UEFA.com funktioniert besser bei anderen Browsern
Um das bestmögliche Erlebnis zu haben, empfehlen wir, Chrome, Firefox oder Microsoft Edge zu verwenden.

Khedira-Interview Teil 3: Die Mission mit Juve

Seit mehr als 20 Jahren wartet Juventus auf einen großen Titel. Ein deutscher Weltmeister soll helfen, die Leidenszeit zu beenden. Sami Khedira erklärt, was er sich von seiner Zeit bei der Alten Dame erwartet.

Sami Khedira: Im besten Alter zu Juventus
Sami Khedira: Im besten Alter zu Juventus ©UEFA.com

Im ersten Teil unseres Exklusiv-Interviews sprach Sami Khedira über seine ersten Berührungen mit dem Fußball und die Anfangszeit beim VfB Stuttgart, im zweiten Teil ging es um seine Zeit bei Real Madrid. Heute spricht er über seine bisherigen Erfahrungen mit der Alten Dame in Turin.

UEFA.com: Was hat Sie dazu bewegt, zu Juventus zu wechseln?

Sami Khedira: Irgendwann bekommt man ein Gefühl für sich selbst, was man im Leben und in der Karriere noch haben möchte.  Für mich kam der Entschluss, dass Real Madrid mit das Beste war, was mir passieren konnte. Es waren fünf sensationelle Jahre, die mich als Sportler und als Mensch geprägt haben. Ich habe dort tolle Menschen und Mitspieler kennenlernen dürfen.

Aber ich wusste, dass ich bei dem Auslauf meines Vertrages 28 Jahre alt sein werde. Da musste ich entscheiden, ob ich nochmals verlängern und eventuell meine Karriere bei Real Madrid beenden will, was definitiv auch sensationell gewesen wäre, oder ich will mich nochmals neu herausfordern, etwas Neues sehen und in ein neues Umfeld kommen.

Khedira wurde von Juve als Vidal-Ersatz verpflichtet
Khedira wurde von Juve als Vidal-Ersatz verpflichtet©Getty Images

Deshalb die Entscheidung für ein anderes Land und eine unbekannte Liga?

Ich habe mich danach gesehnt, etwas Neues zu machen. Ich wusste zum Zeitpunkt dieser Entscheidung aber noch nicht, was das genau sein wird. Es kam bei Real Madrid eventuell auch anders an. Aber es war so, dass ich mich nochmals selber neu finden wollte. Dann kam zum Glück der Anruf von Juventus. Es war relativ schnell klar, dass Arturo Vidal den Verein verlassen wird und sie einen Ersatz suchen.

Juventus war Champions-League-Finalist, Serienmeister in der Serie A und zurück im alten Glanz. Neues Land, neue Sprache, neue Kultur. Genau das wollte ich haben, was sich nach Gesprächen mit dem Verein und dem Trainer bestätigt hat. Da war mir klar: Hier kann ich eine Rolle übernehmen, die ich Suche: Ich war in dem Alter, in dem ich den Anspruch an mich selber hatte, Verantwortung zu übernehmen und eine Führungspersönlichkeit zu sein. Das hat gepasst.

Wurden Ihre Erwartungen bezüglich neuer Erfahrungswerte denn bisher erfüllt?

Definitiv. Der Fußball und die Denkweise, wie man den Fußball lebt, ist komplett anders als in Deutschland oder in Spanien. Ich musste mich auch umgewöhnen. Auch von den Trainingsmethoden und der Spielweise her. Aber es ist unglaublich bereichernd, weil Flexibilität und Variabilität für einen Fußballer Gold wert sind.

Ich weiß ja schon, wie man in Deutschland und Spanien zu spielen hat, und jetzt weiß ich auch ungefähr, wie der italienische Fußball und die Menschen hier ticken. Für mich persönlich ist es unheimlich wertvoll. Ich kann jetzt andere Dinge abrufen, als es vielleicht zuvor der Fall war.

Szene eines denkwürdigen Duells mit dem FC Bayern in der vergangenen Saison
Szene eines denkwürdigen Duells mit dem FC Bayern in der vergangenen Saison©Getty Images

Juventus hat bewegende Jahre hinter sich, ist national aber wieder das Maß aller Dinge. Wie groß ist der Hunger, auch auf europäischer Bühne wieder einen großen Wurf zu landen?

Ich glaube, dass Juventus 1996 den letzten internationalen Titel geholt hat. Es wird jetzt wieder Zeit für einen neuen Titel. Dafür bin ich hier, dafür habe ich hier unterschrieben. Ich weiß aber auch, dass man den nicht im Vorbeigehen mitnimmt.

Wir haben eine Mannschaft, die um den Titel mitspielen kann. Aber wir besitzen die Demut und wissen um die Qualitäten der anderen Mannschaften. In der Champions League gibt es acht Mannschaften, die den Wettbewerb gewinnen können. Und alle diese Klubs haben den Anspruch an sich selbst, den Titel zu holen. Es ist eine wahnsinnige Bandbreite an Top-Mannschaften und Top-Spielern da.

Wir wissen, dass ein stückweit Glück von Nöten ist. Aber wir arbeiten hart dafür, um dem Ziel näher zu kommen. Man hat es letztes Jahr gesehen: Wir haben im Achtelfinale mit dem FC Bayern das schwerste Los bekommen und am Ende haben nur zwei Minuten zum Sieg gefehlt. Reden bringt aber nichts, wir müssen arbeiten. Vielleicht müssen wir noch härter arbeiten als andere Mannschaften.

Sami Khedira und Gonzalo Higuaín: Zwei der großen Juve-Hoffnungsträger
Sami Khedira und Gonzalo Higuaín: Zwei der großen Juve-Hoffnungsträger©AFP/Getty Images

Die italienischen Fans gelten als heißblütig. Können Sie das bestätigen?

Mein erstes Spiel für Juve war in der Champions League gegen Sevilla. Ich war davor nur als Zuschauer im Stadion. Ich habe schon eine besondere Atmosphäre wahrgenommen, aber auf dem Spielfeld konnte ich nicht glauben, dass es 'nur' 40 000 Zuschauer waren.

Die Atmosphäre war so laut, dass man das Gefühl bekommt, es wären 100 000 Zuschauer oder noch mehr. Die Fans sind sehr enthusiastisch und fanatisch. Sie pushen einen und das hat man auch in den wichtigen Spielen gemerkt. Das war auch gegen den FC Bayern so, als wir mit 0:2 hinten lagen und kein gutes Spiel gemacht haben.

Die Zuschauer haben nie aufgehört, uns nach vorne zu treiben. Am Ende hätten wir fast das Spiel gewonnen. Es war eine Lautstärke, eine Euphorie und Stimmung im Stadion, die man in dieser Form in Europa selten erlebt.

Wir bedanken uns für das Interview. Eine letzte Frage haben wir noch: Wenn die Karriere irgendwann vorbei ist, wie soll Sami Khedira als Fußballer in Erinnerung bleiben?

Als fairer, ehrgeiziger und absolut professioneller Fußballer und Mensch.

Für dich ausgewählt