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Beckenbauers Rückblick auf Deutschlands Triumph 1972

Von der "Vaterfigur" Helmut Schön zum "Phänomen" Gerd Müller - Franz Beckenbauer, der im Alter von 78 Jahren verstarb, blickte 2012 zurück auf die goldene Ära der Bundesrepublik Deutschland, die er 1972 als Kapitän zum EM-Titel geführt hatte.

Franz Beckenbauer und Helmut Schön nach dem Triumph der Bundesrepublik Deutschland 1972
Franz Beckenbauer und Helmut Schön nach dem Triumph der Bundesrepublik Deutschland 1972 ©Getty Images

Franz Beckenbauer, König der Liberos in einer gleichermaßen majestätischen Mannschaft der Bundesrepublik Deutschland, blickte in einem Interview von 2012 zurück auf die Truppe, die er 1972 als Kapitän zum Titelgewinn bei der UEFA-Europameisterschaft geführt hatte. "Der Kaiser" befasste sich mit dem Einfluss von Trainer Helmut Schön, den Toren von Gerd Müller und der Enttäuschung über die verpasste Titelverteidigung 1976.

Warum war das Team von 1972 so gut?

Franz Beckenbauer: Es brauchte etwas Zeit, um uns zu finden; nach der Weltmeisterschaft 1970 musste sich etwas ändern. Die großen Spieler aus diesem Team hörten auf, und es war an der Zeit, dass neue auftauchten. Ich denke, der Grund für den Erfolg war die Zusammenstellung des Teams - sechs Spieler kamen von den Bayern, drei von Mönchengladbach.

Ich denke, das Spiel in Wembley [ein 3:1-Sieg im Hinspiel des Viertelfinales] war sehr wichtig. Das war das erste Mal, dass eine deutsche Mannschaft auf englischem Boden gewinnen konnte - es war historisch und natürlich sehr gut für unser Selbstvertrauen. Wir glaubten daran, dass wir jeden schlagen können, wenn wir gegen England in Wembley gewinnen.

Sie waren mehrere Jahre lang der Kapitän - denken Sie, dass die Mannschaft von 1972 die beste war?

Beckenbauer: Ja, aber ich muss auch sagen, dass es nicht so schwierig war, die Europameisterschaft 1972 zu gewinnen. Wir hatten ein schwieriges Spiel, und das war das Viertelfinale in England. In der Endrunde gab es gerade mal vier Teams, heute sind es 16. Es hat sich auf eine Art und Weise entwickelt, die damals keiner für möglich gehalten hätte.

Was hat Ihnen und der deutsche Nationalmannschaft Helmut Schön bedeutet?

Beckenbauer: Helmut Schön war wie ein Vater für uns alle. In der modernen Fußballwelt ist so etwas wie das kaum möglich. Helmut Schön war vor allem ein unglaublicher Mensch. Jeder mochte ihn, er war für alle Spieler da. Heutzutage hat ein Trainer einfach nicht die Zeit, sich so um seine Spieler zu sorgen. Das Geheimnis war, dass alle in der Nationalmannschaft spielen wollten, weil sie wussten, dass sich Helmut Schön um sie kümmern würde.

Es gibt viele Geschichten über Gerd Müller - erzählen Sie uns von ihm, bitte?

Beckenbauer: Gerd Müller war ein Phänomen - er hat so viele Treffer erzielt. Gott sei Dank hat er für die Bayern und die deutsche Nationalmannschaft gespielt. Ohne ihn, denke ich, hätten wir weder die Europameisterschaft noch die Weltmeisterschaft gewonnen; man braucht Spieler wie ihn. Keiner hat es besser verstanden, Tore zu schießen - seine Schnelligkeit war unglaublich. Im Training habe ich gegen ihn gespielt und ich hatte nie eine Chance. Wir kannten seine Bewegungsabläufe, konnten ihn aber trotzdem nicht stoppen - so schnell war er.

An was erinnern Sie sich bei der Niederlage im Elfmeterschießen gegen die Tschechoslowakei im Finale 1976?

Beckenbauer: Nach dem Gewinn der Europameisterschaft '72 und der Weltmeisterschaft '74 war die Mannschaft ein wenig auf dem Abstieg; Gerd Müller und [Wolfgang] Overath hatten aufgehört, deshalb waren einige wichtige Spieler 1976 nicht mehr dabei. So gab es ein Vakuum, das keiner füllen konnte. Wer hätte Gerd Müller ersetzen können? Keiner. So war es auch bei Overath.

Wir waren folglich sehr glücklich, als wir die Endrunde erreichten, und natürlich noch mehr beim Einzug ins Endspiel. Wir setzten uns im Halbfinale gegen Jugoslawien in der Verlängerung durch und standen im Endspiel - das erste, das im Elfmeterschießen entschieden wurde. Davor hatte es im Falle eines Unentschiedens ein Wiederholungsspiel gegeben. Wir waren auf das Elfmeterschießen überhaupt nicht vorbereitet - das hatten wir nicht erwartet, deshalb setzte es die Niederlage.