Romantischer Platini
Freitag, 26. Januar 2007
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Der frisch gekürte UEFA-Präsident nahm sich in Düsseldorf Zeit, um gegenüber uefa.com einen Einblick in seine Gefühle und Pläne zu geben.
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Michel Platinis Liebe zum Fußball wird ihm sicher auch an der Spitze des europäischen Dachverbandes bei allen zu erwartenden Höhen und Tiefen hilfreich sein. Der frisch gekürte UEFA-Präsident nahm sich auf dem XXXI. Ordentlichen UEFA-Kongress in Düsseldorf Zeit, um gegenüber uefa.com einen Einblick in seine Gefühle und Pläne zu geben.
uefa.com: Zunächst einmal herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Wahl. Was war Ihre erste Reaktion, als Sie das Ergebnis gehört haben?
Michel Platini: Das Resultat lautete 27:23. Ich weiß wirklich nicht, was ich darüber sagen soll. Es ist schwer zu sagen, woher diese Stimmen kamen. Es gab Tage, da hatte ich 52 Stimmen praktisch sicher, dann waren es wieder nur zwei. Manchmal waren es 30, dann 22, die Situation hat sich ständig verändert und weiter entwickelt.
uefa.com: Sie haben in Ihrer Karriere unzählige Trophäen gewonnen: die UEFA-Europameisterschaft und den Pokal der europäischen Meistervereine. Kann man diese Erfolge und ihren heutigen Triumph vergleichen?
Platini: Nein, überhaupt nicht. Wenn Sie auf dem Platz gewinnen, sind Sie mit Ihren Mannschaftskollegen zusammen, drehen eine Ehrenrunde und dann ist es alles vorbei. Hier ist es der Beginn eines Abenteuers. Es ist ein völliger Neuanfang, deswegen ist es eine andere Situation.
uefa.com: Beginnt Ihr Abenteuer sofort? Was werden Ihre ersten Schritte sein?
Platini: Wir haben heute Nachmittag ein erstes Treffen des Exekutivkomitees [Freitag]. Wir müssen die Vizepräsidenten ernennen. Ich habe vor den Wahlen nichts vorbereitet, jetzt beginnt meine Arbeit, ich muss zuhören und die Leute befragen, und natürlich auch mit Lennart Johansson sprechen.
uefa.com: Was Lennart Johansson und seine 17 Jahre als Präsident angeht, was halten Sie von seinem Erbe, das Sie jetzt antreten werden?
Platini: Was er erreicht hat, ist nicht nur sein Verdienst, sondern vor allem auch das der nationalen Verbände und des europäischen Fußballs. Lennart war immer eine Persönlichkeit, die ich sehr respektiert habe, auch wenn ich gegen ihn gekämpft habe. Und es war sehr mutig von ihm, dass er zurückgekommen ist und sich um eine neue Amtszeit beworben hat, nachdem er zuvor beschlossen hatte, sich zur Ruhe zu setzen. Ich mag ihn als Person sehr gern, und deshalb habe ich sofort gefordert, dass er zum Ehrenpräsident ernannt wird. Ich möchte, dass er uns erhalten bleibt und die guten wie die schwierigen Momente mit uns teilt und uns mit seinem Rat und seiner Erfahrung zur Seite steht. Jemand, der die Vergangenheit vergisst, hat keine Zukunft.
uefa.com: Sie waren immer ein Fußball-Romantiker. Wird Ihre Einstellung zum Fußball Sie auch bei Ihren künftigen Herausforderungen inspirieren?
Platini: Glücklicherweise bin ich ein Romantiker. Wir leben in einer zivilisierten Welt; Fußball ist ein großartiger Sport, ein Schatz, ein echtes Juwel. Es ist gut, dass es noch Romantiker gibt, 99,99 Prozent aller Menschen sind Romantiker, die die Künstler lieben, die Spieler und den Fußball. Es gibt nicht nur Politik, Geschäft, Gewalt, Hooliganismus und Korruption im Fußball. Es gibt auch wunderbare Dinge im Fußball, und ich gehöre zu den Leuten, die diese Dinge verteidigen wollen. Fußball ist ein Spiel, das sollten wir nie vergessen.