Fußballkultur: Ukraine
Dienstag, 17. Januar 2012
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Fans aus ganz Europa werden bei der UEFA EURO 2012die Ukraine besuchen, aber der Bau der neuen Stadien für die Endrunde hat bereits dafür gesorgt, dass der Fußball wieder eine Aktivität für die ganze Familie ist.
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Das zunehmende Interesse am Fußball, das mit der UEFA EURO 2012 einhergeht, sowie der Bau von einigen schönen neuen Stadien tragen dazu bei, dass der Fußball in der Ukraine wieder eine Aktivität für die ganze Familie ist.
Fankultur
Der populärste Sport in der Ukraine hatte seine Blütezeit in der Ära der Sowjetunion, als Fußballspiele als Feiertag für ganze Familien sowie Arbeitsstätten angesehen wurden. Dazu gab es rund ums Stadion 'brekhalivky' (Plauderecken), damit die Fans über die Spiele diskutieren konnten. Bei Heimspielen des großen FC Dynamo Kyiv kamen regelmäßig über 100 000 Menschen ins Stadion. Auf dem Schwarzmarkt wurden Eintrittskarten für einen Monatslohn verkauft. Schlimme finanzielle Zeiten als Folge des Zusammenbruchs der Sowjetunion trafen den Fußball hart, aber die neuen Schauplätze in Kyiw, Donetsk, Lviw, Charkiw, Odesa, Dnipropetrovsk und Zaporizhya kündigen eine Renaissance auf den Tribünen an.
Wichtige Derbys
FC Dynamo Kyiv gegen den FC Shakhtar Donetsk - das Duell der beiden erfolgreichsten ukrainischen Klubs
FC Dynamo Kyiv gegen den FC Chornomorets Odesa - das größte Derby aus der sowjetischen Ära, da Chornonorets eng mit den Moskauer Vereinen, Dynamos größten Rivalen zu dieser Zeit, verbunden war
FC Metalist Kharkiv gegen den FC Dnipro Dnipropetrovsk - das leidenschaftlichste Spiel im Osten der Ukraine
FC Dnipro Dnipropetrovsk gegen den FC Metalurh Zaporizhya - in diesem Spiel kommen die wichtigsten Teams der beiden größten Städte am Dnepr, des größten Flusses der Ukraine, zusammen
FC Karpaty Lviv gegen den FC Volyn Lutsk - das Galytsko-Volynske-Derby, das größte Duell im Westen der Ukraine
Glücksbringer
Wie in Polen ist es üblich, dass sich die Akteure an Spieltagen nicht rasieren. Dazu kommt, dass man vor einem Spiel nicht telefoniert und das Spielfeld nicht mit dem falschen Fuß betritt. Valeriy Lobanovskiy, der größte Trainer aller Zeiten von Dynamo und der Ukraine, vermied es, auf Linien zu treten (auf dem Platz oder dem Bürgersteig), wartete immer auf dem gleichen Platz auf die Schiedsrichter und die Spieler, wenn es auf den Platz ging, und verbot dem Busfahrer, auf dem Weg ins Stadion rückwärts zu fahren. Viele seiner früheren Spieler haben dazu beigetragen, dass diese Eigenarten heute noch verbreitet sind.
Lieder und Tänze
Hören Sie auf die folgenden Fanlieblinge, wenn ukrainische Teams auflaufen:
"Shche ne vmerla Ukrainy ni slava ni volya" (Ruhm und Freiheit der Ukraine sind noch nicht untergegangen) - die Nationalhymne der Ukraine ist das populärste Lied bei Spielen
"Chervona Ruta" (Rote Rauten) - ein bekanntes ukrainisches Lied, das gesungen wird, wenn eine Mannschaft besonders gut spielt
"Lenta za lentoyu" (Maschinengewehrgurt nach Maschinengewehrgurt) - ein patriotisches ukrainisches Lied, das gesungen wird, um eine Mannschaft aufzumuntern
"Slava Ukrayini! Geroyam Slava!" (Ehre der Ukraine! Ehre den Helden!) - das gängigste Lied unter den Fangruppen im Stadion
"Virymo v komandu" (Wir glauben an das Team) - wird gesungen, um eine Mannschaft auf der Verliererstraße aufzumuntern
Witz und Scharfsinn
"In 100 oder 1000 Jahren, ich weiß nicht wann, wird im Fußball eine absolute Austauschbarkeit herrschen; es wird Spieler geben, die jede Position auf dem Feld perfekt ausüben können, egal in welcher Situation sie sich während eines Spiels gerade befinden" - Lobanovskiy prophezeit die Ankunft von Josep Guardiolas FC Barcelona
"Das Spiel wird vergessen werden; man wird sich nur an das Ergebnis erinnern" - Lobanovskiys gewöhnliche Antwort, wenn sein Team beschuldigt wurde, zu ergebnisorientiert zu spielen
"Man darf keine Gerechtigkeit im Fußball erwarten" - Viktor Prokopenko, früherer Trainer von Chornomorets und Shakhtar Donetsk, erklärt, warum nicht immer das bessere Team gewinnt
"Wir berufen Spieler nicht, weil sie schöne Augen haben" - Nationaltrainer Oleg Blokhin über einen der Hauptgrundsätze seiner Auswahlpolitik
"Wenn man nicht trifft, fängt man sich ein Gegentor" - ein beliebtes Klischee von Trainern und Kommentatoren, um zu erklären, warum Teams, die hochkarätige Chancen vergeben, oftmals alsbald ein Gegentor kassieren
Was ist da bloß los?
Nach einem enttäuschenden torlosen Remis gegen Avangard Kharkiv (heute Metalist) strömten die Fans am 17. Oktober 1961 in Scharen aus dem Stadion. Als der Stadionsprecher jedoch bekannt gab, dass der einzige Titelrivale FC Torpedo Moskva verloren hatte, stand der Gewinn von Dynamos erster sowjetischer Meisterschaft fest. Was dann folgte, war eine spontane Meisterfeier, die Fans brannten Fackeln aus Zeitungen und Zeitschriften ab; mal abgesehen davon, dass eine Brandgefahr bestand, wurde dies in einer Gesellschaft, in der eine extreme Zurschaustellung von Emotionen nicht willkommen war, als ungebührliches Verhalten angesehen, aber heute wird dies als erstes wirkliches Aufflackern einer Fankultur in der Ukraine angesehen.