Der Fluch des Europameisters

Spanien geht mit überaus viel Selbstvertrauen in die Qualifikation zur UEFA EURO 2012, schließlich sind sie amtierender Welt- und Europameister. Wenn sie in zwei Jahren auch in Polen und der Ukraine triumphieren, wäre es ein bisher unerreichter Coup.

Bei jeder anderen UEFA-Europameisterschaft für Nationalteams hat es bereits erfolgreiche Titelverteidigungen gegeben (drei Männer und drei Frauen-Wettbewerbe, sowie Futsal), doch auf der ganz großen Bühne hat es noch niemand geschafft, zwei Mal hintereinander als Sieger hervorzugehen. Zudem hat es seit 36 Jahren keine Nation mehr geschafft, als Titelverteidiger bis ins Endspiel zu kommen.

Dabei war gleich der allererste Versuch einer Titelverteidigung fast ein Erfolg: Die damalige Sowjetunion hatte die Erstausgabe der EM 1960 gewonnen und war vier Jahre später erst im Endspiel mit 1:2 an Gastgeber Spanien gescheitert, wobei sie das entscheidende Gegentor sogar erst sechs Minuten vor dem Ende kassierten. Spanien, ebenso wie Italien als Titelträger von 1968, verpasste die Teilnehme an der anschließenden Endrunde mit vier Mannschaften, weil man im Viertelfinale unterlegen war.

Im Jahre 1974 gewann die Bundesrepublik Deutschland als erste Mannschaft die FIFA-Weltmeisterschaft als amtierender Europameister, ein Kunststück, das von Spanien in Südafrika vor wenigen Wochen wiederholt wurde. Die DFB-Elf hätte 1976 fast zum zweiten Mal hintereinander die EM gewonnen, scheiterte jedoch in Belgrad gegen die Tschechoslowakei nach Elfmeterschießen. Nach einem 2:2-Unentschieden verschoss damals Uli Hoeness den entscheidenden Versuch, ehe Antonín Panenka mit einem verwandelten Elfmeter Geschichte schrieb.

Danach wurde die Endrunde mit acht Mannschaften ausgetragen und die Titelverteidiger taten sich immer wieder schwer. Die Tschechoslowakei wurde 1980 nur Zweiter in der Gruppenphase und erreichte dafür - anders als in späteren Jahren - nur das Spiel um den dritten Platz. Vier Jahre später schied Deutschland in der Gruppenphase aus und Frankreich, das 1984 mit brillanten Vorstellungen gesiegt hatte, konnte sich für die EM 1988 nicht einmal qualifizieren.

Die Niederlande schien 1992 auf einem guten Weg, wie schon in Deutschland vier Jahre davor den Titel zu holen, allerdings scheiterten sie gegen den späteren Sensationssieger Dänemark im Halbfinale.  Und seit den vier Endrunden, die ab 1996 mit je 16 Teams stattfanden, hat nur Frankreich im Jahre 2004 als Titelverteidiger die Gruppenphase überstanden. Bei der letzten EM schied Griechenland sogar punktlos aus.

Das Phänomen der zum Scheitern verurteilten Titelverteidiger gibt es nur in Europa. Auf jedem anderen Kontinent hat es mindestens ein Team geschafft, den Pokal zwei Mal hintereinander zu holen. Bei der CONMEBOL Copa América (Uruguay), dem CAF Afrikanischen Nationen-Pokal (Ägypten) und der AFC Asienmeisterschaft (Südkorea) konnte die gleiche Mannschaft sogar die zwei ersten Ausgaben gewinnen.

Spanien kann zumindest auf die Leistungen der sechs bisherigen, amtierenden Weltmeister bauen, die an einer UEFA-Europameisterschaft teilgenommen haben. Frankreich holte 2000, also zwei Jahre nach dem WM-Triumph, den Sieg, während Deutschland 1976 und 1992 immerhin bis ins Endspiel vorstieß. England holte 1968 den dritten Platz - ihr bisher bestes Ergebnis bei einer EM. Nur Italien hat es 1984 nicht geschafft, sich als Weltmeister für die EM zu qualifizieren. Vor zwei Jahren erreichten sie das Viertelfinale, unterlagen dort aber im Elfmeterschießen gegen Italien.

*Qualifikationsspiel für Endrunde über Hin- und Rückspiel