannschaftstrainer Ulf Kirsten einbringt: "Kießling ist das Vorbild, wie ein Profi arbeiten muss! Er hat sich alles erarbeitet, ihm ist nichts zugefallen. Er hat Sonderschichten geschoben, hat länger trainiert. Kießlings Entwicklung in den letzten anderthalb Jahren ist sensationell. Er ist cooler vorm Tor und stabiler in seiner Spielweise geworden. Dazu hat er Technik und Zweikampfhärte verbessert."
"Der beste deutsche Stürmer"
Kirsten, der mit 182 Bundesligatoren der Rekordtorschütze des Klubs ist, will von einem Vergleich mit Kießling aber nichts wissen. "Wir zwei sind nicht miteinander vergleichbar, jeder hat seinen eigenen Stil. Stefans Lauffreude auf dem Platz ist top, da verzeiht man einem auch schon mal einen Fehler." Leverkusens Erfolgstrainer Jupp Heynckes spielt eine weitere wichtige Rolle in Kießlings Durchbruch: Er setzt auf den jungen Stürmer und ist gerne auch einmal bereit, einen Vergleich zu ziehen: "Ganz ehrlich, für mich ist er im Moment der beste deutsche Stürmer. Das hat Jogi Löw ja auch gemerkt."
"Führungsspieler"
Es fällt schwer, da zu widersprechen: Die Konkurrenten Miroslav Klose (0 Ligatore), Lukas Podolski (1) und Cacau (2) geizten geradezu mit Argumenten in eigener Sache, lediglich Mario Gómez (8) drehte zuletzt deutlich auf. Der Bundestrainer berief Kießling denn auch für die beiden Testspiele gegen Norwegen (0:1) und die Elfenbeinküste (2:2) in den Kader, vor allem gegen die Afrikaner hinterließ er einen guten Eindruck. "Vor drei Jahren sprang ihm der Ball wie Flipper weg, heute spielt er klasse. Er ist ein absoluter Führungsspieler", so Heynckes weiter.
Rückkehr von Helmes
So unschön es klingen mag, aber Kießling hat auch ein wenig vom Kreuzbandriss von Patrick Helmes profitiert. Dadurch waren er und Neuzugang Eren Derdiyok im Bayer-Sturm gesetzt und konnten sich aufeinander einspielen. Der Schweizer Nationalspieler arbeitet mehr in der Defensive als Helmes und weicht öfters auf die Flügel aus, so dass Kießling im Zentrum mehr Platz hat. Die Abstimmung der beiden wurde in dieser Hinserie fast perfektioniert. Was aber passiert nun, da Helmes wieder in den Kader drängt? "Stefan Kießling ist wegen seiner tollen Hinrunde gesetzt. Jetzt gibt es eben einen gesunden Konkurrenzkampf", sagte Sportdirektor Rudi Völler. Sollte Kießling seine Form der Hinrunde halten, dürfte auch für Löw kein Weg daran vorbeiführen, ihn mit zur FIFA-WM 2010 in Südafrika zu nehmen.