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Wiegmann: "Besser als die Bundesliga"

U19-Assistenztrainerin Bettina Wiegmann, Weltmeisterin 2003 und 154-fache Nationalspielerin, spricht über die DFB-Elf und die Qualität des Turniers.

Bettina Wiegmann, Weltmeisterin von 2003 und deutsche Assistenztrainerin, freut sich über das hohe Niveau der UEFA U19-Europameisterschaft
Bettina Wiegmann, Weltmeisterin von 2003 und deutsche Assistenztrainerin, freut sich über das hohe Niveau der UEFA U19-Europameisterschaft ©Sportsfile

Bettina Wiegmann, Frauenfußball-Weltmeisterin 2003 in den USA und 154-fache deutsche Nationalspielerin, ist die prominenteste Assistenztrainerin bei der UEFA U19-Europameisterschaft in Frankreich. Im Interview mit uefa.com spricht sie über die Fitness der deutschen Elf, viel versprechende Talente, die Qualität des Turniers und gestiegene Erwartungen.

uefa.com: Wie beurteilen Sie die Qualität der UEFA U19-Europameisterschaft nach den ersten Spielen?

Die Ergebnisse zeigen, dass es keine großen Unterschiede mehr gibt. Es kommt darauf an, wie eine Mannschaft ihr taktisches Konzept und ihr System an einem bestimmten Tag umsetzt, und welches Team am Besten auf Druck reagieren kann. Ich finde diese Ausgeglichenheit sehr positiv, die Leistungsunterschiede werden geringer, der Frauenfußball entwickelt sich weiter. Das ist eine Voraussetzung für eine spannende EM.

uefa.com: Im Optimalfall bestreitet man hier 5 Spiele in 12 Tagen. Wie bereitet man die Spielerinnen auf diese körperliche und mentale Belastung vor?

Am Wichtigsten ist eine schnelle Regeneration der Spielerinnen, damit sie wieder das hohe Niveau erreichen. Denn die Belastung für die Mädchen ist hoch. Sie sind das nicht gewöhnt, auch wenn sie in der 1. oder 2. Bundesliga spielen. Das Niveau ist hier wesentlich höher. Die Bundesliga ist gut, aber die Belastung hier intensiver, das Tempo über das gesamte Spiel höher. Es gibt Bundesligavereine, mit denen unsere U19 problemlos mithalten würde.

uefa.com: Wie regeneriert man am Besten?

Die Arbeit im Pool ist hilfreich, genauso wie das Auslaufen. Auch die mentale Belastung ist hoch, deswegen haben die Spielerinnen nachmittags meistens frei. Am Tag vor dem Spiel versuchen wir dann mit kurzen, intensiven Belastungen wieder das Tempo für das Spiel zu bekommen. Darüber hinaus gibt es physiotherapeutische Maßnahmen, wie Massagen. Aber wir setzen auch auf die Selbstständigkeit der Spielerinnen, sie wissen am ehesten, wie sie sich am Besten erholen.

uefa.com: Sie haben Erst- und Zweitligaspielerinnen im Team. Es gibt also Unterschiede beim Fitness- und Trainingszustand. Wie gleicht man diese aus?

Das Training in der Bundesliga reicht nicht aus, um auf diesem Niveau spielen zu können. Deswegen bekommen die Spielerinnen individuelle Programme, je nach Typ Ausdauer-, Sprint- oder Kraftprogramme. Wir machen während der Saison Sprint- und Laktattest, denn es geht ja um den langfristigen Aufbau. Vier, fünf Spielerinnen kommen dieses Jahr vielleicht auch noch in den Genuss der U20-WM in Chile.

uefa.com: Die Arbeit der Vereine muss also intensiviert werden?

Wir arbeiten bereits daran, dass es besser wird und wir zusammen mit den Vereinen darauf einwirken, dass sie für Nationalspielerinnen aller Altersstufen Spezialtraining anbieten. Die Intensität ist bisher nicht hoch genug, um international mitzuhalten. Das müssen die Vereine erkennen und den Spielerinnen gewisse Möglichkeiten eröffnen.

uefa.com: Ist es in der Trainerarbeit ein Vorteil, dass Sie selber noch bis vor kurzem aktiv waren?

Ja, weil wir aus eigener Erfahrung sprechen und alles aktiv mitgemacht haben. Wir wissen, was abläuft, wir wissen wie sich die Spielerinnen nach den Spielen fühlen, wir wissen wie Regeneration und Spielvorbereitung aussehen müssen. Wir können uns in die Köpfe der Spielerinnen hineinversetzen und dementsprechend handeln.

uefa.com: Gibt es hier Spielerinnen, die den Sprung in den WM-Kader 2011 schaffen können?

Es sind viele Faktoren, die eine Rolle spielen, aber das Potenzial ist bei zwei, drei Spielerinnen vorhanden. Wir würden uns freuen, wenn es mehr sind, aber man kann die Entwicklung nicht immer vorhersehen. Die Spielerinnen müssen hier lernen, dass es nur eine Etappe auf dem Weg ist, um Erfahrungen zu sammeln. Sie müssen begreifen, dass Talent alleine nicht reicht und dass es ein weiter Weg nach oben ist.

uefa.com: Wie ist der Verantwortungsbereich zwischen Ihnen und Maren Meinert aufgeteilt?

Maren Meinert ist die Chefin hier, aber wir tauschen uns gut aus, kennen uns lange und beraten uns gegenseitig. Es ist ein sehr gutes Miteinander. Manchmal leitet sie das Training, manchmal ich, genauso ist das bei Videoanalysen oder dem Training mit Ersatzspielerinnen.

Deutschland ist in allen Altersstufen erfolgreich. Wie geht man mit der gestiegenen Erwartungshaltung um?

Wenn man viel erreicht hat, liegt die Latte hoch und die Erwartungshaltung ist groß. Wir versuchen den Spielerinnen mit auf den Weg zu geben, dass wir nicht erwarten, dass sie jedes Spiel gewinnen, sondern dass sie die Dinge umsetzen, die wir mit ihnen trainieren. Dann kann auch mal eine Niederlage rauskommen. Unser Hauptziel ist, dass wir sie in der Entwicklung weiter bringen. Wenn die Spielerinnen alles geben und trotzdem verlieren, kann ich niemandem einen Vorwurf machen. Wichtig ist, dass sie aus diesem Turnier möglichst viel mitnehmen. Hier gewinnt man viele Eindrücke, die einen als Spielerin und Mensch gleichermaßen prägen.