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Welche Erwartungen stellt ein Verein an seinen Cheftrainer?

Trainerausbilder

Ein Trainer muss sich verschiedene Gedanken machen, bevor er ein Jobangebot annimmt – unter anderem muss er sich fragen, ob er den Erwartungen des Vereins gerecht werden kann und ob er zum Verein passt. Dies war eine der Botschaften beim jüngsten Seminar für UEFA-Pro-Lizenz-Anwärter.

Bernhard Heusler, ehemaliger Präsident des FC Basel.
Bernhard Heusler, ehemaliger Präsident des FC Basel. ©UEFA

Welche Erwartungen stellen ein Verein und sein Präsident bzw. Eigentümer an den Cheftrainer? Und wie kann ein Trainer diesen Erwartungen gerecht werden? Dies war eine der Schlüsselfragen, mit denen sich die aus England, Italien, Schweden und Spanien stammenden Teilnehmer des jüngsten Seminars für UEFA-Pro-Lizenz-Anwärter in Nyon auseinandersetzten.

Bernhard Heusler, der von 2012 bis 2017 Präsident des FC Basel war, gab den Traineranwärtern nützliche Ratschläge aus einem für sie neuen und ungewohnten Blickwinkel auf den Weg. Der Schweizer, der mit Basel acht Meistertitel in Folge feiern durfte, betonte, dass Trainer die richtige Balance zwischen Anspruch und Realität finden müssen, bevor sie in diesem erfüllenden, aber auch mit Risiken und hohem Erwartungsdruck verbundenen Geschäft ein Jobangebot annehmen.

Am Seminar in Nyon nahmen angehende Trainer aus England, Italien, Schweden und Spanien teil.
Am Seminar in Nyon nahmen angehende Trainer aus England, Italien, Schweden und Spanien teil.©UEFA

Laut Heusler müssen Trainer unbedingt ein persönliches Profil erstellen, um sicherzugehen, dass sie den Anforderungen eines potenziellen künftigen Arbeitgebers gerecht werden und sich mit dem jeweiligen Arbeitsumfeld identifizieren können. „Führen Sie eine Selbstbewertung durch, um sich selber einzuschätzen, und seien Sie sich Ihrer Stärken und Schwächen als Person und als Trainer bewusst“, so Heusler. „Denn Sie werden nicht in jeden Verein passen. Da müssen Sie mit sich selber ehrlich sein.“

Heusler ermutigte die Traineranwärter dazu, sich vor der Annahme eines Jobangebots eingehend mit dem möglichen neuen Arbeitgeber zu befassen. „Schauen Sie sich den Verein genau an. Finden Sie heraus, wie er geführt wird und für welche Werte er steht. Befassen Sie sich mit der Geschichte des Vereins, recherchieren Sie in den Medien und bringen Sie in Erfahrung, welche Ziele der Verein und sein(e) Eigentümer haben – können Sie diese Ziele erreichen? Achten Sie darauf, wie kommuniziert wird, und stellen Sie sich die Frage ,Kann ich mit den Leuten in diesem Verein zusammenarbeiten‘? Eine solche ,Due-Diligence-Prüfung‘ wird Ihnen sehr nützlich sein.“

Zum Rüstzeug des Trainers, so Bernhard Heusler weiter, gehöre die Fähigkeit, sich von unrealistischen Erwartungen und Zielsetzungen abzugrenzen. „Ehrlich zu sein und realistische Erwartungen zu haben, bedeutet unter anderem, dass jemand, der bei einem Abstiegskandidaten in der Schweiz den Job verliert, keinen Anruf von einem Bundesliga-Spitzenklub erwarten kann.“

Heusler warnte die angehenden Trainer auch vor Trittbrettfahrern, die einen gefährlichen und negativen Einfluss haben könnten. „Sie stehen in der Öffentlichkeit und es wird Leute geben, die deswegen Ihre Nähe suchen. Nicht alle haben ehrliche Absichten und werden Ihnen möglicherweise ein falsches Bild der Realität zeichnen.“

Gruppenfoto vom Seminar in Nyon.
Gruppenfoto vom Seminar in Nyon.©UEFA

Die Selbstbewertung des Trainers muss laut Heusler auch eine ehrliche persönliche Einschätzung der eigenen Fähigkeit, die verschiedenen Facetten des Trainerjobs zu bewältigen, beinhalten. „Sie müssen sich fragen, ob sie mit dem hohen Druck und dem öffentlichen Interesse an Ihrer Person umgehen können. Es wird Situationen geben, in denen der Präsident möglicherweise an Ihnen zweifelt, die Hälfte der Spieler unzufrieden ist, weil sie nicht in der Startelf stehen, oder Sie von Journalisten kritisiert werden. Es ist absolut unverzichtbar, dass Sie jederzeit mit Kritik umgehen können.“

Mehrfach machte Bernhard Heusler den Pro-Lizenz-Anwärtern klar, dass sie realistische Erwartungen haben und sich insbesondere bewusst sein müssen, dass der Trainerberuf mit viel Ungewissheit verbunden ist. „Trainer zu sein, ist ein wunderbarer Beruf, aber nicht der sicherste. Wenn Sie Jobsicherheit möchten, sollten Sie vielleicht nicht Trainer werden. Aber Sie können es sich leichter machen, indem Sie sich ein gutes Arbeitsumfeld suchen.“