Mit Charakterstärke zum großen Erfolg
Freitag, 7. November 2008
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Vedad Ibišević ist wohl als ein Paradebeispiel dafür anzusehen, wie schnell sich die Dinge im Leben ändern können. Der Angreifer der TSG 1899 Hoffenheim war vor Saisonbeginn eher ein Geheimtipp, jetzt ist er ein Star.
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Vedad Ibišević ist wohl als ein Paradebeispiel dafür anzusehen, wie schnell sich die Dinge im Leben ändern können. Noch vor wenigen Monaten war der Name des Angreifers von der TSG 1899 Hoffenheim allenfalls Fußballkennern ein Begriff.
Anteil am Aufstieg
Er beendete die zurückliegende Aufstiegssaison des Vereins aus dem Badischen mit fünf Treffern in 31 Spielen - für einen Angreifer wahrlich keine üppige Ausbeute. Zwangsläufig drohten unvorteilhafte Attribute wie "Chancentod" oder "Trainingsweltmeister" zu charakteristischen Merkmalen in Ibiševićs Fußball-Vita zu werden. "Wenn ich auf dem Platz stand, wollte ich manchmal zu viel", gibt er rückblickend zu, im internen Wettstreit mit seinen Sturmkollegen nicht immer die richtigen Mittel gefunden zu haben.
Wende zum Guten
Heute - keine sechs Monate später - scheint es, als habe die Karriere des 24-Jährigen die entscheidende Wende zum Positiven genommen. Ibišević avancierte zum unumstrittenen Hauptdarsteller in Hoffenheims Fußballwirbel und trug mit 13 Treffern in bislang elf Spielen maßgeblich zum sensationellen Saisonstart des Liganeulings bei. "Das war nicht abzusehen. Vedad ist für uns wie ein Neuzugang", kann sich auch Trainer Ralf Rangnick die Leistungsexplosion seines Schützlings nur schwer erklären. Ibišević selbst behauptet, auf dem Platz schlicht und ergreifend "lockerer geworden" zu sein. Er ist inzwischen auf dem besten Weg, sich die Torjägerkrone in Deutschlands Elite-Liga zu sichern.
Kind des Balkankriegs
Doch zunächst zählten für den 1,89 Meter großen Angreifer ganz andere Dinge: Vedad Ibišević wurde am 6. August 1984 im bosnischen Vlasenica geboren und musste sich als ein Kind des Balkankriegs schon früh damit abfinden, wie wenig selbstverständlich es ist, auf der Sonnenseite des Lebens zu stehen. Im Alter von 16 Jahren floh er zusammen mit seiner Familie in die Schweiz, später ging es in die Vereinigten Staaten von Amerika. Hier, an der Saint Louis University, begann sein sportlicher Werdegang. Der inzwischen 19-Jährige traf wie am Fließband. "In den USA habe ich gelernt, dass man Träume durch harte Arbeit wahr werden lassen kann", misst Ibišević seiner Zeit in den Staaten heute ungemein große Bedeutung bei.
Ziel Europa
Ibisevics fußballerisches Traumziel blieb jedoch Europa, und seine Berufung in die bosnische U21-Nationalmannschaft diente dabei als Türöffner. Rasch wurde mit Paris Saint-Germain FC ein großer Club auf ihn aufmerksam, doch der erhoffte Durchbruch blieb ihm verwehrt. Nach zwei Spielzeiten in der französischen Hauptstadt wechselte er in die 2. Liga zu Dijon FCO, von wo es 2006 zum damaligen Bundesliga-Aufsteiger TSV Alemannia Aachen ging - einmal mehr ohne Erfolg, doch dann kam Hoffenheim.
Gutes Angebot
"Sie haben mir ein Angebot gemacht, das ich nicht ablehnen konnte", erinnert sich Ibišević an seinen erneuten Rückschritt in die 2. Liga, wo er sich - allem Ehrgeiz zum Trotz - von Beginn an voll und ganz in den Dienst der Mannschaft stellte. "Schon außergewöhnlich", konstatiert Ralf Rangnick, mit welch menschlicher Stärke Ibišević auf sportliche Nackenschläge zu reagieren pflegt. Seinen gesetzten Sturmkollegen Chinedu Obasi und Demba Ba jedenfalls half der sprachgewandte Bosnier, wo immer es ging, um sich in der Beschaulichkeit der Region zurechtzufinden. "Er ist ein wichtiger Integrationsfaktor für die Manschaft", lobt man in seinem Umfeld.
Sportliche Anerkennung
Umso erfreulicher für Ibišević, dass sich zum Respekt vor seiner Persönlichkeit nun auch sportliche Annerkennung gesellt. "Er wird jetzt eben belohnt für sein Engagement, seine Beharrlichkeit und sein soziales Verhalten", sieht Ralf Rangnick dann doch eine fast logische Verknüpfung in Ibiševićs kometenhaftem Aufstieg, der in naher Zukunft Begehrlichkeiten aus dem In- und Ausland wecken dürfte. Dem sieht die Vereinsführung jedoch gelassen entgegen. Man setze auf Kontinuität statt auf Rendite, ließ sich Hoffenheims milliardenschwerer Mäzen Dietmar Hopp unlängst zitieren, was auch Ibiševićs persönlicher Gesinnung zu entsprechen scheint. Schließlich spielte das inzwischen bundesweit geachtete Konzept hinter dem Verein bei seiner Entscheidung pro Hoffenheim eine ganz wesentliche Rolle.
Von Spiel zu Spiel
Ansonsten versucht Ibišević, den momentanen Erfolg zu genießen und, wie im Fußball üblich, von Spiel zu Spiel zu denken. Und wenn es sportlich mal wieder nicht so laufen sollte wie gewünscht? "Es gibt weitaus Schlimmeres, als am Tor vorbei zu schießen", sagt Ibišević gelassen. Er weiß zweifelsohne, wovon er spricht.