UEFA.com funktioniert besser bei anderen Browsern
Um das bestmögliche Erlebnis zu haben, empfehlen wir, Chrome, Firefox oder Microsoft Edge zu verwenden.

Frauen im Fußball: fünf leuchtende Vorbilder

Die UEFA

In der jüngsten Serie ihrer Sensibilisierungskampagne beleuchtet die UEFA einmal mehr starke Frauen, die ermutigende Zeichen im europäischen Fußball setzen.

Anfang des Jahres startete die UEFA eine neue Kampagne, um starken Frauen, die maßgeblich zur Entwicklung des Fußballs in Europa beitragen, Gehör zu verleihen.

Im Rahmen dieser Kampagne stellt die UEFA jeden Monat fünf Frauen vor, die mit ihrem Engagement den Fußball heute und in Zukunft auf allen Leistungsstufen mitgestalten. Ob auf dem Spielfeld, vor der Kamera oder in den Vorstandsetagen – jede von uns vorgestellte Protagonistin hat eine bewegende Geschichte zu erzählen, die viele andere Mädchen und Frauen inspirieren kann, dem Spiel ihren eigenen Stempel aufzudrücken.

Lesen Sie mehr zu weiteren inspirierenden Beispielen

In unserer neuesten Reihe sprechen wir mit:

• Riem Hussein, Schiedsrichterin beim Endspiel der UEFA Women’s Champions League 2021

• Sarah Zadrazil, Spielerin des FC Bayern München und „We Play Strong“-Botschafterin

• Nora Häuptle, Trainerin mit UEFA-Pro-Lizenz

• Priscilla Janssens, Venue Director

• Jessica Çarmikli, Spielerin bei Beşiktaş Istanbul und zweifache Mutter

Riem Hussein: „Das Pfeifen hat mir viele Türen geöffnet. Ich fühle mich sehr privilegiert.“

 Riem Hussein in Aktion.
Riem Hussein in Aktion.Getty Images

Wie sind Sie Schiedsrichterin geworden?

„Ich habe früher selbst Fußball gespielt und bin bis in die 2. Liga gekommen. Als Stürmerin war ich dabei recht erfolgreich. Häufig habe ich mich aber über die Referees beschwert. Ich war der Meinung, dass ich das besser kann. Also habe ich den Schiedsrichter-Lehrgang absolviert und erfolgreich abgeschlossen. Das Pfeifen hat mir viel Spaß gemacht und mich nicht mehr losgelassen. Einige Zeit lang stand ich sonntags weiterhin als Spielerin auf dem Platz und habe freitags und samstags Spiele gepfiffen. Eines Tages spürte ich, dass ich als Schiedsrichterin mehr Möglichkeiten habe, um voranzukommen. Ich glaube, dass Referees, die selbst gespielt haben, ein besseres Gefühl für den Fußball haben. Das ist ein riesiger Vorteil. Man braucht aber auch die richtige Mentalität und muss sehr gut mit Druck umgehen können.“

Sie leiten sowohl Spiele bei den Frauen als auch bei den Männern. Was sind Ihrer Meinung nach die größten Unterschiede und wie hat sich der Frauenfußball entwickelt?

„Bei den Männern sind Tempo und Intensität höher, das ist körperlich anstrengender. Man muss anders mit den Spielern umgehen, weil es so viele verschiedene Charaktere gibt. Doch die Spiele bei den Frauen werden auch immer anspruchsvoller. Die Spielerinnen finden bessere Trainings- und Wettkampfbedingungen vor und dadurch steigt das Niveau ständig an. Man spürt, dass hier etwas heranwächst. Als Referee muss man in Top-Form sein, das gebührt allein der Respekt vor den Akteuren. Der DFB, die UEFA und die FIFA unterstützen uns in Sachen Fitness, bei taktischen Analysen, mit Systemen zur Verbesserung der Kommunikation auf dem Platz oder durch die Einführung des Videoassistenten. Das Umfeld ist dadurch äußerst professionell. Für mich macht es keinen Unterschied, ob ich mich auf eine Partie bei den Männern oder bei den Frauen vorbereite.“

Welchen Rat würden Sie Mädchen und jungen Frauen geben, die sich für das Schiedsrichterwesen interessieren?

„Man muss seinem Gefühl folgen. Die Motivation muss von innen heraus kommen. Von außen kann da niemand einwirken. Es wäre toll, wenn mehr Mädchen und Frauen Spiele leiten würden. Wir brauchen gute, junge Referees und Leute, die sich für den Schiedsrichterjob interessieren. Da will ich ganz ehrlich sein. Als Spielerin hätte ich es nie ins Finale der Women‘s Champions League geschafft. Geschweige denn mit 40 Jahren. Doch als Schiedsrichterin habe ich die Chance erhalten, in richtig großen Spielen eine wichtige Rolle zu spielen. Ich fühle mich dadurch sehr privilegiert.“

Mehr zum Endspiel der Women‘s Champions League

Sarah Zadrazil: „Bei den Zuschauerzahlen gibt es riesiges Potenzial. Wir müssen dafür sorgen, dass mehr Menschen die Spiele live sehen können.“

Sarah Zadrazil wechselte vor der Saison zu den Bayern.
Sarah Zadrazil wechselte vor der Saison zu den Bayern.UEFA via Getty Images

Die österreichische Nationalspielerin Sarah Zadrazil zieht seit dieser Saison im Mittelfeld des FC Bayern München die Fäden. Im Alter von fünf Jahren begann sie mit dem Fußballspielen. Bevor sie in der Frauen-Bundesliga bei Turbine Potsdam durchstartete, verdiente sie sich ihre ersten fußballerischen Sporen am College in den USA. Die junge Österreicherin ist außerdem Botschafterin der UEFA-Initiative „We Play Strong“. In den sozialen Medien verbreitet sie Videos mit ihren Freunden und Mitspielerinnen, um Mädchen und junge Frauen so nachhaltig für den Fußball zu begeistern.

In Sachen Frauenfußball nimmt Amerika seit langer Zeit eine Vorreiterrolle ein. Hat Europa langsam aufgeholt?

„Ich habe immer davon geträumt, in den Staaten zu spielen. Der Frauenfußball hat in den USA seit jeher einen hohen Stellenwert. Anfangs war es nicht leicht, aber ich bin sehr froh, dass ich diesen Schritt gegangen bin – es war eine unglaubliche Erfahrung. In Amerika galt Fußball schon immer als Frauensportart. Die Stadien sind ausverkauft, die Atmosphäre bei den Spielen ist einfach gigantisch. Daran sollten wir uns in Europa orientieren. Spieltechnisch ist die Qualität mittlerweile sehr viel besser geworden. Der Fußball hat sich auf allen Ebenen enorm weiterentwickelt. Das Spiel ist heute schneller, körperbetonter und auch technisch anspruchsvoller. Man sieht das auf dem Platz – das Tempo ist derart hoch, dass man immer hochkonzentriert sein muss.“

Wie könnte sich der Frauenfußball in Europa zukünftig weiterentwickeln?

„Gerade bei den Zuschauerzahlen gibt es riesiges Potenzial. Wir müssen dafür sorgen, dass mehr Menschen die Spiele live im Fernsehen verfolgen können. Außerdem sollten die kleineren Klubs unterstützt werden, damit der Wettbewerb in den nationalen Ligen gestärkt wird. Man sieht deutliche Unterschiede zwischen einem reinen Frauenteam wie Turbine Potsdam oder Klubs wie Bayern München, die aufgrund des Bekanntheitsgrades ihrer Männermannschaft enormes finanzielles Potenzial haben. Natürlich ist es super, dass die großen Vereine zunehmend im Frauenfußball aktiv werden, erstklassige Infrastruktur bieten und sich gut um die Spielerinnen kümmern. Aber am besten wäre es, wenn alle Teams diese Möglichkeiten hätten, um sich weiterzuentwickeln und konkurrenzfähig zu bleiben.“

Welchen Rat würden Sie Mädchen geben, die in Ihre Fußstapfen treten wollen?

„Man muss Spaß am Fußball haben und darf sich nicht zu sehr unter Druck setzen. Spaß ist das Wichtigste. Mit dieser Devise bin ich bisher immer gut gefahren – auch heute noch. Als Profispielerin fühle ich mich mit meinem Beruf sehr privilegiert. Man muss außerdem immer an sich glauben. Ehrlich gesagt muss man aber auch sehr viel opfern. Das ist nicht immer lustig, doch am Ende kann es sich richtig lohnen. Also Mädels, glaubt an euch und nutzt die Chancen, die sich euch bieten! Mit den Videos für die Initiative „We Play Strong“ wollen wir zeigen, dass in unserer Truppe echte Freundschaften entstanden sind. Wir werfen auch einen Blick auf den Frauenfußball außerhalb des Platzes. Das Projekt ist echt cool, da es Mädchen einen Blick hinter die Kulissen ermöglicht und ihnen das Leben von Top-Spielerinnen näherbringt.“

Sehen Sie das Beste von „We Play Strong“

Nora Häuptle: „Der Fußball hat rund um den Globus eine enorme Anziehungskraft. Er sendet auch in schwierigen Zeiten ein Licht der Hoffnung.“

 Nora Häuptle war bis vor Kurzem die einzige Trainerin in der Frauen-Bundesliga.
Nora Häuptle war bis vor Kurzem die einzige Trainerin in der Frauen-Bundesliga.Getty Images

Die ehemalige Schweizer Nationalspielerin Nora Häuptle hat ihren Platz auf dem Spielfeld frühzeitig gegen die Bank an der Seitenlinie getauscht. Nach ersten Erfahrungen als Trainerin der Jugend-Teams des FC Thun sammelte sie anschließend Erfahrungen als Konditionstrainerin im Profi-Tennis. Doch das runde Leder ließ Nora Häuptle nie los: Im Jahr 2015 übernahm sie das Schweizer U19-Nationalteam der Frauen und führte es bei der EM 2016 bis ins Halbfinale. Bis vor Kurzem trainierte Nora Häuptle die Damen des SC Sand und war damit die einzige Trainerin in der deutschen Frauen-Bundesliga. Die Inhaberin der UEFA-Pro-Lizenz nahm auch am Trainerinnen-Mentoringprogramm der UEFA teil.

Wer hat sie in jungen Jahren zu einer Karriere im Fußball inspiriert?

„Als junges Mädchen hatte ich ausschließlich männliche Vorbilder – Alain Sutter oder Andy Egli zum Beispiel. Interessanterweise waren beide auch im Frauenfußball aktiv. Mit 16 war ich bei der Frauen-WM 1999 in den USA. Das war gigantisch. Die Stadien waren teilweise mit 80 000 Zuschauern gefüllt. Für Leute aus der Schweiz ist das unvorstellbar. Ich kann mich noch gut an ein Sportgeschäft erinnern, in dem eine riesige Wand 25 m hoch mit Postern tapeziert war – darauf waren Michael Jordan und Mia Hamm zu sehen. Da habe ich zum ersten Mal gespürt, dass auch Frauen echte Fußballstars sein können. Von da an habe ich zu Mia Hamm aufgeschaut, sie war ein Vorbild für mich.“

Sie waren die einzige Cheftrainerin in der Frauen-Bundesliga. Warum gibt es so wenige Frauen an der Seitenlinie?

„Wir sollten mehr Frauen dazu bringen, sich im Breitenfußball zu engagieren. Wir sollten ihnen mehr Möglichkeiten bieten und ihnen die Angst nehmen, nicht gut genug zu sein. Frauen neigen dazu, sich häufiger zu hinterfragen. Dem müssen wir gleich zu Beginn ihrer Trainerlaufbahn entgegenwirken. Frauen müssen das Gefühl haben, Fehler machen und mit ihren Aufgaben wachsen zu können. Dann wird es auch mehr Trainerinnen geben, die dem Fußball einen echten Mehrwert bringen. Der Fußball hat rund um den Globus eine enorme Anziehungskraft. Er sendet selbst in schwierigen Zeiten wie der Corona-Pandemie ein Licht der Hoffnung. Ich würde es begrüßen, wenn jede Frau die Möglichkeit hätte, sich in unserer Sportart zu engagieren.“

Welche Veränderungen sehen Sie für den Frauenfußball kommen?

„Das Spiel bei den Männern hat eine über 100-jährige Tradition. Doch die taktischen Aspekte und die Spieldynamik von heute haben sich erst in den letzten 20 Jahren herauskristallisiert. Ich glaube, der Frauenfußball kann daraus innerhalb kürzester Zeit seine eigenen Schlüsse ziehen. Ich denke da beispielsweise an die Torhüter, die bei eigenem Ballbesitz zum elften Feldspieler geworden sind. In der Abwehrarbeit lassen sich die Entwicklungen bei den Männern nicht 1:1 auf den Frauenfußball übertragen, da Frauen von Natur aus kleiner sind als Männer. Hier ist also ein anderer Blickwinkel nötig. Außerdem spielen frauenspezifische Themen wie die physische Entwicklung, Krafttraining, der weibliche Menstruationszyklus und die Verletzungsprävention eine immer größere Rolle. Darüber hinaus muss man sich als Coach immer weiterbilden, um über die aktuellsten Entwicklungen im Fußball informiert zu sein. So kann man der Konkurrenz einen Schritt voraus bleiben und weiß, wohin der Weg führen soll.“

Erfahren Sie mehr über die Trainerdiplome der UEFA

Priscilla Janssens: „Man muss sich auf die 90 % konzentrieren, die man beeinflussen kann – nicht auf die restlichen 10 %!“

Priscilla Janssens übernahm 2004 als erste Frau die Position als Venue Director der UEFA.
Priscilla Janssens übernahm 2004 als erste Frau die Position als Venue Director der UEFA.

Priscilla Janssens wurde als Tochter eines Niederländers und einer Engländerin in Brasilien geboren und hat Fußball förmlich im Blut. Ihre ersten Schritte in der Sportart machte sie bei Ajax Amsterdam, wo sie junge ausländische Spieler dabei unterstützte, sich in den Niederlanden einzugewöhnen. Bei der EURO 2004 war sie dann als Team Liaison Manager (Mannschafts-Kontaktperson) tätig und wurde anschließend zur ersten Frau bei der UEFA, die als Venue Director (Spielortverantwortliche) arbeitete. In dieser wichtigen Funktion sorgt sie dafür, dass die Spieltage reibungslos ablaufen. In ihrer bisherigen Karriere hat sie bei verschiedenen großen Turnieren der UEFA und der FIFA gearbeitet und 2007 die Eredivisie der Frauen mit ins Leben gerufen.

Sie waren die erste Frau, die als Venue Director der UEFA gearbeitet hat, und haben in dieser Funktion einen reichen Erfahrungsschatz aufgebaut. Wie hat die Corona-Pandemie Ihre Rolle im vergangenen Jahr beeinflusst?

„Die Auswirkungen der Pandemie waren enorm. Die Spielorganisation ist dadurch noch einmal komplexer geworden. Man muss bei jedem einzelnen Schritt noch viel sorgfältiger als sonst vorgehen. In jedem Bereich ist nur eine bestimmte Personenanzahl zugelassen, alles muss regelmäßig desinfiziert werden. Daher ist es ganz schön knifflig, einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten. Als im vergangenen August der Spielbetrieb wieder aufgenommen wurde, durfte ich sieben Begegnungen in den Klubwettbewerben organisieren. Ich fühlte mich sehr privilegiert, zu dieser Zeit bei einem Fußballspiel dabei sein zu dürfen. Es lastete aber auch eine große Verantwortung auf meinen Schultern, um alles sicher über die Bühne zu bringen. Da war bei allen Beteiligten – einschließlich der Teams – einiges an Geduld und Flexibilität gefragt. Allen war jedoch bewusst, wie wichtig die Maßnahmen waren, damit die Spiele überhaupt stattfinden konnten.“

Was sind die wichtigsten Fähigkeiten, um in einer Funktion wie Ihrer erfolgreich zu sein? Was würden Sie anderen Frauen raten, die in der Sportart beruflich Fuß fassen wollen?

„Optimale Voraussetzungen hat man, wenn man in Drucksituationen die Ruhe bewahren und lösungsorientiert an Probleme herangehen kann. Außerdem braucht man ein gewisses Durchsetzungsvermögen. Welchen Rat kann ich anderen Frauen geben? Sie sollten sich im Klaren darüber sein, was sie erreichen möchten. Dann können sie gezielt handeln, wenn sich eine Chance ergibt. Ziele sind sehr wichtig. Denn andere können nur helfen, wenn es ein Ziel gibt, auf das man hinarbeitet. Und man sollte sich immer auf die 90 % konzentrieren, die man beeinflussen kann – nicht auf die restlichen 10 %. Vielleicht passieren dabei Fehler, aber daraus kann man lernen. Aus Erfahrungen kann man immer lernen.“

Das neue Format der UEFA Women‘s Champions League hebt den Frauenfußball auf eine neue Ebene. Gibt es weitere Änderungen, die Sie sich wünschen?

„Ich finde das neue Format großartig. Es wird den Frauenfußball voranbringen. Ich weiß, dass die UEFA in Vorbereitung auf die neue Saison intensiv daran gearbeitet hat, mehr Frauen für die Position als Venue Director zu begeistern. Schließlich gibt es mehr Spiele in der Women‘s Champions League und in der neu eingeführten Europa Conference League. Angesichts der zentralen Vermarktung ab der Gruppenphase wird der Einsatz erfahrener Venue Directors und Broadcast Manager auch organisatorisch einiges verändern. Durch Mehreinnahmen aus den TV-Übertragungen und aus Sponsoringverträgen können die Klubs ihre Infrastruktur verbessern und sich professioneller aufstellen. Ich würde mir wünschen, dass Spielerinnen künftig auch mehr Geld in ihrer Profikarriere verdienen. Das wird zwar noch etwas Zeit brauchen, doch auch hier sehe ich einen Hoffnungsschimmer. Denn Frauen arbeiten genauso engagiert und leidenschaftlich an ihrer Karriere wie die Männer.“

UEFA-Dokumentation zur Wiederaufnahme des Spielbetriebs in der Corona-Pandemie

Jessica Çarmikli: „Ich bin der Beweis, dass man auch als Mutter professionell Fußball spielen kann.“

Auch als zweifache Mutter feiert Jessica Çarmikli Erfolge auf dem Spielfeld.
Auch als zweifache Mutter feiert Jessica Çarmikli Erfolge auf dem Spielfeld.

Die gebürtige US-Amerikanerin Jessica Çarmikli feiert als Profispielerin bei Beşiktaş Istanbul große sportliche Erfolge. Als sie nach Europa kam, hatte die „Soccer Mom“ mit ihrer Karriere eigentlich schon abgeschlossen. Doch nach der Geburt ihrer beiden Kinder schnürte sie wieder die Stiefel und hat nun sogar ein Länderspiel für die Türkei in ihrer Vita stehen. Darüber hinaus arbeitet sie als Koordinatorin Kommunikation beim türkischen Spitzenklub und möchte nach ihrer Profikarriere den Frauenfußball weiter fördern.

Als Sie nach Europa kamen, haben Sie zunächst für Teams in Spanien und Russland gespielt. Mit Mitte 20 – für viele Spielerinnen Höhepunkt ihrer Karriere – hatten Sie die Schuhe bereits an den berühmten Nagel gehängt. Warum?

„Ich bin in den USA aufgewachsen. Dort ist Frauenfußball schon seit jeher fest etabliert. Bis ich 2009 nach Europa kam, war mir gar nicht bewusst, in welch privilegierter Lage ich mich in Amerika befand. Die Bedingungen, die ich hier im Frauenfußball vorfand, haben mich teilweise frustriert und wütend zurückgelassen: Im Gegensatz zu den USA konnte ich in Europa meinen Lebensunterhalt nicht mit Fußballspielen bestreiten. Das war extrem ernüchternd. Ich habe sechs Jahre lang als Englischlehrerin und Sportmanagerin für Tennisverbände gearbeitet, um mich über Wasser zu halten. Heute haben sich viele Dinge zum Besseren gewandelt. Wenn sich noch mehr große Vereine im Frauenfußball engagieren, wird es nochmal einen richtigen Schub geben. Aus vielen Richtungen hört man immer wieder, dass sie Frauen unterstützen und sich für Gleichberechtigung einsetzen wollen. Aber solange man kein eigenes Frauenteam hat, bleiben es eben leere Worte.“

Sie sind 2016 zu Beşiktaş gekommen und mittlerweile zweifache Mutter. Das klingt nach einer ziemlich aufregenden Reise.

„Tief in mir wusste ich immer, dass ich irgendwann auf den Platz zurückkehren würde. Ich hatte das große Glück, dass meine zwei Kinder in den Reihen des Teams aufwachsen konnten. Das gängige Bild in der Türkei ist, dass junge Mütter nach der Geburt zu Hause bleiben und nicht arbeiten gehen. Ich bin der Beweis, dass man auch als Mutter Profisportlerin sein kann, wenn man die nötige Unterstützung erhält. Wenn meine Mitspielerinnen darüber reden, dass auch sie Kinder haben wollen und ich ihr Vorbild bin, rührt mich das zu Tränen. Es ist toll, dass ich nicht mehr die einzige Mutter im Team bin. Nach der Geburt meiner Kinder war ich fest entschlossen, es den Leuten zu beweisen. Ich wusste, dass ich es mit harter Arbeit schaffen kann. Drei Monate nach der Geburt meines zweiten Kindes stand ich wieder auf dem Platz. Doch man muss natürlich sagen, dass jede Frau und jede Schwangerschaft anders sind. Daher soll dieser Aspekt meiner Geschichte kein Maßstab für andere sein.“

Werden die Teams und die Frauen im Fußball heute zielgerichteter unterstützt? Wie könnte sich diese Entwicklung fortsetzen?

„Ich habe das große Glück, dass mir Beşiktaş bei Auswärtsspielen ein eigenes Zimmer zur Verfügung gestellt hat. So konnte ich mich um meine Kinder kümmern und auch das Kindermädchen mit auf Reisen nehmen. Solche Dinge halten einem natürlich den Rücken frei und sind eine große Motivation, um nach der Auszeit wieder auf Spielfeld zurückzukehren. Das neue Reglement der UEFA Women‘s Champions League wird ebenfalls vieles zum Positiven verändern, da die Klubs ihre Kaderlisten anpassen können, wenn Spielerinnen schwanger werden oder nach einer Schwangerschaft zurückkehren wollen. Das nimmt den physischen und psychischen Druck. Es ist eine gemeinsame Anstrengung und viel Teamwork, aber am Ende geht es im Fußball ja genau darum.“

Lesen Sie mehr zur neuen Women‘s Champions League