Profil Halbfinalist: Deutschland
Dienstag, 26. Juni 2012
Artikel-Zusammenfassung
Es ist keine riesige Überraschung, die deutsche Nationalmannschaft mal wieder im Halbfinale eines großen Turniers zu sehen, schließlich ist die Entwicklung seit Südafrika im Jahr 2010 enorm positiv.
Top-Medien-Inhalte des Artikels
Artikel-Aufbau
Durch den Halbfinaleinzug hat Deutschland den Status als einer der Titelfavoriten untermauert, noch dazu sind sie das einzige Team bei der UEFA EURO 2012, welches bisher alle vier Spiele gewinnen konnte. Seit der FIFA-Weltmeisterschaft 2010 hat die Mannschaft von Joachim Löw vor allem im Abwehrverhalten und in Sachen Erfahrung große Fortschritte gemacht.
Die Taktik: Vor zwei Jahren in Südafrika hat Deutschland vielleicht für spektakulärere Spiele als jetzt in Polen und der Ukraine gesorgt, doch dies liegt nicht unbedingt an der Nationalmannschaft selber. Die Gegner haben spätestens seit der makellosen Qualifikation viel Respekt vor der DFB-Elf und wählen meist eine passive und auf Konter ausgelegte Spielweise. So bekommt Deutschland nicht mehr die großen Räume, jedoch lässt Löw wie schon bei der UEFA EURO 2008 weiterhin im 4-2-3-1-System spielen.
Im Vorfeld der EURO verlor man ein Testspiel gegen die Schweiz mit 3:5 und auch wenn diese Partie nicht unbedingt aussagekräftig war, konzentriert man sich jetzt mehr darauf, hinten geordnet zu stehen. Im Spiel nach vorne hat Deutschland genug Potenzial, um jeden Gegner auf der Welt vor Probleme zu stellen.
Der Schlüsselspieler: Bei der Weltmeisterschaft in Südafrika spielte er nur deshalb von Beginn an, weil sich Michael Ballack kurz vor dem Turnier verletzt hatte. Mittlerweile ist Sami Khedira aber weit mehr als nur der zweite Sechser neben Bastian Schweinsteiger. Bei Real Madrid CF ist er zum absoluten Führungsspieler gereift und zeigt dies jetzt auch im DFB-Trikot: Er antizipiert gut, erobert enorm viele Bälle und hat ein gutes Auge im Aufbauspiel, zudem glänzte er bei diesem Turnier bereits als Vorbereiter (gegen Portugal) und auch als Torschütze (gegen Griechenland). "Er ist eine echte Führungspersönlichkeit geworden", sagt auch Löw. "Er ist dynamisch und immer präsent und tut den anderen Spielern gut."
Bilanz im EURO-Halbfinale:
14.06.1972 Belgien - Bundesrepublik Deutschland 1:2 (Deurne, BEL)
17.06.1976 Jugoslawien - Bundesrepublik Deutschland 2:4 (n.V.) (Belgrad)
21.06.1988 Bundesrepublik Deutschland - Niederlande 1:2 (Hamburg)
21.06.1992 Schweden - Bundesrepublik Deutschland 2:3 (Solna)
26.06.1996 Deutschland - England 1:1 (n.V., 6:5 i.E.) (London)
25.06.2008 Deutschland - Türkei 3:2 (Basel)
Die Basis: Die Atmosphäre im Team-Quartier ist fantastisch, was auf den großartigen Teamgeist zurückzuführen ist. Allerdings hat Löw bei dieser EURO einen so starken Kader zur Verfügung, dass er bei den Spielen auch Akteure auf die Bank setzen muss, die eigentlich auch von Beginn an auflaufen könnten. "Wir kommen alle gut miteinander klar", meint Marco Reus. "Wir haben Spaß beim Training und verstehen uns auch außerhalb des Platzes sehr gut."
Bilanz in Warschau: Noch keine deutsche Mannschaft hat jemals ein Spiel in Warschau verloren. Die Nationalelf feierte im ersten Spiel 1934 einen 5:2-Sieg, kam 1936 zu einem 1:1, gewann 2:0 im Jahre 1961 und beim bisher einzigen Pflichtspiel im Rahmen der Qualifikation zur UEFA-Europameisterschaft 1972, triumphierte sie 1971 mit 3:1.
Zudem gab es auch drei deutsche Vereine, die hier gegen Legia Warszawa leichtes Spiel hatten. Der TSV 1860 München setzte sich im Viertelfinale des Pokals der Pokalsieger mit 4:0 durch, in der ersten Runde des UEFA-Pokals 1988 gewann der FC Bayern München mit Löws Assistent Hans-Dieter Flick mit 7:3 und auch der FC Schalke 04 ging beim 3:2 gegen Legia in der zweiten Runde des UEFA-Pokals 2002/03 in der polnischen Hauptstadt als Sieger vom Platz.
Das kann noch besser werden: In allen drei Gruppenspielen gab es Momente, in denen die DFB-Elf um ein Haar in Rückstand geraten wäre. Wie die Löw-Truppe in einer solchen Situation reagieren würde, ist bisher noch unklar. Allerdings hat sich Deutschland schon gegen Dänemark und Griechenland von Ausgleichstreffern nicht aus der Ruhe bringen lassen, ebenso wenig als die Niederlande im zweiten Spiel der Gruppe B den Anschluss herstellte und mit aller Macht das zweite Tor herbeiführen wollte. Trotzdem muss die DFB-Elf aufpassen, im Vorwärtsdrang hinten nicht zu große Lücken zu lassen und so in einen Konter zu laufen.
Das denkt die heimische Presse: "Niemand kann uns jetzt stoppen", titelte die Bild-Zeitung, während die Frankfurter Allgemeine Zeitung schon präziser die Denkweise der Fans wiedergab: "Seine Spieler stellten das jüngste Team der Europameisterschaft, die Perspektiven seien glänzend. Goldene Zeiten für den deutschen Fußball also. Das sind Löws Worte - und sein Werk. Eine Garantie für den Titel ist diese hervorragende Entwicklung natürlich trotzdem nicht, dafür sind die Unterschiede in der europäischen Spitze zu gering und der Faktor Spielglück zu groß. Aber alles, was der Bundestrainer für den Titel tun konnte, hat er bisher getan. Mehr kann man nicht verlangen, nur erhoffen."
Das bringt die Zukunft: "Bis jetzt haben wir uns für die harte Arbeit in den letzten Jahren und Wochen belohnt. Aber wir haben immer gesagt, dass wir das Endspiel erreichen wollen. Wir wollen bis zum Ende bleiben und den Titel holen" - Deutschlands Kapitän Philipp Lahm.