Mehr als nur ein Fußballer
Donnerstag, 12. Mai 2005
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Der Franzose Bixente Lizarazu in Diensten des FC Bayern München ist auch fernab des Rasens eine Persönlichkeit mit Weltklasse-Format.
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Von Andreas Alf
Es zeugt durchaus von Charakterstärke, wenn ein Welt- und Europameister seinen langjährigen Arbeitgeber verlässt, um ihn dann sechs Monate später um eine Rückkehr zu bitten. Der 96-fache französische Nationalspieler Bixente Lizarazu hat dies getan – und zwar im Alter von 35 Jahren, um kurz darauf mit dem FC Bayern München abermals deutscher Meister zu werden. Der kleine Linksverteidiger aus dem Baskenland ist nicht nur sportlich ein ganz Großer, sondern ist auch eine echte Persönlichkeit im Fußball-Business.
Politisch engagiert
„Wenn ich irgendwann nicht mehr auf dem höchsten Niveau mithalten kann, dann gehe ich halt in meine Heimat zurück und werde surfen“, sagte „Liza“ einmal. Obwohl er phasenweise als weltweit beste Besetzung auf seiner Position galt, ist er einer, der schon immer über den Tellerrand hinaus geschaut hat. Der intelligente Modellathlet mit besonderem Bezug zu seiner südfranzösischen Heimat weiß, dass Fußball nicht alles ist. Er setzt sich politisch für die Natur an der Atlantikküste ein. Er hegt die gleichen Sympathien für das Wellenreiten wie sein Bruder Peyo, der als einer der besten Surfer des Globus gilt.
Sehnsucht nach München
Man darf sicher sein: Der Bayern-Profi mit der Rückennummer 69 wird auch nach seiner fußballerischen Laufbahn nicht wirklich der Langeweile ausgesetzt sein. Doch soweit ist es noch nicht. Lizarazu hatte sich entschieden, noch einmal nach München zurückzukehren – trotz neuen Trainers und obwohl seine Zeit eigentlich abgelaufen war. Lizarazu ist nun einmal keiner, der sich mit einem Reservistendasein begnügt. Deshalb entschied er sich, seine Karriere nach einer halben Saison bei Olympique de Marseille nicht nur ausklingen lassen zu wollen.
Entgegen jedem Klischee
„Ich bin [unserem Manager] Uli Hoeneß dankbar, dass er mir für die Rückrunde solch einen Klassemann zur Verfügung gestellt hat“, empfing Bayern-Trainer Felix Magath seinen „Neuzugang“ mit offenen Armen. Und Lizarazu selbst sagte: „Ich bin wieder zu Hause.“ Das Erstaunliche daran: Der temperamentvolle Südeuropäer findet immer wieder den Weg zurück nach Deutschland, obwohl Klubs weitaus lebendigerer Länder immer wieder ihre Fühler nach ihm ausgestreckt hatten. Klischee jedoch ist nichts für „Liza“. Er fühlt sich in München schlichtweg wohl, die in der Branche allzu üblichen Wechselgepflogenheiten sind ihm egal.
Erwartungsgemäß durchgesetzt
„Ich will der Mannschaft helfen, den einen oder anderen Titel zu gewinnen und meine Karriere auf hohem Niveau beenden“, hatte das quirlige Kraftpaket im vergangenen Winter gesagt. Und seine Mission hat er prompt erfüllt. Da Bayerns etatmäßiger Linksverteidiger – und eigentlicher Lizarazu-Nachfolger - Tobias Rau nie die in ihn gesetzten Erwartungen erfüllen konnte und Hasan Salihamidzic als Rechtsfuß eher eine Notlösung auf der Position war, avancierte Lizarazu auf Anhieb zum erneuten Stammspieler.
Zukunft bei Bayern?
Nun steht die Saison vor dem Ende, und der Halbjahresvertrag von Lizarazu ebenfalls. Der deutsche Nationalspieler Philipp Lahm wird für den linken Part der Viererabwehrkette zum frisch gebackenen deutschen Titelträger zurückkehren. Und was macht „Liza“? „Es ist nicht so leicht, darüber nachzudenken und eine Entscheidung zu treffen. Aber da kann mir auch niemand helfen“, gibt der gute Freund des ehemaligen Nationalmannschaftskollegen Zinedine Zidane zu.
Leben nach dem Fußball
Eines steht für Lizarazu jedenfalls fest: „Entweder ich bleibe oder ich höre auf.“ Er ist mit sich und seiner Welt rundum zufrieden. „Das wichtigste waren die letzten sechs Monate hier, ich wollte meinen Job so gut machen, wie ich konnte. Ein Jahr mehr in München wäre die beste Lösung, die ich haben kann. Aber ich habe noch viele Ziele in meinem Leben. Was immer ich mache, es wird gut sein.“ Daran gibt es keinen Zweifel!