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Aus Ruinen auferstanden

1991 wurde das Stadion des FC Chikhura Sachkhere nach einem schweren Erdbeben in der Region in ein Flüchtlingslager umfunktioniert, 22 Jahre später will der Klub aus Georgien gegen den FC Thun Geschichte schreiben.

Chikhura hat sich in seiner ersten Europapokalsaison einiges vorgenommen
Chikhura hat sich in seiner ersten Europapokalsaison einiges vorgenommen ©fcchikhura.ge

"Es war schrecklich", erklärte ein Politiker, als er in das Katastrophengebiet zurückkehrte. "Es war einfach ein Albtraum."

1991 erschütterte ein Erdbeben der Stärke 7,1 auf der Richterskala die Region rund um den Berg Gora Samertskhle, 120 Kilometer nordwestlich der georgischen Hauptstadt Tiflis. Ganze Dörfer verschwanden bei dieser Naturkatastrophe, die Kleinstadt Satschchere wurde praktisch dem Erdboden gleichgemacht, unzählige Häuser wurden ebenso zerstört wie Strom- und Wasserleitungen, tagelang gab es keine Verbindung zur Außenwelt.

Traurige Bilanz: 25 Tote und über 80 000 Obdachlose, gut 60 Familien wurden eine Zeit lang im sicheren Fußballstadion der Stadt untergebracht, auf dem Rasen reihten sich Zelt an Zelt.

In den folgenden Wochen normalisierte sich das Leben in der Stadt langsam wieder und 1993/94 nahm der örtliche Klub FC Chikhura Sachkhere, der damals in der zweiten Liga spielte, seinen Spielbetrieb wieder auf. Nach nur elf Punkten in 26 Begegnungen musste der Klub in die dritte Liga absteigen, doch alleine die Teilnahme am Spielbetrieb musste man unter den gegebenen Umständen wohl als großen Erfolg feiern.

In den folgenden Jahren entwickelte sich der Klub zu einem Fahrstuhlteam, das mehrfach zwischen zweiter und dritter Liga pendelte, ehe er ab 2006/07 erstmals seit seiner Gründung im Jahr 1938 in die erste Liga aufstieg. Nach einem erneuten Abstieg kehrte Chikhura letzte Saison ins Oberhaus zurück und zog prompt ins Finale um den georgischen Pokal ein. Dort verlor man zwar mit 1:3 gegen den FC Dinamo Tbilisi, qualifizierte sich aber erstmals für die UEFA Europa League.

Trainer Soso Pruidze konnte schon mit dem FC Torpedo Kutaisi Erfahrungen im Europapokal sammeln, jetzt freut er sich über den Erfolg seines neuen Klubs, der aufgrund finanzieller Zwänge seit Jahren beständig auf die eigene Jugend setzt und damit ausgesprochen gut fährt. "Unser Durchschnittsalter liegt bei 22 oder 23 Jahren", erklärt Pruidze. "Wir wollen diesen jungen Kader mit einigen älteren und erfahrenen Spielern verstärken."

Dass dies bitter nötig ist, zeigte sich schon in der ersten Qualifikationsrunde gegen den FC Vaduz. Nur mit viel Glück kämpften sich die Georgier in Liechtenstein dank der Auswärtstorregel in die zweite Runde, wo jetzt der FC Thun wartet. Nach dem Vaduz-Spiel blieb das Team gleich in Österreich, um sich dort auf die Partie gegen die Schweizer vorzubereiten.

Pruidze erwartet eine ganz harte Nuss für sein Team. "Ich habe sie am Sonntag im Spiel gegen den FC Zürich gesehen", sagte er. "Trotz ihrer [2:3-] Niederlage sind sie eine richtig gute Mannschaft. Wir werden alles geben und dann sehen, was dabei rauskommt." Mit dieser Devise fährt der Klub, dessen Name von dem Fluss stammt, der durch Satschchere mäandert, seit Jahren recht gut.

Natürlich ist das Erdbeben von 1991 noch lange nicht vergessen, im Wappen des Klubs finden sich die stilisierten Ruinen der im Stadtzentrum gelegenen Burg, die vor 22 Jahren zerstört wurde. Das Rückspiel gegen Thun wird in Tiflis ausgetragen, doch auch das soll sich in der kommenden Saison wieder ändern - der Fußball soll wieder nach Hause kommen und mithelfen, die schrecklichen Erinnerungen vom April 1991 vergessen zu lassen.

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