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Düdelingen bastelt weiter am Wunder

Am ersten Spieltag schrammte der Luxemburger Meister aus Düdelingen gegen den AC Milan nur haarscharf an einer Sensation vorbei. Die würden die Jungs von Trainer Dino Toppmöller jetzt gerne in Sevilla nachholen.

Jerry Prempeh und Dudelange setzten Gonzalo Higuaín und Milan ganz schön zu
Jerry Prempeh und Dudelange setzten Gonzalo Higuaín und Milan ganz schön zu ©AFP/Getty Images

"Alle sehen jetzt, dass hier auch Fußball gespielt wird!" Mit sichtbarem Stolz erinnert sich Düdelingens Kapitän Tom Schnell an den größten Moment der Vereinsgeschichte von F91 Dudelange, der gerade mal 14 Tage zurückliegt.

Im ersten Europapokalspiel in der Geschichte des Luxemburger Klubs hielt der krasse Außenseiter gegen den Traditionsverein AC Milan lange gut mit und unterlag am Ende sogar etwas unglücklich mit 0:1. Jetzt peilt der Meister aus dem Großherzogtum den nächsten Coup an, einen Punktgewinn beim spanischen Klub Real Betis.

"Für mich sind sie technisch das stärkste Team in unserer Gruppe. Die Atmosphäre wird anders sein, ich erwarte einen richtigen Hexenkessel", meint dazu Stürmer David Turpel. "Ich glaube, Betis ist sogar noch etwas stärker einzuschätzen als Milan", pflichtet ihm sein Kapitän bei.

Doch anstatt der 8450 Heim-Fans aus dem Milan-Spiel erwarten sie im Estadio Benito Villamarín bis zu 60.720 spanische Fans. Die Heimstätte von Betis ist für ihre hitzige Atmosphäre bekannt. Trotz der Aussicht auf ein schweres Auswärtstspiel gibt sich der Außenseiter optimistisch. "Ich glaube, wenn wir in den nächsten beiden Spielen gute Ergebnisse erzielen, haben wir eine Chance in die nächste Runde zu kommen", sagt Turpel.

Schon mit dem ersten Auftritt in der UEFA Europa League war man in Luxemburg mehr als zufrieden. "Ich glaube wir waren ebenbürtig. Diesmal hatten sie Glück. Aber wer weiß, was passiert wäre, wenn wir eine unserer Chancen genutzt hätten", sagte Schnell. Für diejenigen, die das Spiel nicht gesehen haben, klingt das vielleicht wie Schönrederei, denn auf dem Papier war die Auftaktpartie von Düdelingen eine klare Angelegenheit. Der Marktwert der Rossoneri ist mehr als zehnmal so hoch ist wie der der Luxemburger. Düdelingen absolvierte sein erstes Pflichtspiel in einem europäischen Wettbewerb, der AC Milan reiste als neunfacher Europapokalsieger ins Großherzogtum.

Unabhängig vom Ergebnis geht der 20. September 2018 als Fußballfeiertag in die Geschichtsbücher des Landes ein. Düdelingen ist der erste Verein aus dem Großherzogtum, der an der Gruppenphase eines europäischen Wettbewerbs teilnimmt. Die Euphorie ist riesig. "Das war ein fantastisches Gefühl. In Luxemburg ist ein ausverkauftes Stadion sehr ungewöhnlich. Normalerweise spielen wir hier vor 500 Zuschauern", erklärt Schnell. "Wir hätten auch 30.000 Tickets verkaufen können", sagte Romain Biver, der als technischer Sekretär ehrenamtlich beim Verein tätig ist.

Milan, Real Betis  und Olympiakos … die Luxemburger erwischten mit der Gruppe F ein sehr attraktives Los. "Als die Gegner feststanden, wurde unsere mannschaftsinterne Whatsapp-Gruppe gesprengt", erinnert sich der ehemalige deutsche U21-Nationalspieler Marc-André Kruska. Der Verein hatte in der 20.000-Einwohner-Stadt ein unglaubliches Fußball-Fieber ausgelöst. "Leute haben uns mitten auf der Straße darauf angesprochen, das passiert sonst nie."

Der sportliche Erfolg wird auch dem deutschen Trainer Dino Toppmöller zugeschrieben, Sohn des langjährigen Bundesliga-Trainers Klaus Toppmöller. "Die Gruppenphase zu erreichen, war ein Traum für uns. Das ist gut für uns und gut für das ganze Land", meinte der 37-Jährige, der seit 2016 die Mannschaft betreut.

Das Training beim luxemburgischen Rekordmeister unterscheidet sich von dem andrerer Europa-League-Teilnehmer vor allem in einem Punkt. "Wir trainieren auch jeden Tag. Dann aber immer abends, weil wir auch Spieler haben, die berufstätig sind", erklärte Kruska. Ein Dutzend Amateure steht im Kader der Luxemburger. Auch an Spieltagen unter der Woche kann dieser Umstand zu Komplikationen führen: "Verschiedene Spieler müssen wir für das Spiel am Donnerstag bei ihren Arbeitgebern freistellen", weiß Biver.

Es gibt aber auch einige Spieler in der Mannschaft, die über internationale Erfahrung verfügen. Der 35-jährige Milan Biševac ist ein ehemaliger Nationalspieler Serbiens und spielte schon für Paris St. Germain, Olympique Lyon und Lazio Rom. Abwehrspieler Bryan Melisse besuchte einst wie Thierry Henry und Kylian Mbappé das Leistungszentrum des französischen Fußball-Verbandes. Heute besitzt er eine Pizzeria in Metz.

Coach Toppmöller hofft, dass europäische Auftritte in der Zukunft zur Regel werden: "Was wir geschafft haben, ist etwas Außergewöhnliches. Aber auf Dauer muss es für uns etwas Alltägliches werden. Ich hoffe, dass wir uns in den nächsten zehn Jahren noch drei- oder viermal qualifizieren werden."