Champions League Performance Insights: Wie Real Madrid die Räume findet
Dienstag, 25. Februar 2025
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Rafa Benítez und das Analyseteam der UEFA haben sich intensiv mit Real Madrids Defensivarbeit und den Eigenschaften bei Ballbesitz beschäftigt.
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"Unser Ziel ist es, defensiv stabil zu stehen. Wir haben vorne enorme Qualität, [aber] nicht immer gelingt es uns, als kompakter Block zu verteidigen. Doch in diesen beiden Spielen ist uns das gelungen – und wenn wir diese Basis haben, kommt die individuelle Klasse zum Vorschein."
Diese Analyse von Real Madrids Auftritt gegen Manchester City in den Play-offs der K.-o.-Phase der UEFA Champions League kam von Carlo Ancelotti persönlich. Der Italiener zeigte sich gegenüber TNT Sports zufrieden mit der Kompaktheit seines Teams.
In diesem Artikel analysiert die UEFA-Analyseabteilung Madrids Defensivarbeit und hebt hervor, wie das Team ohne Ballbesitz Räume kontrollierte, aber auch, wie es mit seinen Angriffen gleichzeitig mehrere Räume bespielte.
Der erste Blick gilt Madrids Organisation ohne Ball. Diese Grafik zeigt die kompakte Formation im Mittelfeldpressing. Wie schon beim 3:2-Hinspielsieg in Manchester standen die Titelverteidiger defensiv stabil, blieben eng gestaffelt und schwer zu knacken.
Ancelottis Aussagen nach dem Rückspiel lassen erahnen, dass die Defensivleistung über beide Spiele hinweg ein entscheidendes Puzzlestück darstellte: "Wir hatten Probleme, defensiv die richtige Balance zu finden. Es scheint, als hätten wir sie jetzt gefunden – und mit dieser Stabilität haben wir gute Chancen, in diesem Wettbewerb weit zu kommen."
Madrids Raumkontrolle zwischen den Linien
Wie bereits nach dem Hinspiel von der UEFA Technical Observer Group diskutiert, war die Abstimmung zwischen Dani Ceballos, Aurélien Tchouaméni sowie den beiden Angreifern Kylian Mbappé und Vinícius Júnior essenziell.
Ancelotti erklärte nach dem 3:2-Sieg, dass er sein Team nur bei gegnerischen Abstößen von Ederson hoch pressen lassen wollte. Die eigentliche Priorität lag jedoch in der Kontrolle der Zwischenräume – und genau das zeigt die erste Videoanalyse. Die zentrale Aufgabe des Mittelfelds bestand darin, diese Räume zu versperren, während die beiden Stürmer flexibel verschoben und zustellten.
An einer Stelle ist zu sehen, wie Federico Valverde und Ceballos Mbappé gestikulieren, dass er näher an Nico González rücken soll. Dass sich ein Weltklassespieler wie Mbappé voll in die Defensivarbeit einbringt, ist eine Einstellung, die für junge Spieler vorbildhaft ist.
Mit zunehmendem Spielverlauf verlagerte City das Spiel auf die rechte Seite, Madrid schob geschlossen mit, und Ceballos ging in den Pressingmodus, um Phil Foden unter Druck zu setzen, während Tchouaméni dazwischen ging und den Ball gewann. Sofort wurde deutlich, wie ballsicher Madrid auch unter Druck blieb – ein Team, das sich in engen Räumen wohl fühlt.
City-Coach Pep Guardiola sprach nach dem Rückspiel über Madrids Fähigkeit, Ballbesitzphasen clever zu nutzen: "Sie konnten schon immer kontern, das ist nichts Neues. Aber jetzt haben sie auch lange Ballbesitzphasen." Das zweite Video zeigt eine 98-sekündige Sequenz, die genau das belegt.
Doch nicht nur im Passspiel zeigte sich Madrid stark – sie waren auch brandgefährlich, wenn es darum ging, mehrere Angriffsflächen gleichzeitig zu bespielen. Während Ancelotti defensiv Disziplin fordert, gibt er seiner Mannschaft im Angriff die nötige Freiheit – ein Aspekt, der im dritten Video genauer beleuchtet wird.
UEFAs Technischer Beobachter Rafa Benítez hob hervor, wie oft Madrids Angreifer mit tiefen Läufen Citys Abwehr auseinanderzogen. Das erste Video zeigt eine strukturierte Ballbesitzphase, in der mehrere Spieler gleichzeitig in die Tiefe gehen. Die lilafarbenen Pfeile verdeutlichen diese Bewegung.
Im zweiten Clip zeigt sich, wie Madrid Räume sowohl in den Zwischenlinien (Tchouaméni) als auch in der Tiefe (Mbappé) bespielt. Für junge Spieler ist Mbappés Bewegung ein Paradebeispiel: Früh starten, den Laufweg leicht krümmen, um nicht ins Abseits zu geraten – ein Lehrbuchbeispiel für perfektes Timing.
Der letzte Clip zeigt Madrids tiefen Laufwege vor Mbappés zweitem Treffer. Besonders interessant ist Jude Bellinghams Rolle: Er findet eine Lücke im Zentrum, scannt die Situation blitzschnell, stoppt seinen Lauf, nimmt den Ball an und setzt Vinícius Júnior mit einem perfekten Pass in Szene. Während Bellingham den Pass spielt, stehen vier City-Verteidiger um ihn herum – doch sein Tempo in der Entscheidungsfindung ist der Schlüssel. Dieses Thema – das Agieren unter Druck in engen Räumen – wird im nächsten Abschnitt weiter vertieft.
Was Trainer daraus lernen können
Diese Analyse zeigt Weltklassefußball auf Champions-League-Niveau, gibt aber auch wertvolle Einblicke für die Talententwicklung. Die Experten Thomas Brantsæter (Norwegischer Verband) und Gunnar Pettersson (Schwedischer Verband) teilen ihre Erkenntnisse, wie man diese Prinzipien in die Ausbildung junger Spieler übertragen kann.
Thomas Brantsæter, Norwegischer Fußballverband
"Viele junge Spieler spielen zu oft auf Sicherheit. In vielen Teams wird ein ähnlicher Ballbesitzfußball praktiziert, bei dem die Spieler nur Bälle in den Fuß haben wollen. Das kann dazu führen, dass sie in ihren Aktionen zu statisch werden. Aber wie wir in diesen Videos von Madrid sehen, denken die besten Spieler immer zuerst: 'Wie kann ich gefährlich werden?'
Diese Spieler haben ein riesiges Repertoire. Wir sehen immer mehr komplette Fußballer, die nicht nur in großen Räumen im Eins-gegen-eins stark sind, sondern sich auch in engen Situationen behaupten können. Wir brauchen Spieler, die sowohl schnell als auch technisch versiert sind, um in kleinen Räumen zu kombinieren – genau das macht Real Madrid aus. Sie haben nicht nur eine Lösung, sondern das Werkzeug, um ihre Gegner genau dort zu knacken, wo es wehtut.
Wir müssen zudem Spieler entwickeln, die auch auf höchstem Niveau verteidigen können, denn genau das fordern die Top-Trainer. Im Jugendfußball sehe ich oft, dass Teams nur hoch pressen und viel mannorientiert agieren. Dabei lernen die Spieler nicht die Fähigkeiten, die wir im ersten Video sehen – nämlich das zonale Verteidigen, wie es Madrid praktiziert. Deshalb ist es wichtig, auch das Verteidigen in einem mittleren oder tiefen Block zu trainieren.
Dazu kommt: Junge Spieler müssen lernen, dass Verteidigen nicht passiv ist. Im Gegenteil – ein tiefes Verteidigen kann sogar die Grundlage für gefährliche Konter sein.
Warum nicht das Umschaltspiel gezielt trainieren, indem man Spielformen mit einem freien Ball startet, um den Ballbesitz zu erkämpfen? Das entspricht einer realen Spielsituation – und Madrid zeigt uns, wie schnell sie dann die richtigen Räume attackieren."
Gunnar Pettersson, Schwedischer Fußballverband
"Eine der wichtigsten Eigenschaften von Top-Angreifern heutzutage ist die Fähigkeit, den Ball und die Spielsituation in engen Räumen zu kontrollieren – so wie Bellingham im dritten Video. Das Spiel ist extrem schnell geworden, daher müssen wir Spieler ausbilden, die mit diesem Tempo umgehen können.
Um das zu trainieren, müssen Spieler regelmäßig in kleinen Räumen agieren. Sie müssen den Ball unter Druck behaupten und schnelle Entscheidungen treffen – und gleichzeitig mit ihren Mitspielern kombinieren können. Einer zeigt sich anspielbar, ein anderer startet in die Tiefe – genau diese Dynamik macht den Unterschied.
Ein weiterer entscheidender Punkt für junge Spieler ist die Erkenntnis, dass Madrids Topstars defensiv genauso hart arbeiten. Auf höchstem Niveau kann es sich keine Mannschaft leisten, Spieler zu haben, die nicht defensiv mitarbeiten. Angreifer, die den Gegner Zeit und Raum lassen, werden bestraft – weil heutzutage einfach jeder Gegner zu gut ist.
Daher sollten Spieler von klein auf gute Gewohnheiten entwickeln: Alle müssen sowohl angreifen als auch verteidigen. Hat das eigene Team den Ball, sind alle Angreifer. Verliert man den Ball, wird sofort auf Verteidigung umgeschaltet – jeder muss seinen Teil dazu beitragen. Diese Mentalität früh zu verinnerlichen, schafft die richtigen Grundlagen für den weiteren Werdegang im Jugendfußball.
Wir arbeiten bereits mit Spielern ab sechs Jahren und bringen ihnen bei, dass es zwei Phasen gibt: Angriff und Verteidigung. Wenn du den Ball verlierst, musst du sofort umschalten und alles daransetzen, ihn zurückzuerobern."