Kein Kanzlersohn, trotzdem interessant
Samstag, 1. Januar 2011
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Wie viele Leute wohl wissen, dass derzeit beim AC Milan ein deutscher Juniorennationalspieler aktiv ist, der Anfang Dezember sogar sein Debüt in der UEFA Champions League geben durfte?
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Alexander Merkel ist 18 Jahre jung und trägt einen sehr berühmten Nachnamen. Um das gleich zu Beginn auszuräumen – es existiert keinerlei Verwandtschaftsverhältnis zu einer berühmten Dame in Berlin. Aber auch ohne dieses ist seine Geschichte äußerst interessant, denn Merkel bestritt am 8. Dezember sein erstes Pflichtspiel für die erste Mannschaft des italienischen Giganten AC Milan – und das dann auch gleich in der UEFA Champions League. Zudem war er vorher in Deutschland wohl nur Insidern bekannt. 15 Minuten lang durfte der Mittelfeldspieler bei der 0:2-Niederlage gegen AFC Ajax mitwirken, abgeklatscht wurde vor rund 80 000 Zuschauern im San Siro mit dem italienischen Star Robinho.
"Es wäre zu früh und übertrieben zu sagen, dass mir mit dem Spiel gegen Ajax der Durchbruch gelungen ist. Dafür konnte ich mich in 15 Minuten Einsatzzeit nicht genug aufdrängen. Man muss einige Spiele nacheinander gute Leistungen zeigen. Aber es ist schon etwas Besonderes, das erste Profispiel für Milan zu machen", sagte Merkel nach seinem Einsatz. Wer aber ist eigentlich dieser Blondschopf mit den außergewöhnlichen technischen Fähigkeiten, der sogar bei Milan in der Jugend gleich die Nummer zehn überreicht bekam?
Geboren wurde er 1992 in Perwomaiskij in Kasachstan, siedelte aber im Alter von sechs Jahren nach Mittelhessen um, wo er in der JGS Westerwald erste fußballerische Schritte unternahm. Der Steppke wechselte 2005 dann zum VfB Stuttgart, wo er zum deutschen Jugendnationalspieler wurde und die Aufmerksamkeit der ganz großen Klubs auf sich zog. "Er war einer unserer Topspieler als Spielgestalter", erinnert sich Stuttgarts Jugendleiter Thomas Albeck. Doch als 2008 der AC Milan anklopfte, hatten die Schwaben keine Chance mehr, den strohblonden Merkel zu halten.
"Man bekommt nicht jeden Tag so eine große Chance, bei so einem Top-Klub zu spielen. Damit hat sich bei mir wirklich ein kleiner Traum erfüllt. Wer es nie versucht, kann nie wissen, ob es gut ausgeht. Ich habe es halt mal riskiert und bereue nichts", so Merkel, über dessen Wechsel zu den Rossoneri nichts öffentlich gemacht wurde, um so den Druck von ihm zu nehmen. Seit Sommer 2010 darf er, der noch zur Nachwuchsakademie gehört, nun mit den Profis trainieren.
"[Trainer Massimiliano] Allegri hat mir immer den Rücken gestärkt und Tipps gegeben, was ich besser machen kann. Was Spieler wie Ibrahimović oder Robinho drauf haben, ist nicht von dieser Welt. Ich staune selber im Training immer noch. Es ist unfassbar. Ich habe die sonst nur im Fernsehen gesehen, jetzt bin ich selber Teil des Fernsehens. Sie waren alle sehr nett und freundlich zu mir und keineswegs arrogant oder überheblich. Es war zum Anfang etwas komisch, aber langsam habe ich mich daran gewöhnt."
Durch die Zeit in der Jugendabteilung hat er ein freundschaftliches Verhältnis zu Pato, der bei den Italienern den Durchbruch zum Star längst geschafft hat. "Pato kenne ich einfach schon lange, da ist das doch normal", meint Merkel, der nun darauf hofft, im Sommer einen Profi-Vertrag angeboten zu bekommen. "Ich habe das Gefühl, der Trainer baut auf mich. Wenn es nicht klappt, kann ich anderswo immer noch einen Schritt zurück machen, um dann zwei nach vorn zu kommen."
Zurzeit ist Merkel, der einmal Aleksandr Hleb als sein Vorbild nannte, der einzige deutsche Fußballer, der bei einem Klub der Serie A unter Vertrag steht. "Letzten Endes zählt im Fußball nur die Leistung und die will ich beim AC Milan bringen, damit ich den Weg ganz nach oben schaffe", sagt der 1,79 Meter große Spieler, der für die A-Nationalmannschaften Russlands, Kasachstans oder Deutschlands spielen könnte. Merkel also bei der FIFA-WM 2018 für den Gastgeber? "Da ich ja ursprünglich aus Russland komme, gab es diese Überlegung schon. Aber zurzeit spiele ich für den DFB. Das ist Tatsache."