Urs Meier sagt Adieu
Dienstag, 14. Dezember 2004
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Der Schweizer Unparteiische Urs Meier war am Wochenende zum letzten Mal im Einsatz.
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Von Mark Chaplin
Wir haben schon oft gesehen, wie Spieler ihren Abschied von der großen Fußballbühne inszeniert haben. Doch wie sieht es bei Schiedsrichtern aus? Was geht ihnen durch den Kopf, wenn die letzten Sekunden ihres letzten Spiels langsam verrinnen und sie zum letzen Mal die Trillerpfeife ansetzen?
Wechselbad der Gefühle
Dieses Wechselbad der Gefühle hat am vergangenen Wochenende der Schweizer Urs Meier erlebt. Am Samstag leitete Meier - der das zulässige Höchstalter für internationale Schiedsrichter erreicht hat - sein letztes Spiel in der Schweizer Liga. Nach 27 Jahren als Unparteiischer geht er nun in den wohlverdienten "Ruhestand".
Turbulente Abschiedspartie
Der 45-Jährige, der in der Nähe von Zürich lebt, leitete eine ziemlich turbulente Partie zwischen dem FC Basel und dem zweitplatzierten FC Thun. In dem Match ging es vor 23.000 Zuschauern hin und her, insgesamt fielen sechs Tore und Meier musste zwei Mal die Gelbe Karte zücken.
Letzter Moment
Mit dem Fingerzeig zum Mittelkreis signalisierte Meier nicht nur das Ende des Spiels, sondern auch das Ende einer langen und ereignisreichen Schiedsrichterkarriere, in der er große Erfolge gefeiert hat. Nach dem Trikottausch mit Thuns Andreas Gerber ließ er seinen Emotionen, eine Mischung aus "Freude, Trauer und Nostalgie", die er schon vor dem Spiel empfunden hatte, freien Lauf. Von einem plötzlichen Gefühl der Leere übermannt, bekam er feuchte Augen.
Erfolgreiche Laufbahn
Seine Laufbahn als Schiedsrichter startete Meier 1977. 1991 wurde er Schiedsrichter der Schweizer Eliteliga, 1994 wurde er FIFA-Unparteiischer. Auf europäischer Ebene kam er 1994 bei der UEFA-U16-Europameisterschaft in der Republik Irland zum Einsatz und schaffte es schließlich bis in die High Society der Schiedsrichterwelt.
Große Stadien als Anreiz
"Ich wurde Schiedsrichter, weil ich nicht so gut Fußball spielen konnte", sagte er. "Ich wollte den Fußball in großen Stadien wie dem San Siro in Mailand erleben, und das konnte ich als Schiedsrichter verwirklichen."
Gefühlsrepertoire
Wenn er auf seine Karriere zurückblickt, blickt er auf das komplette Gefühlsrepertoire zurück, das sich ein Spitzenschiedsrichter während seiner Laufbahn aneignet. 1998 leitete er beispielsweise das historische FIFA-WM-Spiel zwischen den USA und Iran. "Die Stimmung im Stadion war unglaublich", sagte er.
Große Verantwortung
Nach seinem Engagement bei der UEFA EURO 2000™ leitete er 2001/02 das Endspiel der UEFA Champions League zwischen Bayer 04 Leverkusen und Real Madrid CF. In Korea/Japan wurde er zwei Mal eingesetzt, unter anderem im Halbfinale zwischen Südkorea und Deutschland.
Erfahrung in Portugal
In diesem Sommer hatte Meier nicht so gut lachen. Bei der EURO 2004™ geriet der Unparteiische ins Kreuzfeuer der britischen Boulevardpresse, weil er im Viertelfinale zwischen England und Portugal den Engländern zu Recht ein Tor aberkannt hatte. Die Folge war eine regelrechte Treibjagd der Yellow Press, die die UEFA als "inakzeptabel" beschrieb.
Schwieriger Job
Laut Meier ist der Job eines Schiedsrichters im Laufe der Jahre immer schwieriger geworden - durch das schnellere Tempo, den kommerziellen Druck und das Benehmen der Spieler. Er spricht vielen Kollegen aus der Seele, wenn er sagt, dass Spielern ihre Fehler meist vergeben werden, Schiedsrichtern aber nie.
Große Genugtuung
Nun tritt sein Sohn in die Fußstapfen des Vaters - und Meier will ihm seine Pfeife weiter reichen. Gerbers Thun-Trikot wird er neben das von Zinedine Zidane hängen, das ihm der Superstar nach dem ersten Match im Stade de France überlassen hatte. Wenn die erste Trauer erst einmal verflogen ist, wird Meier mit einem Lächeln auf eine einzigartige Schiedsrichterlaufbahn zurückblicken können.