Interview: Julian Nagelsmann über seine Pläne beim FC Bayern
Montag, 13. September 2021
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"Für mich geht es darum, ein bisschen variabler zu werden, damit uns der Gegner schlechter ausrechnen kann", so der 34-Jährige im Interview mit UEFA.com.
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Seit einigen Wochen lebt Julian Nagelsmann seinen Traum als Trainer des FC Bayern. Die Zusammenarbeit verspricht eine spannende Zukunft, doch zunächst geht es für den gebürtigen Landsberger darum, das Grundgerüst für seine Fußballphilosophie zu erbauen.
Vor dem Start der UEFA Champions League mit dem Topspiel beim FC Barcelona hat sich Nagelsmann mit UEFA.com unterhalten.
Julian Nagelsmann über...
... seine Kindheit als Bayern-Fan
Mein Bruder ist elf Jahre älter und war schon immer Bayern-Fan. Ich war also schon relativ früh als Kind Bayern-Fan. Ich war auch bei sehr vielen Spielen im Olympiastadion. Das waren immer schöne Erlebnisse.
Mein besonderer Fanmoment war, als ich Alain Sutter auf der Autobahn gesehen habe. Da war ich sechs oder sieben Jahre alt. Mein Papa hat gesagt: "Schau mal rüber, da ist Alain Sutter." An dem Tag war ich besonders geflasht, weil man sonst selten die Möglichkeit hat, einen Profi aus so einer Nähe zu sehen. Ich habe ihm wild zugewunken und er hat zurückgewunken.
... seine Pläne, der Mannschaft neue Impulse zu verleihen
Hier wurde über sehr viele Jahrzehnte sehr viel richtig gemacht. Für mich geht es darum, ein bisschen variabler zu werden, damit uns der Gegner schlechter ausrechnen kann. Vor allem wollen wir die Fähigkeit haben, im Spiel auf gewisse Dinge zu reagieren. Die Qualität dafür haben wir. Das kann eine andere Grundordnung oder ein anderes Anlaufverhalten sein. Wir wollen nicht immer denselben Stiefel spielen müssen.
Es muss auch kein Zeichen von Schwäche sein, wenn wir uns dem Gegner anpassen. Es ist ein Zeichen von Stärke, wenn wir die Fähigkeit haben, verschiedene Dinge zu spielen und mehrere Grundordnungen in Petto zu haben. Es soll den Spielern ein gutes Gefühl geben, dass wir auf verschiedene Situationen verschiedene Lösungen haben.
... den Schwerpunkt Defensivverhalten
Es geht mir viel um eine gute und stabile Defensive, die bei mir mit einer guten Offensivstruktur losgeht. Wir wollen eine gute Staffelung im eigenen Ballbesitz haben, damit wir bei Ballverlust die gefährlichen Räume besetzt haben. Es geht darum, die Gegentorrate ein wenig herunterzuschrauben. Letztes Jahr gab es zu viele Gegentore. Zu viele Spiele wurden zu intensiv und dann hast du in der Crunch-Time-Phase, also im März und April, sehr viele Verletzte.
Wenn du zu oft im Rückstand bist und viel investieren musst, dann fehlen dir im April vielleicht ein paar Körner. Deswegen geht es auch darum, die Gegentorrate herunterzuschrauben, damit manche Spiele leichter von der Hand gehen. Dann können wir in den wirklich großen Spielen die maximale Power auf den Platz bringen.
... über die Saison in der Champions League
Das erste Ziel ist das Überstehen der Gruppenphase. Zum Start haben wir gleich ein Spitzenspiel [beim FC Barcelona]. Das wird ein unglaublich interessanter Auftakt in die Gruppenphase, bestenfalls mit dem Sieger Bayern München.
Man muss immer in Etappen denken, auch wenn wir versuchen wollen, in der Champions League so weit zu kommen, wie es geht. Die Spieler haben den Titel erst vor etwas mehr als einem Jahr gewonnen. Jeder hat Blut geleckt und will das wiederholen. Natürlich ist es auch bei mir und meinem Trainerteam so, dass wir diese Zielsetzung haben. Champions League ist aber auch immer ein wenig Tagesform. Wenn du zwei gute Tage hast, kommst du weiter. Hast du mal einen schlechten Tag, ist es in den K.-o.-Spielen auch mal schneller vorbei.