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Profil Halbfinalist: Italien

Die Erwartungen waren auch wegen einer holprigen Vorbereitung nicht sehr groß. Jetzt hat Italien aber einige Gänge hochgeschaltet und steht vor dem dritten Einzug in ein EM-Finale.

Mario Balotelli kam bislang in allen vier Spielen der Italiener zum Einsatz
Mario Balotelli kam bislang in allen vier Spielen der Italiener zum Einsatz ©AFP/Getty Images

Wenn man die Vorbereitung der Italiener betrachtet, scheint es ein kleines Wunder zu sein, dass die Azzurri jetzt zum vierten Mal in Halbfinale einer UEFA-Europameisterschaft stehen. Die 0:3-Niederlage eine Woche vor dem Start der UEFA EURO 2012 gegen Russland war seinerzeit die dritte Testspiel-Niederlage in Folge. Der Sieg gegen die Republik Irland, der den Einzug ins Viertelfinale sicherte, war unterdessen der erste bei einer EURO-Endrunde im siebten Anlauf. Jetzt hat die Mannschaft von Cesare Prandelli zu dem Fußball zurückgefunden, der das Team ungeschlagen durch die Qualifikation kommen ließ.

Die Taktik: Die Niederlage gegen Russland und die Wadenverletzung von Andrea Barzagli zwangen Prandelli dazu, sein System von 4-3-1-2 auf 3-5-2 umzustellen. Daniele De Rossi rückte dabei in die Mitte der Dreierkette. Italien erarbeitete sich viel Ballbesitz, hatte gute Chancen, verspielte aber sowohl gegen Spanien als auch gegen Kroatien einen Vorsprung und spielte letztendlich nur 1:1. Nach der Rückkehr von Barzagli stellte Prandelli wieder auf das bewährte System um. Es folgten die Siege gegen Irland und England.

Der Schlüsselspieler: Andrea Pirlo war schon bei der FIFA-Weltmeisterschaft 2006 der kreative Motor des italienischen Spiels. Auch bei diesem Turnier zeigte er wieder seine Extraklasse: Sein Pass auf den Torschützen Antonio Di Natale hebelte die spanische Abwehr aus, sein Freistoß-Traumtor gegen Kroatien passte ganz genau und sein eiskalt verwandelter Elfmeter gegen England sorgte für Staunen bei Millionen Fußballfans. Alessandro Diamanti sagte: "Selbst wenn er müde ist, Pirlo ist trotzdem noch der beste Mittelfeldspieler der Welt."   

Bilanz im EURO-Halbfinale:

05.06.1968 Italien - UdSSR 0:0 (n.V. ITA gewinnt nach Münzwurf)  (Neapel)

22.06.1988 UdSSR - Italien 2:0 (Stuttgart)

29.06.2000 Italien - Niederlande 0:0 (n.V. ITA gewinnt 5:3 i.E) (Amsterdam)

Die Basis: Die Azzurri haben sich in der bislang 24 Spiele umfassenden Amtszeit von Prandelli stetig weiterentwickelt. Der Trainer arbeitet im Training sehr hart mit seinen Spielern, diese ziehen gut mit und stehen hinter dem System ihres Trainers. Die Stimmung ist ausgezeichnet. Ein Beispiel? In einer Trainingseinheit taten sich letztens Mario Balotelli und Di Natale zusammen, um Antonio Cassano ein Bein zu stellen. "Ihr wollt wohl, dass ich mich verletze, oder wie?", schrie dieser laut, während er die lachenden Teamkollegen jagte. Alle scheinen sich gut zu verstehen, auch die direkten Konkurrenten um die Plätze in der Startelf. Cassano sagte zu UEFA.com: "Wir haben viel Spaß, aber am Ende ist es nur das Resultat, was für uns alle zählt."

Die Bilanz in Warschau: Cassano hat gute Erinnerungen an Warschau, ist aber auch der einzige Italiener. Der Stürmer des AC Milan erzielte bei seinem Debüt im Italien-Trikot 2003 gleich sein erstes Länderspieltor. Das Freundschaftsspiel in Warschau endete allerdings 1:3. Die einzige weitere Begegnung Italiens in der polnischen Hauptstadt fand 1975 statt. In der Qualifikation zur UEFA-Europameisterschaft gab es ein torloses Remis.

Auch italienische Klubs hatten selten Spaß an ihren Reisen nach Warschau. In sechs Partien in UEFA-Klubwettbewerben gab es nur einen Sieg für die Gäste, ein 1:0 des FC Internazionale Milano im UEFA-Pokal 1985/86. Die restlichen fünf Partien endeten mit zwei Niederlagen und drei 1:1-Unentschieden. Das letzte Remis dieser Art gab es im UEFA-Pokal 1999/2000. Die Partie von Udinese Calcio in Warschau sah der italienische Ersatzkeeper Morgan De Sanctis seinerzeit von der Bank aus.

Das kann noch besser werden: Prandelli versucht den Rückfall in das Denkmuster "Führung nach Hause bringen" zu verhindern. Nach den beiden eigenen Treffern gegen Spanien und Kroatien entdeckte der Trainer alte Denkmuster, die er gerne für immer löschen würde. "Wir standen auf einmal viel zu tief drin, glaubten wir könnten die Führung so verteidigen", haderte er. "Diese Mentalität müssen wir ablegen." Und auch wenn die Azzurri in drei von vier Partien mehr Ballbesitz hatten und deshalb als verdiente Halbfinalisten bezeichnet werden können, muss man anmerken, dass sie in drei von vier Spielen nicht über ein Unentschieden hinaus kamen. Ein Resultat des verschwenderischen Umgangs mit Torchancen.

Das denkt die heimische Presse: "Das beste italienische Team seit der Weltmeisterschaft in Deutschland hat das Halbfinale der EURO 2012 nach Elfmeterschießen erreicht. Sie haben sich diesen Sieg verdient, das große Leiden zuvor macht diesen außergewöhnlichen Sonntag nur noch schöner. Italien gewann mit Herz, Klasse und Entschlossenheit." (La Gazzetta dello Sport)

Roberto Mancini, Trainer von Manchester City FC, fügte hinzu: "In der zweiten Halbzeit und der Verlängerung haben sie England zermürbt, ihnen die Luft zum Atmen genommen. Sie schienen bereit für den finalen Stoß, der leider nie kam. Ich sage ihnen: Italien kommt ins Finale und spielt dort gegen Portugal."

DAS BRINGT DIE ZUKUNFT: "Wir spielen modernen Fußball. Wenn wir versuchen, selbst die Initiative zu ergreifen, sind wir eine richtig gute Mannschaft. Wenn wir aber versuchen eine Führung nur zu verteidigen, werden wir schnell zu einem Team mit tausend Ängsten." Prandellis Marschroute sollte damit klar sein.

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