Baroš stoppt die Dänen bei der EURO 2004
Sonntag, 27. Juni 2004
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Tschechische Republik - Dänemark 3:0
Ein Doppelschlag binnen zwei Minuten von Milan Baroš bringt die Tschechen ins Halbfinale gegen Griechenland.
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Die Tschechische Republik ist auf dem besten Weg, ihrem Titel von 1976 einen weiteren folgen zu lassen. Trotz ihrer bislang schlechtesten Leistung bei der UEFA EURO 2004 bezwang die Mannschaft von Trainer Karel Brückner die Dänen im Estádio do Dragão in Porto mit 3:0.
Jungstar Milan Baros sorgte mit einem Doppelpack in der 63. und 65. Minute für den Halbfinaleinzug, nachdem Sturmkollege Jan Koller die Tschechen in der 49. Minute in Führung köpfte. Während die enttäuschend schwachen Dänen nach Hause fahren dürfen, wartet auf Tschechien am Donnerstag ebenfalls im "Drachen-Stadion" Griechenland.
Brückner ließ erwartungsgemäß seine B-Elf im Reisekoffer und bot seine Top-Mannschaft auf. Bis auf Innenverteidiger René Bolf wurde jenes Team auf den Rasen geschickt, das sich gegen die Niederlande beim 3:2-Sieg in einen Rausch spielte. Bolf kehrte nach einer Verletzungspause zurück in die Anfangsformation.
Bei den Dänen wurden dagegen gleich drei Wechsel im Vergleich zum 2:2 gegen die Schweden vorgenommen. Im traditionellen 4-3-3-System ersetzte Claus Jensen den an Muskelproblemen leidenden Ebbe Sand, Christian Poulsen kam für Paul Jensen und Kasper Bögelund spielte für den ebenfalls angeschlagenen Niklas Jensen. Torjäger Jon Dahl Tomasson rückte für Sand auf die Position des Keilstürmers.
Im letzten Viertelfinale des Turniers machte Tschechiens ansonsten unauffälliger Mittelfeld-Motor Pavel Nedved nach vier Minuten erstmals auf sich aufmerksam. Doch seinen 18-Meter-Freistoß konnte der dänische Schlussmann Thomas Sörensen gekonnt entschärfen. Sein Schuss schien belebend zu wirken, denn fortan präsentierte sich der Europameister von 1976 als die druckvollere Elf.
Es schien ganz so, als würden die Tschechen, die als einziges Team bei der UEFA EURO 2004 alle drei Gruppenspiele gewinnen konnten, auf dem besten Weg sein, erstmals nicht in Rückstand zu geraten. Und spätestens, als Jan Koller nach zwölf Minuten eine mustergültige Flanke von Karel Poborsky nur knapp über die dänische Torlatte köpfte, und kurz danach ein Distanzschuss von Tomas Galasek am Pfosten vorbeifegte, war klar, dass die Brückner-Elf ihr Glück in der Offensive suchte.
In der 16. Minute kam Christian Poulsen vom FC Schalke 04 jedoch zur ersten Chance für Dänemark. Sein Schuss aus zwölf Metern wurde von Tomas Ujfalusi in letzter Sekunde abgeblockt. Und kurz darauf noch einmal Poulsen: Nach einem Freistoß aus halblinker Position von Thomas Gravesen stieg der Defensiv-Allrounder am höchsten und verfehlte das tschechische Gehäuse per Kopf nur um Zentimeter.
"Danish Dynamite" wurde zunehmend stärker und schaffte es, mit sicheren Kombinationen dem nun zunehmend verkrampft wirkenden tschechischen Hurra-Fußball einen Riegel vorzuschieben. Auffällig vor allem: Geriet die in diesem Turnier noch wenig geprüfte Defensive Tschechiens einmal unter Druck, wirkte sie phasenweise durchaus brüchig. Erst recht, als Rechtsverteigiger Martin Jiranek nach 39 Minuten wegen Adduktoren-Problemen auch noch für Zdenek Grygera aus dem Spiel musste.
Nach 20 weiteren nicht wirklich erheiternden Spielminuten im bei weitem nicht ausverkauften "Drachen-Stadion" in Porto ließ ein Sololauf von Poborsky auf eine spannendere zweite Hälfte hoffen. Seine mißratene Flanke unmittelbar vor Pausenpfiff tanzte auf der Querlatte und landete hinter dem Tor.
Und tatsächlich, die Tschechen legten zum Start der zweiten Halbzeit los wie die Feuerwehr. Jan Koller belohnte sie prompt: In der 49. Minute schüttelte der Stürmer von BV Borussia Dortmund bei einem Nedved-Eckball seinen Gegenspieler Martin Laursen ab, kam aus vier Metern frei zum Kopfball und katapultierte das Leder zum Führungstreffer in die Maschen.
Der Europameister von 1992, Dänemark, wirkte fortan geschockt. Nur zwei Minuten später kam der kleine Nedved nach einer Poborsky-Flanke freistehend zum Kopfball, doch Torhüter Sörensen parierte blitzschnell. Angreifer Sand fehlte der Mannschaft von Morten Olsen als Anspielstation im Sturm an allen Ecken und Enden.
Es sollte bestraft werden, dass die Dänen nun nicht aktiver wurden. Und es sollten die zwei Minuten des Milan Baros folgen. Der 22-jährige "Shooting Star" der Tschechen wurde zunächst von Poborsky wunderbar in Szene gesetzt, um alleinstehend vor Sörensen in der 63. Minute mit einem sehenswerten Heber das Ergebnis zu erhöhen, ehe er in der 65. Minute nach einem Traumpass von Nedved einen Linksschuss aus 13 Metern unter die Latte setzte und alles klar machte. Ein Doppelschlag des nunmehr fünffachen EURO-Torschützen zum 3:0, der das Aus der Dänen bedeutete.
Als Baros fünf Minuten später von Brückner gegen Marek Heinz ausgetauscht wurde, wurde der Angreifer des Liverpool FC von den tschechischen Fans frenetisch gefeiert. Der "Youngster" befindet sich auf dem besten Weg, der Superstar des Turniers zu werden.
Mit der Einwechslung von Stürmer Kim Madsen vom VfL Bochum begannen die Dänen schließlich, sich gegen die Niederlage zu stemmen. Doch mehr als zwei Kopfballchancen für den Bundesliga-Legionär in der 78. und 86. Minute sprangen nicht mehr heraus. Das Aufbäumen der insgesamt nicht risikofreudig genug aufspielenden Dänen kam zu spät.
Der tschechische Trainer, Karel Brückner, sagte nachher: "Wir haben genug Kraft und Energie durch das Spiel gegen Deutschland gesammelt. Aber wir haben auch Spieler mit großen Qualitäten. Es ist ein Erfolg, unter den letzten vier Teams zu sein."
Dänemarks Trainer Morten Olsen sah eine Klasseleistung seiner Elf in der ersten Hälfte, eine Meinung die nur Wenige mit ihm teilen mochten. Olsen weiter: "Im Fußball muss man Tore schießen und Sie kennen das Ergebnis. Wir haben nach der Pause einen Fehler gemacht, den man sich auf solcher Ebene nicht erlauben darf. Es ging nur um die Konzentration. Wir hätten durchaus weiter kommen können."
Aufstellungen
Tschechische Republik: Čech; Jankulovski, Bolf (65. Rozenhal), Ujfaluši Jiránek (39. Grygera); Nedvĕd (K), Galásek, Rosický, Poborský; Baroš (70. Heinz), Koller
Bank: Blažek, Kinský, Mareš, Šmícer, Lokvenc, Vachoušek, Hübschman, Týce, Plašil
Trainer: Karel Brückner
Dänemark: Sørensen; Bøgelund, Henriksen, Laursen, Helveg; Gravesen, Claus Jensen (71. Madsen), Poulsen; Jørgensen (85. Løvenkrands), Tomasson, Grønkjær (77. Rommedahl)
Bank: Peter Jensen, Maigaard, Niklas Jensen, Sand, Kahlenberg, Krøldrup, Daniel Jensen, Priske, Perez
Trainer: Morten Olsen
Schiedsrichter: Valentin Ivanov (Russland)
Man of the Match: Milan Baroš (Tschechische Republik)