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Colin Bell: Meine Trainer-Philosophie

1. FFC Frankfurts Trainer Colin Bell, der erste Engländer, der das Finale in der UEFA Women's League oder UEFA Women's League gewann, spricht über seinen Trainingsstil und Vorbilder.

Colin Bell beim Training mit dem 1. FFC Frankfurt
Colin Bell beim Training mit dem 1. FFC Frankfurt ©Getty Images for UEFA

Zum ersten Mal in der Geschichte der UEFA Champions League oder UEFA Women's Champions League saß ein Engländer auf der Trainerbank, als der 1. FFC Frankfurt im Finale der UEFA Women's Champions League auf Paris Saint-Germain traf - und er holte auf Anhieb den Titel. Aber wer ist das?

Colin Bell begann seine Spielerkarriere bei Leicester City FC, aber 1982 machte er Deutschland zu seiner neuen Heimat und spielte zunächst für den VfL Hamm. 1989 begann er seine Trainerkarriere bei der TuS Koblenz und war in der Folge für verschiedene Vereine tätig, darunter den 1. FC Köln, bevor er 2011 sein Amt beim Frauen-Erstligisten SC 07 Bad Neuenahr antrat.

Zwei Jahre später nahm der 1. FFC Frankfurt Bell unter Vertrag und in seiner ersten Saison gewann er den DFB-Pokal und verpasste erst in einem dramatischen Herzschlagfinale am letzten Spieltag den deutschen Meistertitel. Nun geht es für sein Team in eine entscheidende Woche, denn am Sonntag geht es in einem entscheidenden Ligaspiel gegen den VfL Wolfsburg, vier Tage später kämpft Frankfurt dann in Berlin um seinen vierten europäischen Titel.

Mit UEFA.com sprach Bell über seine Trainer-Philosophie, die von Persönlichkeiten wie dem Schotten Jock Wallace oder seinem ehemaligen Kollegen Jürgen Klopp beeinflusst wurde.

Trainer-Einflüsse ...

Jock Wallace war ein harter Lehrmeister
Jock Wallace war ein harter Lehrmeister©Getty Images

Ich habe von jedem Trainer etwas gelernt. Mein erster Trainer bei Leicester City, Jock Wallace, war sehr hart, aber ein absoluter Fachmann. Die Spieler hatten vor ihm nicht nur Respekt, sondern wären für ihn sogar durchs Feuer gegangen, weil sie wussten, dass er für sie dasselbe tun würde. Wir hatten auch einen sehr guten Jugendtrainer, David Richardson, mit dem ich immer noch befreundet bin. Dann hat mich als Spieler in Mainz Horst-Dieter Strich geprägt, der auch wieder ein harter Trainer, aber ein großer Fachmann war. Und auch von Robert Jung habe ich eine Menge gelernt.

Als ich dann selber Trainer geworden bin und unter Cheftrainer Lorenz-Günther Köstner Co-Trainer beim 1. FC Köln war, habe ich unheimlich viel von Lorenz gelernt, der für mich in Deutschland weiterhin einer der am meisten unterschätzten Trainer ist. Er ist ein super Typ und ein absoluter Fachmann. Und ich kann sagen, dass ich von Uwe Rapolder, mit dem ich in Mannheim gearbeitet habe, taktisch den letzten Feinschliff bekommen habe. Davon habe ich jahrelang profitiert.

In meiner Mainzer Zeit habe ich mit Jürgen Klopp zusammengearbeitet. Er war in seiner Anfangszeit und wir haben uns gegenseitig geholfen. Ich konnte mir dort vieles abschauen. Es gibt immer etwas zu lernen und ich versuche mich immer wieder schlau zu machen. Es gibt natürlich auch heute Vorbilder, José Mourinho oder Pep Guardiola. Man schaut einfach, was sie so machen und wie sie es machen.

Frankfurts Spielweise ...

Video: Frankfurts Meisterwerk im Halbfinale

Wir versuchen durch Ballbesitz und mit einem gepflegten Passspiel Dominanz auszustrahlen. Das Passspiel ist im Frauenfußball weiter entwicklungsfähig, dort muss man ansetzen. Man hat in den letzten Jahren bei den Männern gesehen, wie sich das entwickelt hat. Oft zeige ich meinen Spielerinnen Bilder von Bayern München, Spanien, Deutschland oder Barcelona und ich frage sie, welchen Pass sie nicht spielen können, den die Männer spielen. Meistens gibt es keinen.

Man braucht im Spiel entsprechende Bewegung, eine gute Raumaufteilung, sichere Pässe mit der Innenseite und auch Zielstrebigkeit. Ich möchte nicht in Schönheit sterben, sondern auch Tore machen. Unser Spiel ist geprägt davon, dass wir unbedingt Tore machen wollen. Das ist das, was die Zuschauer ins Stadion lockt. Es geht um Kampf mit viel Leidenschaft und Laufarbeit, aber am Ende wollen alle Tore sehen.

Über den Abgang von Jessica Fishlock nach dem Viertelfinale ...

Fishlock half vor ihrem Abgang mit, Bristol Academy aus dem Wettbewerb zu werfen
Fishlock half vor ihrem Abgang mit, Bristol Academy aus dem Wettbewerb zu werfen©Getty Images


Das war nicht leicht, weil Jess für uns eine tragende Rolle gespielt hat. Sie hat sich sehr schnell in die deutsche Kultur eingelebt - ein anderer Fußball, eine andere Sprache, ein anderes Land. Sie hat sich super damit auseinandergesetzt und war ein Vorbild in unserer Mannschaft. Als Jess das erste Mal nicht dabei war, habe ich meiner Mannschaft gesagt, dass alle etwas davon lernen können. Man konnte Jess quasi aufdrehen und auf den Platz schicken und sie ist nicht müde geworden. Aber die Mannschaft hat das gut kompensiert, wir wussten, dass sie wahrscheinlich gehen würde. Wir mussten an unserem System feilen und die eine oder andere Änderung vornehmen, mehr möchte ich nicht verraten. Jess ist weiter im Geist bei uns und sie meldet sich nach jedem Spiel bei uns. Es ist gut möglich, dass sie nach Berlin [zum Finale] fliegt.

Eindrücke von Gegner Paris ...

Sie sind sehr stark. Ich habe sehr gespannt das Hinspiel in Wolfsburg über Internet geschaut. Das war ein sehr aggressives Spiel von Paris. An diesem Tag waren sie klar besser, in allen Belangen überlegen und haben das Spiel dominiert. In Paris haben sie das Spiel dann nach der 1:0-Führung lange relativ sicher verwaltet, doch dann ist das Spiel gekippt. Das ist die Qualität und Tugend, die sich Wolfsburg angeeignet hat, sich nie geschlagen zu geben, bevor es vorbei ist. Paris hat das Spiel mit etwas Glück und Verstand über die Zeit gebracht, auch mit der starken Leistung der Torhüterin. Das ist eine sehr ausgeglichene Mannschaft, die Fußball spielen und auch sehr aggressiv auftreten kann. Deswegen bin ich mir sicher, dass es eine sehr intensive Partie geben wird.