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Deutschland verliert seine Siegermentalität

Sechs Mal in Folge hatte die deutsche Frauenfußball-Nationalelf seit 1995 den EM-Titel geholt. Doch im Viertelfinale der UEFA Women's EURO riss die Serie jäh - und das hat Gründe.

Steffi Jones muss ein enttäuschendes frühes Aus verkraften
Steffi Jones muss ein enttäuschendes frühes Aus verkraften ©Getty Images

Jedem war sicherlich bewusst, dass sich die schöne Serie von sechs EM-Titeln in Folge nicht unendlich lang würde fortschreiben lassen. Doch dass die Elf von Bundestrainerin Steffi Jones bereits im Viertelfinale der UEFA Women's EURO 2017 von Dänemark derart jäh aus allen Titelträumen gerissen würde, hätten wohl die wenigsten erwartet, auch Jones nicht.

"Man kann nicht zufrieden sein, wenn man in einem Viertelfinale ausscheidet", so die 44-Jährige. Schon in der Vorrunde hatte sich angedeutet, dass die DFB-Spielerinnen gegen spielerisch weniger starke, aber defensiv immer kompakter agierende Gegner nur selten kreative Lösungen finden. Ein Schicksal, das Deutschland mit andere namhaften Teams wie Frankreich oder Spanien teilt.

So fielen drei der nur fünf im Turnier erzielten Treffer aus Elfmetern. Das Team wirkte selbst bei eigener Führung nicht gefestigt und ließ oftmals Ruhe und Abgeklärtheit vermissen. "Wir haben 1:0 geführt, aber total unsicher gespielt und dadurch den Gegner stark gemacht", konstatierte Jones, deren Spielerinnen anders als bei früheren EM-Turnieren nicht auf den Punkt rechtzeitig zur K.-o.-Phase die Topform abrufen konnten.

"Das ist reine Kopfsache, wenn ich es nicht schaffe, über fünf Meter einen sauberen Pass zu spielen und auch die erfahrenen Spielerinnen Probleme haben", so Jones. So schaffte es etwa Stürmerin Anja Mittag bei dieser EM nicht, an die Form früherer Turniere anzuknüpfen. Innenverteidigerin Josephine Henning mangelte es an Spielpraxis, weil sie bei bei ihren vorigen beiden Vereinen Arsenal und Olympique Lyon nur sporadisch zum Einsatz kam.

Dzsenifer Marozsán blieb hinter den Erwartungen zurück
Dzsenifer Marozsán blieb hinter den Erwartungen zurück©Sportsfile

Dzsenifer Marozsán, deren individuelle Klasse unbestritten ist, trug sichtlich schwer an der Last der Erwartung, als Kapitänin ihr Team zum siebten Titel in Folge zu führen. Zudem wurde im Turnierverlauf oftmals die Formation verändert, die Viererkette etwa wurde in allen Spielen umgestellt.

Das Defensivverhalten vor allem in der zweiten Halbzeit gegen Dänemark offenbarte große Schwächen, so konnten die dänischen Flügelspielerinnen oft ungehindert in den Strafraum eindringen. Zudem fehlte der DFB-Elf im Sturm eine Knipserin à la Célia Šašić beim Turnier 2013 in Schweden oder Inka Grings 2009 in Finnland.

Die deutsche Dominanz begann allerdings nicht erst bei diesem Turnier zu bröckeln. Der durch zwei von Nadine Angerer gehaltene Elfmeter etwas glücklich zustande gekommene Titelgewinn 2013 gegen Norwegen sowie der spielerisch nicht überzeugende Olympiasieg in Rio 2016 waren trotz der Erfolge erste Warnzeichen.

Jones attestierte ihrem Team nach dem Aus einen unzureichenden Siegeswillen, anders als Gegner Dänemark. Das Konzept der "positiven Arroganz", das Jones ihrem Team in Anlehnung an die Siegermentalität der US-Spielerinnen verpassen wollte, ließ sich offenbar nicht so einfach auf die deutsche Mentalität übertragen.

"Wir müssen diese EM erst einmal gemeinsam analysieren. Dann können wir sehen, ob wir andere Entscheidungen hätten treffen müssen", so das Fazit von Jones, deren nächste Herausforderung nun die Qualifikation für die FIFA-Frauen-WM 2019 in Frankreich sein wird.

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Der Schock saß tief nach dem Schlusspfiff gegen Dänemark
Der Schock saß tief nach dem Schlusspfiff gegen Dänemark©Getty Images