Klassiker mit ganz besonderen Vorzeichen

Spiele zwischen Deutschland und Österreich sind immer etwas Besonderes. Das anstehende Duell beider U19-Teams am Sonntag (19.30 Uhr) bei der UEFA-U19-EURO in Reutlingen verspricht aber ganz besonders viel Würze.

Das liegt vor allem an Gastgeber Deutschland, der nach den bitteren Pleiten gegen Italien (0:1) und Portugal (3:4) zwar keine Chance mehr auf das Halbfinale hat, aber dennoch umso mehr auf ein Erfolgserlebnis brennt.

Nicht nur Mittelfeldspieler Benjamin Henrichs, dessen Team auf den an der Schulter verletzten Stammkeeper Dominik Reimann verzichten muss, stellt klar: "Unser klares Ziel ist die Qualifikation für das Play-off-Spiel der beiden Gruppendritten am Donnerstag, um uns noch für die U20-WM nächstes Jahr zu qualifizieren. Eine WM im Nachwuchsbereich - das ist für jeden Spieler eine einmalige Gelegenheit, die wir alle ergreifen möchten."

Dazu müsste die Mannschaft von Trainer Guido Streichsbier auf jeden Fall Österreich schlagen, das nach den beiden Remis gegen Portugal und Italien (je 1:1) noch auf jedem der vier Plätze in der Vorrunden-Gruppe A landen könnte. ÖFB-Mittelfeldmann Philipp Malicsek ist sich dessen bewusst, wenn er sagt: "Wir sind sehr zufrieden mit den beiden Spielen bisher, weil wir Punkte gegen extrem starke Gegner geholt haben. Aber wir wissen auch, dass wir diese Spiele nur mit einem Sieg gegen Deutschland richtig veredeln können. Und deshalb ist dieses Spiel natürlich auch für uns wie ein erstes Endspiel."

ÖFB-Keeper Paul Gartler rechnet wohl auch deshalb mit einem "emotionalen, harten Derby", und erklärt: "Wir möchten in diesem Spiel gegen den großen Bruder zeigen, dass wir nicht mehr nur gut Skifahren können in Österreich. Unser Fußball hat sich sehr gut entwickelt und deshalb haben wir jetzt die Chance, auf diesem Level auch Deutschland zu schlagen. Es wird aber sicher ganz schwer, sie zu schlagen." Unmöglich ist es aber sicher nicht.

So gelang seinem Team im letzten Mai [damals noch als U18] bereits ein 1:0 gegen Deutschland. Für Malicsek ist das aber "Vergangenheit, die keinen Einfluss mehr auf das Spiel am Sonntag hat. Es wird viel darauf ankommen, welche Tagesform beide Teams haben und wer weniger entscheidende Fehler macht."

Ihn dürfte eine andere brisante Konstellation interessieren: Österreich könnte nämlich sogar ein Sieg gegen Deutschland nicht zur Qualifikation für das Halbfinale reichen, wenn sich Italien und Portugal im anderen Spiel mit einem Remis trennen, in dem beide Teams jeweils mehr als ein Tor schießen. Sonntag ist also vieles möglich, die Fußballfans können sich auf einen emotionalen Fußballtag freuen.

Das ist die Konstellation in der Gruppe A:

• Portugal (4 Punkte), Italien (4), Österreich (2), Deutschland (0)
• Mit einem Sieg wären Portugal oder Italien sicher Gruppenerster
• Jedes Remis mit mehr als einem Tor pro Team bringt sowohl Portugal als auch Italien ins Halbfinale (Portugal wäre Erster)
• Portugal reicht jedes Unentschieden zum Einzug ins Halbfinale
• Österreich muss gewinnen, um eine Chance auf das Halbfinale zu haben und wäre bei einem eigenen Sieg Erster, wenn das andere Spiel 0:0 endet
• Gewinnt Österreich mit einem anderen Ergebnis als 1:0 und das andere Spiel endet 1:1, sind Portugal und Österreich weiter
• Gewinnt Österreich 1:0 und das andere Spiel endet 1:1, teilen sich Österreich und Italien Platz zwei, in diesem Fall müsste a) die Fairplay-Statistik des Turniers und bei Gleichstand b) das Los entscheiden
• Österreich erreicht Platz drei und das Play-off-Spiel zur Qualifikation für die FIFA-U20-WM 2017 am Donnerstag mit einem Remis
• Deutschland würde mit einem Sieg auf Platz drei springen