Generationswechsel in Frankreich
Mittwoch, 18. Juni 2008
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Das Abschneiden der Franzosen bei der UEFA EURO 2008™ war ohne Frage enttäuschend, doch Trainer Raymond Domenech blickt optimistisch in die Zukunft.
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Viele Abschiede
Statt über das Ende einer wunderbaren Ära zu lamentieren, referierte der 56-Jährige lieber über die Erfahrungen, die er aus diesem Turnier ziehen könne und über den Beginn eines aufregenden Abenteuers. Und in der Tat werden "Les Bleus" in der kommenden Saison ohne viele vertraute Gesichter auflaufen: Claude Makelele und Lilian Thuram haben schon ihren Rücktritt erklärt; Thierry Henry, Patrick Vieira, Willy Sagnol und Grégory Coupet denken ebenfalls daran, ihren Hut zu nehmen.
Großartiger Nachwuchs
Doch ihre Nachfolger stehen schon in den Startlöchern: Sébastien Frey, Patrice Evra, Philippe Mexès, Jérémy Toulalan, Lassana Diarra und Franck Ribéry könnten schon bald eine ähnliche Achse bilden, wie es Zinédine Zidane, Thuram, Henry und Vieira über viele Jahre taten. Trotz der prominenten Abgänge werden die Franzosen nach wie vor über unzählige hoch veranlagte Spieler verfügen, man denke nur an die so genannte "la génération 1987". Karim Benzema, Samir Nasri und Hatem Ben Arfa triumphierten 2004 mit der französischen Nationalmannschaft bei der UEFA-U17-Europameisterschaft und stehen nur vor dem nächsten Karriere-Schritt.
Fantastische Ansätze
Viele Fans zeigten sich enttäuscht darüber, dass Benzema und Nasri nicht schon bei dieser Endrunde auf sich aufmerksam machen konnten. Vor allem Stürmer Benzema wollte nach einer herausragenden Saison bei Olympique Lyonnais, an deren Ende er zum Fußballer des Jahres gewählt worden war, auf internationaler Bühne glänzen. Doch Frankreich kam bei dieser Endrunde nie wirklich aus den Startlöchern und Benzema sah sich beim mageren 0:0 gegen Rumänien meist gleich mehreren Gegenspielern gegenüber, beim 1:4 gegen die Niederlande saß er gar nur auf der Bank. Gegen Italien bewies er dann endlich seine überragende Schnelligkeit und Technik, als er nach der Roten Karte für Eric Abidal ins Mittelfeld rückte und dort für zahlreiche Impulse sorgte. Er könnte für viele Jahre zum neuen Führungsspieler der Franzosen werden.
Nur Kurzeinsätze
Nasri musste sich, ebenso wie Stürmer Bafetimbi Gomis von AS Saint-Etienne, mit zwei Kurzeinsätzen zufrieden geben. Der Spielmacher von Olympique de Marseille zeigte gegen den Weltmeister gute Ansätze, nachdem er früh für den verletzten Ribéry ins Spiel gekommen war, wurde von Domenech aber nach dem Platzverweis von Abidal schon 14 Minuten später wieder vom Platz geholt, um die Defensive zu stärken. Ben Arfa war nicht einmal für den 23-Mann-Kader nominiert worden, seine Stunde dürfte in der nun anstehenden Qualifikation zur FIFA-WM 2010 schlagen, gleiches gilt auch für den hoch gelobten Stürmer Jérémy Menez von AS Monaco FC.
Verletzungssorgen
Es ist immer leicht, junge Spieler in ein gut funktionierendes, selbstbewusstes Team zu integrieren, doch das war in den letzten 14 Tagen nicht der Fall. Sagnol, Thuram, Abidal und Florent Malouda hatten alle eine schwierige Saison hinter sich und waren meilenweit von ihrer Bestform entfernt. Henry und Vieira schleppten seit Wochen hartnäckige Verletzungen mit sich herum. Es waren dies zu viele Probleme für eine französische Mannschaft, die erstmals seit 1992 ohne den großen Zidane bei einer Endrunde auskommen musste.
Kampfgeist
Eine starke Defensive war lange Jahre das Markenzeichen der Franzosen. Als man nun gegen die Niederländer zum ersten Mal seit 1982 wieder vier Gegentore kassierte, war das Selbstvertrauen wie weggeblasen. Als sich dann in Zürich auch noch Ribéry, der unzweifelhaft beste Franzose bei dieser EURO, scheinbar schwer verletzte, war es um die Moral der Franzosen geschehen. Wenige Minuten später kassierte Abidal für eine Notbremse Rot und Andrea Pirlo verwandelte den fälligen Elfmeter zum 1:0. Zu Beginn der zweiten Hälfte zeigten die zehn Franzosen dann wenigstens den Kampfgeist, der für die Zukunft hoffen lässt und hielten das Spiel eine Zeit lang offen. Angesichts der vielen Abschiede wird es nun vermutlich ein wenig dauern, ehe die Fans eine neue "Goldene Generation" bejubeln können.