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Bayern und Sevilla: Taktisch auf Augenhöhe

Mit ihrem hoch intensiven Pressing legten Bayern und Sevilla den Grundstein für ihre Erfolge in Europa in der vergangenen Saison. Ihr taktisches Duell im UEFA-Superpokal wird begeistern.

Marquinhos (Paris) im ungleichen Duell mit Joshua Kimmich und Thomas Müller (Bayern)
Marquinhos (Paris) im ungleichen Duell mit Joshua Kimmich und Thomas Müller (Bayern) Getty Images

Was passiert, wenn zwei hoch anlaufende Mannschaften die Möglichkeit haben, im direkten Duell Feuer mit Feuer zu bekämpfen?

Der UEFA-Superpokal am Donnerstag wird die Antwort liefern, nachdem Bayern München und Sevilla auf dem Weg zu ihren europäischen Erfolgen in der vergangenen Saison gleichermaßen einen sehr aggressiven Pressing-Stil pflegten, mit dem sie ihre Gegner reihenweise überrollten.

Bei den Bayern war bei dieser Taktik die Handschrift von Trainer Hansi Flick zu erkennen, der im November als Interimslösung begann und sich bis April so viel Anerkennung erwarb, dass er einen Dreijahresvertrag als Cheftrainer unterschreiben durfte. Thomas Müller hatte vor dem UEFA-Champions-League-Finale gesagt, Flick habe der Mannschaft an seinem ersten Tag eine Botschaft vermittelt, die ziemlich genau das Gegenteil vom dem war, was sein eher defensiv ausgerichteter Vorgänger Niko Kovač gepredigt hatte. "Ich will, dass wir das Risiko eingehen", sagte der ehemalige Hoffenheimer Coach. "Ich möchte, dass wir mutig nach vorne pressen und uns um unsere Defensivreihe keine Gedanken machen."

Highlights: Paris - Bayern 0:1

Er sollte recht behalten. Indem die Bayern sehr hoch angelaufen sind, haben sie sich viele Chancen erarbeitet. In der vergangenen UEFA-Champions-League-Saison haben sie innerhalb der ersten 15 Sekunden nach Ballgewinnen 44 Schüsse aufs Tor abgegeben - so viele wie kein anderes Team. Flicks Mannschaft hat es sehr gut verstanden, das Aufbauspiel des Gegners zu stören, und war in dem Bereich das zweitbeste Team hinter Ajax. Im Schnitt erlauben Bayern den Gegnern nur 8,01 Ballkontakte, ehe sie die Kugel erobern. Von vorne bis hinten wirkte sich die Arbeit des Bayern-Sturmquartetts des deutschen Meisters positiv auf die gesamte Mannschaft aus.

Auch Robert Lewandowski verteidigte im Viertelfinale gegen Barcelonas Innenverteidiger Gerard Piqué
Auch Robert Lewandowski verteidigte im Viertelfinale gegen Barcelonas Innenverteidiger Gerard PiquéGetty Images

Die Bayern verfügen über Spieler, die sich seit langem in der 4-2-3-1-Formation wohl fühlen. Das gilt für den Verein, aber auch für die Nationalmannschaft. Sie verfügen einfach über Spieler, die für das Pressing geboren zu sein scheinen. Dazu gehört auch Torhüter Manuel Neuer, der den Raum hinter der letzten Linie wie kein Zweiter verteidigen kann. Das zeigte sich in der ersten Halbzeit des Endspiels gegen Paris Saint-Germain, als Neymar einen Pass hinter die Abwehr der Bayern spielte, den Kylian Mbappé erlaufen sollte. Neuer antizipierte den Ball aber schon sehr früh und konnte ihn deshalb weit vor seinem Strafraum abfangen, ehe ihn der Stürmer erreichen konnte.

Zusätzlich zu ihrer Konzentration, Uneigennützigkeit und athletischen Kraft zeigten die Spieler Bayerns in der K.-o.-Phase auch taktische Flexibilität. "Als ich das [Halbfinale] gegen Lyon sah, konnte ich erkennen, dass sich die Spieler zunächst auf anderen Positionen befanden und sich anders bewegten als noch gegen Barcelona", sagte Belgiens Nationaltrainer Roberto Martínez. "Der Trainer gibt ihnen eine ganz bestimmte Startposition vor, die die Spieler dann aber individuell frei interpretieren können."

Highlights: Sevilla - Inter 3:2

Bei Sevilla ist der Erfolg in der UEFA Europa League hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass die Außenverteidiger Sergio Reguilón und Jesús Navas schon von Beginn an sehr hoch standen. Dadurch hatten sie die Gelegenheit, sich immer wieder in die Angriffe einzuschalten. Dafür sorgte auch Éver Banega, der vor den Innenverteidigern für Entlastung sorgte. Wenn sich Banega zurückfallen ließ, schaltete sich Fernando ins Angriffsspiel Sevillas ein, quasi als hängende Spitze.

Das hohe Defensivpressing der Spanier spiegelte sich auch in den Statistiken wider. Ihre Ballbesitzphasen begannen im Durchschnitt 39,40 Meter vor dem eigenen Tor - das ist der zweithöchste Wert im gesamten Wettbewerb. Entscheidend war, dass sie auch im Finale gegen Inter Mailand diesen Wert in etwa halten konnten (37,50 Meter). "Es ist eine sehr kraftaufwendige Spielweise, wenn man immer wieder Druck ausübt. Das gilt umso mehr, wenn viele Spiele innerhalb kurzer Zeit anstehen", sagte Jarmo Matikainen, Technischer Beobachter der UEFA.

Highlights: Sevilla - Man. United 2:1

Für eine solch kraftaufwendige Spielweise brauchte Sevilla mehr als nur elf Spieler, die in diesem System ausgebildet wurden - und Trainer Julen Lopetegui hatte genau das. Wohl wegen der hohen Belastung durch drei K.-o.-Spiele innerhalb von elf Tagen im Finalturnier hat er beim Halbfinal-Erfolg über Manchester United in der letzten halben Stunde gleich drei Wechsel vorgenommen. Ohne dass dadurch die Mentalität seiner Mannschaft verändert wurde, ersetzte er Lucas Ocampos und Youssef En-Nesyri durch Munir und Luuk de Jong. Letzterer sorgte rund 20 Minuten später für den Siegtreffer und verdiente sich damit einen Platz in der Startelf für das Finale, wo er erneut mit einem Doppelpack aufschlug.

Dieser Artikel stammt aus dem offiziellen UEFA-Superpokal-Magazin, das hier erhältlich ist.