UEFA.com funktioniert besser bei anderen Browsern
Um das bestmögliche Erlebnis zu haben, empfehlen wir, Chrome, Firefox oder Microsoft Edge zu verwenden.

Lutz Pfannenstiel - Im Knast

Mitglieder

Er ist weltweit der einzige Profi-Fußballer, der auf allen Kontinenten unter Vertrag stand. Auf uefa.com erzählt Lutz Pfannenstiel seine bewegende Geschichte. Heute: Im Knast von Singapur.

Lutz Pfannenstiel im August 2000 im Trikot von Geylang United, kurz vor seiner Inhaftierung
Lutz Pfannenstiel im August 2000 im Trikot von Geylang United, kurz vor seiner Inhaftierung ©Getty Images

Er ist ein waschechter Weltenbummler und weltweit der einzige Profi-Fußballer, der auf allen Kontinenten unter Vertrag stand. Über 20 Vereine hat er mit seinen Torwartfähigkeiten bereichert und kann dementsprechend viele Geschichten und Erfahrungen verschiedenster Art aufweisen. Mit 36 Jahren hat Lutz Pfannenstiel schon jetzt ein bewegtes (Fußballer-) Leben vorzuweisen. Auf uefa.com wollen wir im Rahmen einer zehnteiligen Serie seine Weltreise nachempfinden. Heute im vierten Teil schreibt Lutz Pfannenstiel auf uefa.com höchstpersönlich.

Star in Singapur
Bei all den wunderbaren Erlebnissen und Erfahrungen meiner Karriere – es gab auch zwei richtig tiefe Täler, durch die ich musste und die mich stark geprägt haben. Das dramatischste und schlimmste war das, was mir in Singapur passiert ist. Es war im Jahr 2000, ich war 27 Jahre alt und, bei aller Bescheidenheit, sehr erfolgreich mit meinem damaligen Verein, Geylang United FC. Wir wurden Meister, ich war gut in Form und diese Kombination machte mich zum Star, auch wenn es mir nie so viel bedeutet hat, wie man meinen mag. Ich erinnere mich noch gut an den Mann, der mich in die schlimmste Zeit meines Lebens gebracht hat.

Stehimbiss, Tankstelle, Einkaufszentrum
Ich hatte ihn dreimal gesehen, im Stehimbiss, an der Tankstelle und im Einkaufszentrum. Er sah aus wie ein Fan und fragte mich jedes Mal, ob wir am kommenden Wochenende gewinnen werden. Das passierte damals jeden Tag, dass ich angesprochen und nach der momentanen Situation gefragt wurde. So wie es jeder Profi machen würde, habe ich stets gesagt, dass wir das Spiel gewinnen werden, weil wir eine gute Truppe haben und in Form sind. Es kam auch so. Schockierend war dann, dass ich aufgrund dieser Aussagen wegen "verbalen Korruptionseingeständnisses" angeklagt und nach langem Hin- und Her und einem sehr dubiosen und komischen Prozess zu einer Gefängnisstrafe von fünf Monaten verurteilt wurde. Man warf mir vor, vorsätzlich gut gespielt und gewonnen zu haben - lächerlich.

Behandelt wie ein Tier
Für mich war es ein Skandal, weil vielen schnell klar war, dass man einen prominenten Fußballer aus dem Ausland grundlos verurteilte, um ein Zeichen im Kampf gegen Korruption und Manipulation und somit gegen das Hauptproblem im asiatischen Fußball zu setzen. Denn an den Vorwürfen war natürlich überhaupt gar nichts dran. Im Gefängnis wurde ich behandelt wie ein Tier. Zu Essen bekam man nur, wenn man sich Respekt verschaffen konnte, ein paar Mal habe ich mir eine blutige Nase geholt. Schlafen konnte ich nicht, denn die Bilder von Männern, die im Innenhof des Gefängnisses erhängt wurden, gingen mir nicht aus dem Kopf. Meine Zelle teilte ich mit Kinderschändern, Drogenhändlern und Kakerlaken, ein Loch im Boden war unsere Toilette – seit ich eine Gefängniszelle in Singapur gesehen habe, besitze ich eine Vorstellung von der Hölle.

Am Ende?
Der Prozess kostete mich mein ganzes Geld, mein Verein distanzierte sich von mir, als ich dank der deutschen Botschaft nach 101 Tagen rauskam, hatte ich noch 32 Pfund, wog nur noch 70 Kilogramm. Meine Karriere schien ruiniert, denn viele Vereine weigerten sich wegen der angeblichen Manipulation, mit mir zu verhandeln, geschweige denn mich zu verpflichten. Weit entfernt von all dem, was mir zuvor widerfahren war, fand ich in Neuseeland einen neuen Verein, nämlich Dunedin Technical. Neuseeland war mehr oder weniger die Rettung meiner Karriere, ich war nervlich und körperlich am Ende. Ein Freund, den ich auf einem Trainerlehrgang mal getroffen habe und der die Geschichte aus der Presse verfolgt hat, hat mich nach Neuseeland gebracht, weil er mir helfen wollte.

Im nächsten Teil der Serie erzählt Lutz Pfannenstiel, wie und warum er in England dreimal gestorben ist.

Um Teil 3 unserer Serie zu lesen, klicken sie hier.